Townsend, S: Tagebücher des Adrian Mole: Die schweren Jahre
ein Kredit für Schwachköpfe, die ihn sich eigentlich nicht leisten können.«
»Wir können uns unseren auch nicht leisten«, sagte meine Mutter.
»Ich persönlich«, sagte Michael Flowers, »bin froh, dass der Kapitalismus auf dem absteigenden Ast ist. So können wir uns aus Europa zurückziehen und ein viel einfacheres Leben führen. Ich hatte das alles kommen sehen und hab deshalb meine Kapitalanlagen zu Bargeld gemacht, das ich«, er senkte die Stimme, »wie ich euch gern erzählen kann, unter meiner Matratze aufbewahre. Wer Geld in einer englischen Bank anlegt, ist ein Idiot und hat es verdient, alles zu verlieren.«
Brett zappelte auf seiner Milchkiste herum. »Sie reden doch nur Müll, Sie dämlicher bärtiger Armleuchter.«
»Na, na«, sagte mein Vater, der Michael Flowers fast so sehr hasst wie ich. »›Armleuchter‹ geht ein bisschen zu weit.«
Da Daisy es mit den Chilischoten im Curry etwas übertrieben hatte, tränten uns schon bald die Augen, und die Nasen liefen, aber wenigstens hielten alle den Mund – bis auf Gracie, die das Curry abgelehnt und sich stattdessen für eine Dose Spaghetti mit Tomatensoße und einen Mince Pie entschieden hatte. Sie nutzte unser Schweigen aus, um noch einige der eintönigen Lieder zu singen, die sie im Kindergarten gelernt hatte. Jedes Mal, wenn einer von uns aufhörte zu lächeln und sie anzusehen, hämmerte sie mit Gabel und Löffel auf den Tisch und rief: »Pass auf!« – eine Wendung, die sie von ihrer Erzieherin aufgeschnappt haben muss.
Tagebuch, ich bin froh, dass Weihnachten jetzt offiziell vorbei ist.
Samstag, 29. Dezember
Heute schließt die Buchhandlung.
Ich hatte heute keine Bestrahlung, Sally hat mich zu einer Ultraschalluntersuchung und Blutabnahme geschickt. Als ich zurück in die Radiologie kam, fragte ich sie, ob sie ein schönes Weihnachten in Wolverhampton gehabt habe. Sie sagte, sie sei noch am Abend des ersten Feiertages aus ihrem Elternhaus abgereist, weil sie nicht ertragen habe, wie ihr Vater nach jedem Bissen »lecker schmecker« sagte. Ich fragte sie, wann meine Bestrahlung fortgesetzt würde. »Das hängt davon ab, was Ihr Ultraschall und der PSA-Wert ergeben«, sagte sie.
Ging in den Buchladen. Mr. Carlton-Hayes und Leslie waren schon da; beide trugen weiße Handschuhe. Leslie holte antiquarische Bücher aus der Glasvitrine und reichte sie Mr. Carlton-Hayes in seinem Rollstuhl. Der staubte sie mit einem Rasierpinsel ab und schlug sie in Seidenpapier ein, bevor er sie in einen feuerfesten Karton legte. Ich ging ins Hinterzimmer, um Kaffee zu kochen; ich konnte nicht ertragen zuzusehen, wie der Laden leergeräumt wurde. Daisy hatte mich gedrängt, Mr. Carlton-Hayes auf meine Abfindung anzusprechen, aber ich konnte es einfach nicht.
Um 10:00 tauchte Bernard auf und war schon bald darin vertieft, die Spreu vom Weizen zu trennen. Ich bewunderte seine Unbeirrbarkeit. Ich selbst hätte bei jedem Buch hin und her überlegt, ob man es behalten oder weggeben soll. Aber Bernard sagte: »Es ist pipileicht. Alles mit einer Pistole, einer Katze oder einer Swastika auf dem Umschlag ist Spreu, genau wie Mädels mit großen Brüsten vor Schlössern im Hintergrund.«
Mein eigenes Arbeitstempo war sehr langsam. Immer wieder fand ich Bücher, die ich schon lange hatte lesen wollen, genau wie übrigens Mr. Carlton-Hayes. Mehrmals musste Leslie ihn in scharfem Ton ansprechen, wenn er bemerkte, dass Mr. Carlton-Hayes sich in ein Buch vertieft hatte. Um vier Uhr nachmittags kam ein Flohmarkthändler, um die Spreu abzuholen, und Mr. Carlton-Hayes überließ ihm die ganze Ladung für 275 £. Um fünf Uhr war ich so erschöpft, dass ich mich aufs Sofa legen musste. Um halb sechs weckte Leslie mich und sagte, er bringe jetzt Mr. Carlton-Hayes nach Hause. Es war zu spät, meine Abfindung anzusprechen. Als sie weg waren, rief ich meine Mutter an und bat sie, mich abzuholen. Meine Stimme hallte leicht inmitten der leeren Regale.
Meine Mutter parkte vor dem Geschäft im Halteverbot. Beim Hereinkommen stellte sie fest: »Ohne die ganzen Bücher sieht es größer aus.« Dann legte sie mir den Arm um die Schultern und meinte: »Du siehst nicht gut aus.«
Ich gab zu, dass ich mich ziemlich elend fühlte, und sie nahm mir die Schlüssel aus der Hand, machte das Licht aus und schloss ab. Beide betrachteten wir noch einmal durch das Schaufenster die fast leeren Regale. »Sie machen tatsächlich einen Tesco-Supermarkt daraus«, sagte ich.
Aufmunternd sagte meine
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