Toxic: Der Biss - Das Feuer - Die Hölle Thriller (German Edition)
murmelte Missy ungnädig in das winzige Mikrophon, das sie im Ausschnitt trug.
»Heute Abend ist sie empfindlich, was?«, sagte ich zu Rikko neben mir.
»Aber sie sieht echt gut aus«, meinte Rikko. »In dem Kleid wirken ihre Schultern nicht so kantig, und auch die Neunmillimeter bemerkt man kaum.«
»Sag ihr das mal. Ich bin bei ihr zurzeit in Ungnade gefallen.«
»Sie ist wirklich umwerfend«, fand Rikko. »Da sind sich alle Kollegen einig. Warum hat sie eigentlich nicht mehr Verehrer?«
»Das kannst du sie auch gleich selbst fragen, wenn du schon dabei bist.«
Es war Mittwoch, der 12.April, zweiundzwanzig Uhr zehn. Vom Pazifik waren Nebelschwaden herübergezogen, die den Asphalt schwarz glänzen ließen und sich auf den Eukalyptusbäumen niederschlugen. Wie man auf den Bildschirmen sah, trug Missy einen dunkelroten Kimono, darunter verbargen sich schwarze Shorts und ein Sport-BH. Sie befand sich in einer Wohnung, die mit Chinavasen und geschnitzten Wandschirmen geschmückt war, und warf immer wieder einen Blick in die Ecken, wo wir winzige Überwachungskameras installiert hatten, und auf die Schlafzimmertür, hinter der Jorge wartete.
Die Wohnung gehörte einem Freund von Jorge, einem Firmenanwalt mit einer Vorliebe für asiatische Möbel, der gerade für ein paar Tage in San Francisco war. Das Haus ließ sich denkbar einfach überwachen: Der Komplex hatte ringsum fünf Parkplätze. Unser Kommandofahrzeug hatten wir auf dem Parkplatz abgestellt, der von der Hauptstraße abging.
Am vergangenen Wochenende hatte es in der Stadt einige Bandenmorde gegeben, deshalb hatte sich Fraiser geweigert, uns mehr Leute zuzuteilen. Außerdem war das Sondereinsatzkommando mit einer Geiselnahme beschäftigt. Deshalb mussten wir uns mit einigen Streifenpolizisten in Zivil begnügen, die in unauffälligen Fahrzeugen über die restlichen Parkplätze verteilt waren. Rikko überwachte ihre Aufstellung, während ich Missy und Jorge im Auge behielt.
»Viertel nach«, sagte Missy, die nervös auf und ab ging. »Sie sollten eigentlich schon hier sein.«
»Verführung besteht zu 75 Prozent aus Vorfreude«, sagte ich. »Seeker und seine Frau lassen dich warten, weil sie hoffen, dass du umso gefügiger bist, wenn sie kommen.«
Rikko musterte mich erstaunt. »Wo hast du denn das her?«
Ich legte die Hand übers Mikrophon. »Ich bin unter lauter Frauen aufgewachsen. Nach einer Weile entwickelt man ein Gespür dafür, wie sie behandelt werden wollen.«
»Deine Schwester wäre bestimmt entzückt, wenn sie dich hören würde. Wie wollen sie denn behandelt werden?«
»Das wechselt«, erwiderte ich. »Und das ist der springende Punkt. Verführung ist eine Mischung aus Routine und Intuition.«
»Was du für ein krauses Zeug im Kopf hast«, meinte Rikko, dann hob er den Finger, drückte seinen Kopfhörer ans rechte Ohr und flüsterte mir zu: »Wir bekommen Gesellschaft. Ein Paar, Ende dreißig, stellt am Westparkplatz einen Acura ab.«
Mit ernster Miene sagte ich: »Niemand rührt sich, bis ich den Befehl gebe.«
Rikko nickte. Ich funkte Missy an. »Es könnte gleich losgehen. Ich sage dir Bescheid, wenn sie an deiner Tür sind. Lass sie beide rein und sieh zu, dass er sich als Seeker zu erkennen gibt. Wir wollen das mit der Kamera festhalten. Sobald wir das haben, nimmst du ihn fest. Jorge wird dich unterstützen. Verstanden, Jorge?«
»Legen wir los«, meinte Jorge.
Auf dem Monitor sah ich, dass Missy mit den Schultern zuckte, dann klopfte sie auf ihre Waffe. »Ich bin soweit.«
Ich wandte mich an Rikko: »Sind sie schon ausgestiegen?«
»Ein kräftiger Kerl«, sagte er und nickte. »Sie ist platinblond. Ziemlich mager.«
Ich runzelte die Stirn. »Was haben die angestellt, gefälschte Fotos geschickt?«
Über den Kopfhörer bekam ich mit, dass es an der Wohnungstür läutete. Missy blickte überrascht auf und zischte: »Du hast doch gesagt, sie sind noch auf dem Parkplatz.«
»Das Paar, das ich meine, ist da auch noch. Sie müssen auf einem anderen Weg reingekommen sein«, sagte ich. Wieder läutete es. »Sei jetzt cool, Missy. Lass sie rein. Wir sind bereit.«
Missy machte ein finsteres Gesicht, dann rief sie: »Ich komme!«
»Warte auf Missy, Jorge«, befahl ich. »Sie ist der Quarterback.«
»In Ordnung.«
Missy schob den Riegel zurück, setzte ein verführerisches Lächeln auf und öffnete die Tür. »Hallo«, meinte sie lasziv. »Ich bin schon ganz feucht vom Warten.«
»Das ist ein Leben!«, grölte Rikko. »So hat
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