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Totsein verjaehrt nicht

Titel: Totsein verjaehrt nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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am Kino vorbei zum Torbräu, vor dessen Tür die Bedienung, die einen Schirm hochhielt, und ein Mann im Regen standen und rauchten. Sie traten einen Schritt zur Seite, als die große dunkle Gestalt mit dem tief ins Gesicht gezogenen Hut auf sie zulief.
     
    Am Tisch bei der Tür saß ein Gast unbestimmten Alters, ins Gespräch mit seinem Weißbierglas vertieft.
    Fischer nahm den Hut ab, zog seinen Mantel aus, legte beides auf einen Stuhl und setzte sich dem Mann schräg gegenüber auf die Bank. Das Thema seines Gesprächs, soweit Fischer begriff, drehte sich um die Machenschaften prominenterSteuerhinterzieher, um zwielichtige Geschäfte ausländischer Firmen in Deutschland, um die Feigheit der Politiker, die Blödheit der Leute, zu denen er, wenn Fischer sich nicht verhörte, auch sich selber zählte. Das Weißbier stimmte allem zu, wurde dabei allerdings schal.
    »Bittschön?«, fragte der Kellner.
    »Ein Helles. Ist Herr Beus zu sprechen?«
    »Das bin ich. Wer sind Sie?«
    »Mein Name ist Polonius Fischer. Kollegen von mir haben Sie heut wegen der Taxiüberfälle befragt.«
    »Ja, ist noch was? Ich hab alles gesagt, mehr gibts nicht. War eh ein Fehler. Ist nicht mein Job, das ist euer Job, die Typen zu finden.«
    »Richtig«, sagte der Gast gegenüber und unterbrach seinen einseitigen Diskurs. Nach der Beschreibung, die Fischer bekommen hatte, konnte der Mann derjenige sein, den er gehofft hatte, an diesem Platz anzutreffen.
    »Das war kein Fehler«, sagte Fischer zum Wirt. »Sie haben mit Ihrem Hinweis die Ermittlungen vorangebracht.«
    »Schon recht. Ein Helles?« Mit grimmiger Miene ging er zum Tresen zurück. Dort tranken, festgeschraubt auf ihren Barhockern, vier ältere Männer ihr Bier. An den Tischen in dem dunklen, durch Balustraden und Nischen unterteilten Lokal saßen vereinzelt oder zu zweit Gäste, die aussahen, als wären sie nach Verkündigung des allgemeinen Rauchverbots in Gaststätten im Schock erstarrt und versuchten nun herauszufinden, welchen Sinn der Alkohol und die Existenz an sich noch hatten. Jedenfalls klangen die Gespräche und Monologe im Torbräu ungewöhnlich gedämpft.
    »Bist du … bist du Polizist?« Der Mann hatte die Hand flach auf sein Glas gelegt, als halte er dem Weißbier den Mund zu.
    »Ja«, sagte Fischer.
    Vermutlich dachte der Mann nach. Durch seine Stirn zogen Furchen, sein rotgeädertes Gesicht glühte und bildete einen schönen Kontrast zu seinem grünen Hemd, das mit weißen Punkten gemustert und mit hundert Falten übersät war. Vielleicht bewahrte er es nachts in einer Streichholzschachtel auf. Seine dunklen, dünnen Haare hatte er souverän gescheitelt, sie klebten ihm trotz seiner oft heftigen Bewegungen wie magisch am Kopf. An diesem Mann verdiente der Erfinder des Dreiwettertafts keinen Cent.
    Ab und zu fuhr er sich mit dem rechten Zeigefinger unter der Nase entlang und schnupperte hörbar. Und er hatte die Angewohnheit, unvermittelt die Augen aufzureißen und zu seufzen, worüber auch immer.
    »Zmwl«, sagte der Wirt, stellte das Glas auf den Bierdeckel und wandte sich ab. Wahrscheinlich hatte er Zum Wohl gesagt.
    »Aha«, sagte der Mann auf der anderen Seite des Tisches mit großen Augen. »Aha. Aha.«
    »Sie sind der Luggi?«, sagte Fischer.
    »Genau.« Er nahm die Hand von seinem Glas und betrachtete es, als wundere er sich über das schale Schweigen im Innern. Er roch an seinem Finger. »Genau.« Dann nahm er einen Schluck aus dem verklebten Glas mit dem erledigten Weißbierrest, stellte es auf den Deckel, schob es zurecht, schniefte. »Eine Zigarettn wär recht. Aber: Xundheizschutzxetz.«
    »Bitte?«
    »Xundheizschutzxetz. Rauchen verboten. Damit wir alt werden und xund bleiben, wie alt bist du?«
    »Einundfünfzig.«
    »Ich bin schneller als du, ich bin schon dreiundfünfzig, und ich werd in … Moment …« Er betrachtete seine an den Kuppen vergilbten Finger. »In vier Monaten werd ich vierundfünfzig.Jetzt rauch ich halt daheim. Aber daheim trinken kann ich nicht, das schaff ich nicht, da werd ich trübsinnig. Woher hast du gewusst, wie ich heiß?«
    »Ein Kollege von mir hat heut mit Ihnen gesprochen.«
    Warum auch immer, zeigte Luggi auf sein Glas und nickte.
    »Sie haben mit einem Jungen geredet, der Ihnen etwas über die Raubüberfälle erzählt hat.«
    »Genau. Wie heißt du?«
    »Polonius Fischer.«
    »Polonius. Warum nicht? Ist das lateinisch?«
    »Haben Sie mit dem Freund des Jungen auch geredet?«
    »Hab ich nicht. Und ich bin der Luggi, hast

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