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Totgeschwiegen

Totgeschwiegen

Titel: Totgeschwiegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Novak
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Gottes gewesen. Die sexuellen Fantasien, die Kennedy mit Grace in Zusammenhang brachte, mussten aus seinem eigenen Kopf kommen. Es konnten unmöglich die Obsessionen von Lee Barker sein. Früher hatte Kennedy nie so über Grace gedacht, jetzt aber schon. Er konnte den Anblick von Grace, wie sie nackt am Fenster stand, einfach nicht vergessen.
    Nachdenklich wandte er sich vom Fenster ab. Auf seinem Küchentisch lag die Bibel des Reverends. Wenn er wüsste, dass Grace freiwillig zu ihm kommen würde, würde er sie dann dazu auffordern? Jetzt gleich? Heute Abend?
    Seufzend fuhr er sich mit einer Hand durchs Haar und ging dann leise in sein kleines Musikzimmer neben der Eingangstür. Vielleicht vermisste er Raelynn nur so sehr. Vielleicht rief Grace in ihm ja nur ein instinktives, geradezu primitives Gefühl wach, dass ihn antrieb, sie zu erobern. Aber er hatte diesen Drang noch nie so deutlich gespürt wie jetzt. Trotzdem ging es zunächst einmal um die Tatsache, dass Reverend Barker eines Tages unter mysteriösen Umständen verschwunden war. Und darum, dass die Familie von Grace verdächtigt wurde, etwas damit zu tun zu haben. Und nun hielt er diese Bibel in der Hand, die der Reverend immer bei sich getragen hatte. Grace hatte sie verloren.
    Er musste das Buch der Polizei übergeben. Etwas anderes kam gar nicht infrage. Oder?
    Aber er konnte sich schon denken, wie es dann ablaufen würde. Alle in der Stadt würden mit dem Finger auf Grace und ihre Familie deuten, allen voran Joe Vincelli. Die Montgomerys würden dann eine weitere quälende Untersuchung über sich ergehen lassen müssen. Wenn alles gut ging, kam wieder nichts dabei heraus, aber wenn es schlecht lief …
    Seine Schritte waren auf dem dicken Teppich nicht zu hören, als er hin und her ging. Er wollte sich gar nicht ausmalen, was passieren würde, wenn es schlecht lief. Vor allem deshalb, weil ganz offensichtlich etwas Merkwürdiges, ja Beunruhigendes zwischen dem Reverend und der Familie Montgomery vor sich gegangen
war.
Etwas Düsteres, etwas Schlimmes vielleicht sogar. Er spürte es ganz deutlich. Aber er schreckte davor zurück, es sich auszumalen – und vermutete, dass Grace es ihm wohl niemals erzählen würde.
    Er umkreiste das Klavier und setzte sich in einen der Ledersessel. Noch einmal erinnerte er sich an das Zittern ihres Körpers, das er gespürt hatte, als er sie überwältigt hatte. Aber sie hatte ihn nicht um Nachsicht angebettelt, keinen Gefallen verlangt. Sei hatte unter ihm gelegen, und ihr Herz hatte gepocht wie das eines erschreckten Kaninchens. Sie hatte von Kopf bis Fuß gebebt, während sie darauf gewartet hatte, dass Joe aus dem Dickicht treten und sie zum Schafott bringen würde.
    Kennedy griff nach dem Telefon, das auf dem Tisch neben ihm stand. Er war an Grace’ Haus vorbeigefahren und hatte gesehen, dass alles dunkel war. Da ihm zu diesem Zeitpunkt schon klar gewesen war, dass er Lee Barkers Bibel gefunden hatte, hatte er darauf verzichtet, bei ihr zu klopfen. Zuerst wollte er darüber nachdenken, was das alles bedeutete, dann mit ihr sprechen. Aber jetzt, nachdem er in dem Buch gelesen hatte, wusste er überhaupt nicht mehr, wie er sich verhalten sollte.
    Er nahm den Hörer ab und wählte die Nummer der Auskunft.
    Eine Frauenstimme meldete sich. “Auskunft, schönen guten Abend.”
    “Ich möchte eine Nummer in Stillwater, eine neue Nummer. Der Name ist Grace Montgomery.”
    Es dauerte einen Moment, dann sagte die Stimme: “Es tut mir leid, aber eine Grace Montgomery ist in Stillwater nicht registriert. Soll ich es woanders versuchen?”
    “Nein, vielen Dank”, sagte er und legte auf. Grace hatte kein eigenes Telefon angemeldet. Das war nicht verwunderlich, denn er hatte gehört, dass sie ohnehin nur ein paar Monate in Stillwater bleiben wollte. Wahrscheinlich hatte sie ein Handy und brauchte gar keinen Festnetzanschluss. Leider wusste er nicht, wie er ihre Handynummer herausfinden konnte.
    Er warf einen Blick auf die Standuhr im Hausflur. Inzwischen war es sowieso schon zu spät, um sie anzurufen.
    In der Küche nahm er die Bibel vom Tisch und ging ins Schlafzimmer, wo er sie in die Sockenschublade legte. Er würde später entscheiden, was damit zu tun war. Im Moment interessierte ihn viel mehr, was in den Monaten vor dem Verschwinden des Reverends passiert war.
    Vermutlich würde das, was damals geschehen war, alles Weitere erklären.
    Als Grace nach Hause kam, entdeckte sie einen Zettel, der unter der Tür

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