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Toxic: Der Biss - Das Feuer - Die Hölle Thriller (German Edition)

Toxic: Der Biss - Das Feuer - Die Hölle Thriller (German Edition)

Titel: Toxic: Der Biss - Das Feuer - Die Hölle Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark T. Sullivan
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auf ein enges Tal mit blassen grauen Felswänden frei, in dem die Dächer von Farmen zu sehen waren. Schließlich wurde die Straße wieder eben und folgte einem Flüsschen namens Washoo. Ich überquerte eine Bogenbrücke, auf der drei Jungs standen, die im Regen mit Rohrstöcken angelten. Sie glotzten mir mit leeren Gesichtern nach, und kurz darauf tauchte Hattiesburg, Alabama, 665 Einwohner, vor mir auf.
    Hier war keines jener sonst allgegenwärtigen Leuchtzeichen zu sehen, die ganz Amerika zu einem Konsum-Einerlei gemacht haben: Keine 7-Eleven-Tankstelle, kein Wal-Mart, kein Osco Drug, weder ein McDonald’s noch ein Burger King und auch kein Wendy’s. Nichts als Häuser aus rotem Ziegelstein und weißen Brettern, die nach Mörtel und frischer Farbe schrien, alles um einen traurigen Platz versammelt, in dessen Mitte sich die angeschlagene steinerne Statue eines Soldaten der Konföderierten erhob.
    Bei der Hälfte der Läden waren die Schaufenster mit weißer Farbe zugepinselt. Auf der Nordseite, wo man ein Gericht oder ein Rathaus erwartet hätte, sah man nichts als von Unkraut überwucherte Fundamente. Auf der Südseite befanden sich ein Waschsalon, zwei Gemischtwarenläden, ein Secondhandladen und ein schummriges Lokal namens »Miss Hattiesburg«.
    Ich hielt an und schaute hinaus in den Regen. Sofort hatte ich das Gefühl, aufzufallen: Mein Mietwagen war bei weitem das neueste Auto auf dem Platz. Alle anderen waren zehn bis fünfzehn Jahre alte verbeulte Kleinlaster und Familienkutschen mit ausgeleierter Federung und abgefahrenen Reifen. Ich stieg aus, holte mein Gepäck aus dem Kofferraum und nahm die paar Stufen zum Eingang des Hotels. Zwei ältere Männer, ein Schwarzer und ein Weißer, beide in ausgeblichenen Overalls, weißen T-Shirts und Baseballkappen mit »John Deere«-Schriftzug, beobachteten mich schweigend. Ich nickte ihnen zu. Sie erwiderten den Gruß nicht.
    Ich öffnete die Tür des Washoo Arms, trat ein und stand auf einem bräunlichen Teppich, der so fadenscheinig war, dass sich die alten Dielenbretter darunter abzeichneten. Eine abgehärmte Frau Anfang fünfzig mit braungrauem, zu einem Knoten zusammengesteckten Haar saß am Schalter der Rezeption, gesichert mit einem Metallgitter, wie man es in alten Banken in Schwarz-Weiß-Gangsterfilmen sieht. »Suchen Sie was?«
    »Ich hätte gern ein Zimmer.«
    »Sie sind wohl nicht von hier?«, sagte sie und stand langsam auf.
    »Nein, Ma’am. Aus Kalifornien.«
    Ihr Gesicht wurde noch spitzer, falls das überhaupt möglich war. »Kenn ich nicht. Will ich auch gar nicht kennen. Gottlose Gegend, das.«
    »Ach Madam, man gewöhnt sich an alles«, antwortete ich gutmütig. »Haben Sie nun Zimmer zu vermieten, oder soll ich mich woanders in der Stadt umsehen?«
    »Außer dem Washoo gibt’s keine Hotels mehr hier«, sagte sie und kramte einen weißen Meldezettel hervor. »Wir haben Einzelzimmer mit französischen Betten. Wie viele Übernachtungen?«
    »Ich zahle erst mal für zwei, dann sehen wir weiter.«
    Das schien ihr nicht sonderlich zu behagen, trotzdem schob sie mir den Meldezettel durch den Schlitz in ihrem Gitter hin. Ich füllte ihn aus. In die Spalte Arbeitgeber schrieb ich: Polizei von San Diego .
    »Ist aber ’ne weite Dienstreise. Sie sind doch dienstlich hier?«, sagte sie und schob mir einen Schlüssel über die Theke, der wie ein Dietrich aussah.
    »Sagen wir: halb dienstlich«, antwortete ich und nahm den Schlüssel. »Einen schönen Tag noch.«
    Ich ging die knarrenden Stufen hinauf und über einen von einer nackten Glühbirne erleuchteten Flur, bis ich vor einem Zimmer mit der Nummer 203 stand. Ich steckte den Schlüssel ins Schloss, öffnete die Tür und fand ein sauberes, aber karg möbliertes Zimmer vor: Ein breites Bett mit ausgeleierten Sprungfedern und schwabbliger Matratze; ein Nachttischchen mit stark angelaufener Messinglampe, einem schwarzen Telefon mit Wählscheibe und einer Bibel in der Schublade; verblichene Vorhänge mit aufgedruckten springenden Forellen; zwei schlichte Stühle und ein Klapptisch. Im Badezimmer gab es eine Wanne mit Löwenfüßen, ein altmodisches Porzellanwaschbecken und ein Klo, dessen Spülung mit einer Kette ausgelöst wurde.
    Am liebsten hätte ich mich für eine Stunde aufs Ohr gehauen, aber es war schon vier Uhr nachmittags, und ich wollte noch etwas vorankommen. Außerdem war Hattiesburg eines der deprimierendsten und unfreundlichsten Käffer, die mir je untergekommen waren – einer jener Orte, in

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