Toxic: Der Biss - Das Feuer - Die Hölle Thriller (German Edition)
mich Christina noch nie begrüßt.«
»Wahrscheinlich weil sie weiß, dass du dann vollkommen durchdrehen würdest«, gab ich zu bedenken. »Und jetzt halt den Mund.«
Wir konnten das Paar vor der Tür noch nicht sehen, aber wir hörten die näselnde Stimme eines Mannes: »Du bist größer als auf dem Foto, Ms Lover.«
»Ich habe dein Bild gesehen und dasselbe gehofft«, gab Missy unverfroren zurück. »Komm doch rein. Du bist also Seeker?«
Er antwortete nicht und Missy trat einen Schritt zurück. Eine Sekunde lang fürchtete ich, sie sei mit der Bemerkung über seinen kleinen Penis zu weit gegangen. Dann trat ein großer Mann Ende dreißig ein, der von seiner Statur her Profiringer hätte sein können. Er trug eine schwarze Hose, dazu passende Schuhe und ein gelbes Polohemd. Außerdem hatte er einen dunkelroten Lederkoffer bei sich. Statt Missy anzusehen, spähte er in alle Zimmerecken. Eine Sekunde lang schaute er direkt in die Kamera. Irgendwie war ich enttäuscht, dass es nicht Nick Foster war. Aber Mary Aboubacar hatte eine hervorragende Beschreibung geliefert: Abgesehen von seinen Augen hatte sie ihn bis ins Detail genau erfasst.
Ihm folgte eine aufgedonnerte Rothaarige. Sie trug schwarze Steghosen, Pumps, Silberarmreifen und ein kurzärmliges silberfarbenes Lamétop, das einen ziemlich freien Blick auf ihren Silikonbusen bot. In der Hand hatte sie eine in blaues Zellophanpapier verpackte Flasche Wein. Sie überreichte Missy die Flasche und sagte wie beschwipst: »Ich bin Paula. Ich hoffe, dass wir gute Freunde werden … «
Ihre Augen waren glasig, und sie wirkte so wackelig, als hätte sie vor ihrer Ankunft Dope geraucht oder Wein getrunken – oder beides.
»Du kannst mich Missy nennen, Paula«, sagte Missy, nahm die Flasche und drehte sich zu dem Mann um. »Darf ich dich Seeker nennen?«
Sie hatte nun zweimal nach seinem Namen gefragt, und ein Schatten des Misstrauens huschte über sein Gesicht. Paula schien nichts zu bemerken. Sie trat auf Missy zu und griff nach dem Revers ihres Kleides. »Entspann dich, Baby«, sagte Paula. »Wir werden alle Freunde sein, egal wie wir uns nennen.«
Missy wollte zurückweichen, doch die Frau hielt sie am Kimono fest, der sich öffnete, sodass der schwarze Sport-BH und ein Stückchen ihres ledernen Schultergurts sichtbar wurden. In diesem Augenblick schaltete sich Jorge ein: Er öffnete die Schlafzimmertür, die auf den Flur führte, einen Spaltbreit, doch es genügte, dass man sie quietschen hörte. Seeker erstarrte, und sein Blick sprang vom Ledergurt an Missys Schulter zu der noch offenen Eingangstür.
»Er hat es gemerkt!«, brüllte ich ins Mikrophon. »Zugriff! Jetzt!«
Missy stieß Paula weg und griff nach ihrer Pistole. Seeker wirbelte herum und rammte ihr den Koffer mit solcher Wucht in die Rippen, dass er aufsprang. Missy taumelte seitwärts gegen das Sideboard und zerdepperte drei Vasen.
»Lauf!«, bellte Seeker. »Das ist eine Falle!«
»Polizei!«, rief Jorge aus dem dunklen Flur. »Stehen bleiben!«
Aber die beiden waren schon zur Tür hinaus. Missy rollte ab und griff nach ihrer SIG Sauer. Jorge stürmte mit gezogener Waffe ins Wohnzimmer.
»Gelände abriegeln«, schrie Rikko in sein Headset. »Sie türmen!«
Ich stieg bereits durch die Hintertür aus dem Lieferwagen. Oberhalb von mir sah ich im Nebel, wie das Paar aus dem Haus kam und nach Westen floh. Paula hatte ihre Pumps abgestreift, konnte im feuchten Gras aber kaum mit Seeker Schritt halten. Statt ihnen zu folgen, machte ich einen Bogen nach Süden, rannte mit gezogener Pistole den regennassen Asphaltweg entlang und gab meine Position übers Funkgerät durch.
»Ihr Wagen muss auf der Westseite stehen«, rief ich. »Haltet sie auf. Kräftiger Mann, gelbes Polohemd. Sie ist wie eine Hure gekleidet.«
Als ich durch einen Torbogen kam, der zwei Gebäude des Komplexes verband, sah ich die beiden, wie sie den zentralen Innenhof durchquerten. Er war ungefähr vierzig Meter von mir entfernt und zog Paula hinter sich her. Als mich Seeker näher kommen sah, ließ er sie los. Sie stolperte ihm nach und schrie: »Dick, lass mich nicht im Stich!«
Da tauchte wie aus dem Nichts Missy auf, ihr offener Kimono flatterte wie Flügel, und ihr Gesicht zeugte von grimmiger Entschlossenheit. Sie versetzte Paula einen Schlag ins Genick und brachte sie zu Fall.
Seeker suchte in einer Hecke am Westrand des Hofs Zuflucht.
»Polizei! Stehen bleiben!«, brüllte ich. »Sie sind umzingelt!«
Ohne zu zögern
Weitere Kostenlose Bücher