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Totgeschwiegen

Totgeschwiegen

Titel: Totgeschwiegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Novak
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vorsichtig, um seine Söhne nicht aufzuwecken, schlüpfte er aus seinem Schlafsack, zog ein Paar Jeans über und ging hinter ihr her. Er wollte ihre Privatsphäre nicht stören, nur nachsehen, ob es ihr gut ging.
    Er folgte ihr in einigem Abstand und blieb zwischen den Bäumen stehen, als sie hinunter zum Strand lief. Im Mondlicht bemerkte er, dass sie einen Bikini trug. Offenbar wollte sie schwimmen gehen.
    In diesem Moment hätte er ihr beinahe zugerufen, sie solle zurückkommen. Es war kühl geworden. Sie würde bestimmt frieren, wenn sie wieder herauskam.
    Aber dann sah er, wie sie sich mit der Hand über das Gesicht strich, als wischte sie Tränen beiseite. Es war besser, sie allein zu lassen.
    Ohne zu zögern, ging sie ins Wasser und tauchte ein, als würde sie nach Erlösung suchen.
    Kennedy hielt den Atem an, bis er ihren Kopf wieder an der Oberfläche erscheinen sah. Nun schwamm sie weiter auf den See hinaus. Irgendwann drehte sie um und kam zurück, und er entspannte sich. Doch noch bevor sie das seichte Wasser erreicht hatte, drehte sie wieder um und schwamm noch weiter hinaus.
    “Mist.” Es gefiel ihm gar nicht, dass sie mitten in der Nacht ganz allein auf den See hinausschwamm. Im Dunkel der Nacht sah das Wasser aus wie schwarze Tinte. Die meiste Zeit war sie gar nicht auszumachen. Was war, wenn sie unterging und nicht mehr auftauchte? Wie sollte er sie dort finden?
    Sollte er hinter ihr herschwimmen? Er zögerte. Sie schien großen Kummer zu haben. Sicher wäre sie nicht besonders erfreut, wenn er sich einmischte. Er war bestimmt der Letzte, den sie in der Trauer um sich haben wollte.
    Sie kommt bestimmt bald wieder raus, sagte er sich. Aber die Zeit verging, und sie kehrte nicht um.
    Sie musste erschöpft sein. Und halb erfroren.
    Er hielt es nicht länger aus. Er rannte ans Seeufer, legte die Hände an den Mund und rief: “Grace!”
    Sie hielt inne, als sie seine Stimme hörte. Er war sich sicher, dass sie ihn am Ufer stehen sah. Er winkte ihr zu, aber sie wandte sich wieder ab und schwamm weiter.
    “Was soll denn das?” Fast hätte er sie ein zweites Mal gerufen, aber das hatte wohl keinen Zweck. Womöglich würde er auch noch seine Söhne und die anderen schlafenden Campinggäste aufwecken.
    In Windeseile zog er seine Jeans aus und warf sie in den Sand. Er trug jetzt nur noch eine Boxershorts, aber das war ihm egal. Grace war nicht mehr zu sehen.
    Er sprang ins Wasser und schreckte zusammen. Es war sehr kalt. Egal, dachte er und tauchte ein. Sie musste zurückkommen, ob sie wollte oder nicht.
    Er tauchte, bis seine Lungen schmerzten. Dann kraulte er weiter, so schnell er konnte. Nach ein paar Minuten hielt er inne und lauschte. Er hörte ein leises Plätschern ein Stück weiter vor sich. Sie schwamm jetzt schneller. Offenbar wollte sie nicht, dass er sie einholte. Kennedy jedoch bezweifelte, dass sie es ohne seine Hilfe zurück ans Ufer schaffen würde. Nicht, nachdem sie schon so lange geschwommen war.
    Er fluchte und machte sich daran, den Abstand zu ihr zu verringern. Als er sie erreicht hatte, sah er sofort, dass ihre Schwimmbewegungen erlahmt waren. Sie war müde und erschöpft. Er wurde wütend. Wie hatte sie sich nur so leichtsinnig in Gefahr begeben können?
    “Was zum Teufel machst du denn hier draußen?”, rief er. Er packte sie an der Schulter und zog sie zu sich heran.
    “G…geh weg!”, schrie sie und schlug wild um sich.
    Er wischte sich die Wassertropfen aus dem Gesicht. “Wenn du so weitermachst, ertrinken wir noch beide.”
    Sie hatte Mühe, den Kopf über Wasser zu halten. “I…ich habe dich nicht gebeten, h…herzukommen.”
    Es hatte keinen Zweck zu widersprechen. Sie mussten zurück, bevor sie völlig entkräftet war. Er legte den Arm um ihre Hüfte und zog sie mit sich zum Ufer zurück.
    “L…lass mich los”, schnaufte sie und versuchte, sich freizumachen. “I…ich brauche dich n…nicht.”
    “Du brauchst mich mehr, als du glaubst”, antwortete er. “Hör auf, dich zu wehren.”
    “L…lass mich endlich los u…und geh z…zu deinen Kindern zurück.”
    Ihre Zähne klapperten so heftig, dass er sie kaum verstehen konnte. “Ich lass dich bestimmt nicht allein.”
    Sie versuchte seine Finger zu lösen. “K…Kennedy.”
    Er packte sie noch fester. Er wollte ihr klarmachen, dass er es ernst meinte, solange er noch genug Kraft hatte. “Entspann dich.”
    Sie gab auf, und Kennedy hatte das Gefühl, dass sie eigentlich dankbar war für diese Ausrede. Er

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