Touchdown
hatte keine Ahnung, wo sich der Platz befand. Na toll, dachte Cray. Die Taxifahrer wissen noch nicht mal, wo das Stadion ist. Die Story wurde ja stündlich ergiebiger.
Schließlich traf er dreißig Minuten vor dem Kickoff im Stadio Lanfranchi ein. Er zählte hundertfünfundvierzig Zuschauer auf der Tribüne, einundvierzig Panthers in Schwarz und Silber, sechsunddreißig Warriors in Weiß und Blau, ein schwarzes Gesicht in jedem Team. Beim Anstoß schätzte er die Zuschauerzahl auf achthundertfünfzig. Spät am Abend war er mit seiner Story fertig und ließ sie per Mausklick um die halbe Welt nach Cleveland sausen, in jedem Fall noch rechtzeitig für den großen Sportteil am Montagmorgen. Er konnte sich nicht erinnern, jemals so viel Spaß beim Verfassen eines Artikels gehabt zu haben:
OBERMOT Z IN DER PI ZZ A-LIGA
(Parma, Italien). In seiner kläglichen NFL-Karriere hat Rick Dockery 16 Passwürfe über 241 Yards an den Mann gebracht, und das bei fünf verschiedenen Teams in einem Zeitraum von vier Jahren. Als er heute für die Panthers aus Parma in der italienischen Version der NFL spielte, übertraf Dockery diese Zahlen. In der ersten Hälfte!
21 angekommene Pässe, 275 Yards, 4 Touchdowns und - statistisch einfach unglaublich - keine Interception!
Ist das derselbe Quarterback, der im Alleingang den AFC-Titel vergeigte? Derselbe No-Name-Spieler, der gegen Ende der letzten Saison aus nach wie vor unbekannten Gründen von den Browns verpflichtet wurde und heute als der Größte Esel in der Geschichte des Profi-Footballs gilt? Ja, das ist Signor Dockery. Und an diesem herrlichen Frühlingstag in der Po-Ebene war er einfach meisterlich - er warf wunderbare lange Pässe, stand tapfer in der Pocket, las die Defense (ein im weitesten Sinne zu gebrauchendes Wort) und, ob Sie's glauben oder nicht, lief, wenn nötig, selbst mit dem Ball. Rick Dockery hat endlich sein Spiel gefunden. Er ist der ERWACHSENE, der mit einem Haufen von zu groß geratenen Jungen herumtollt.
Vor einer lautstarken Zuschauermenge von weniger als tausend und auf einem 90 Yards langen Rugbyfeld hatten die Panthers aus Parma die Warriors aus Bologna zu Gast. Jedes der beiden Teams würde als krasser Außenseiter in eine Partie gegen Slippery Rock gehen, aber wen kümmert's? Nach italienischen Regeln darf jedes Team bis zu drei Amerikaner aufbieten. Dockerys bevorzugter Passempfänger heute war Trey Colby, ein recht dünner junger Mann, der mal für Ole Miss gespielt hat und dem es beim besten Willen nicht gelang, sich von der Secondary Bolognas aufhalten zu lassen, ganz gleich, nach welchem System (?) sie gegen ihn antrat.
Colby lief los und war frei. Er fing drei Touchdowns allein in den ersten zehn Minuten! Die anderen Panthers sind ungehobelte junge Männer, die die Sportart im fortgeschrittenen Alter für sich entdeckten und sie als Hobby betreiben. Kein einziger von ihnen könnte bei den Class-5A-High-School-Meisterschaften in Ohio antreten. Sie sind weiß, langsam, klein und spielen Football, weil sie nicht Fußball oder Rugby spielen können. (Übrigens: Rugby, Basketball, Volleyball, Schwimmen, Motorradrennen -all das nimmt in diesem Teil der Welt einen höheren Rang ein als football americano.)
Aber die Warriors waren kein Kanonenfutter. Ihr Quarterback hat in Rhodes gespielt (wo? - Memphis, 3. Liga), und ihr Tailback hat mal für Rutgers den Ball getragen (58-mal in 3 Jahren). Ray Montrose ist sein Name, und heute erlief er 200 Yards und 3 Touchdowns, darunter den spielentscheidenden eine Minute vor Schluss.
Ja, so ist es, selbst hier in Parma kann Dockery den Geistern seiner Vergangenheit nicht entkommen. Zur Halbzeit mit 27:7 in Führung, gelang es ihm wieder einmal, den drohenden Sieg in eine Niederlage zu verwandeln. Aber, das sei der Fairness halber gesagt, es war nicht allein seine Schuld.
Beim ersten Spielzug der zweiten Hälfte reckte sich Trey Colby nach einem leicht verirrten Passwurf (Überraschung!) und landete unglücklich. Er musste mit einem offenen Bruch des linken Beins vom Platz getragen werden. Die Offense geriet ins Stottern, und Mr. Montrose begann fröhlich übers Spielfeld zu marschieren. Als ihnen die Zeit schon auszugehen drohte, legten die Warriors noch einen dramatischen Angriffszug hin und gewannen schließlich mit 35:34.
Rick Dockery und seine Panthers haben ihre letzten beiden Partien verloren, und da ihnen nur noch fünf Spiele bleiben, ist es um ihre Chancen, die Playoffs noch zu erreichen, eher
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