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Toxin

Toxin

Titel: Toxin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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daran denke, was du vorhast«, stöhnte Tracy. »Es ist viel zu gefährlich. Bestimmt gibt es auch einen anderen Weg. Soll ich mal mit Kelly Anderson reden?«
    »Das wird nichts ändern«, sagte Kim. »Ich muß in den Schlachthof, Risiko hin oder her! Auch wenn es gefährlich ist - ich glaube, ich bin es Becky schuldig. Vielleicht kommt mir ihr Tod dann nicht mehr ganz so sinnlos vor.« Er spürte, wie ihm Tränen in die Augen traten. »Außerdem habe ich jetzt ohnehin mehr Zeit«, fügte er mit gebrochener Stimme hinzu. »Man hat mir bis auf weiteres verboten, zu operieren oder Patienten im Krankenhaus zu behandeln.«
    »Wegen der Szene auf der Intensivstation?« fragte Tracy. »Genau«, brachte Kim hervor. »Du warst offenbar die einzige, die meinen verzweifelten Versuch, Becky zu retten, für mutig gehalten hat.«
    »Es war mutig«, bekräftigte Tracy. Sie war zutiefst gerührt. Kim hatte sein Verhalten um hundertachtzig Grad verändert. Er wollte unbedingt etwas für Becky tun, und sei es um den Preis seiner beruflichen Karriere und seines Rufs. Gegen seine Motive oder sein Ziel ließ sich beim besten Willen nichts einwenden. Ohne ein weiteres Wort wandte sie sich dem Regal zu und wählte das ihrer Meinung nach beste Haarfärbemittel aus.
     
    Carlos hatte bis zum Einbruch der Dämmerung gewartet und sich erst dann mit seinem klapprigen Pick-up in die Gegend von Balmoral gewagt. Daß die Straßen dunkel waren, kam ihm sehr entgegen. Die einzigen Laternen befanden sich an den Kreuzungen über den Straßenschildern. Da er vor seiner Abfahrt den Stadtplan studiert hatte, fand er die Edinburgh Lane und Kims Haus ohne Probleme.
    Er schaltete den Scheinwerfer aus und ließ den Wagen im Schatten der Bäume ausrollen. Dann stellte er den Motor ab und wartete. Von seinem Standort sah er vor dem dunklen Himmel die Silhouette von Kims Haus. Er war sehr zufrieden. Da kein Licht brannte, war Kim offenbar nicht zu Hause. Er würde sein Opfer wieder überraschen können, und diesmal war er sogar in einer noch besseren Situation. Kim würde nicht im geringsten mit ihm rechnen.
    Carlos blieb noch zwanzig Minuten im Wagen sitzen. Dann erst fühlte er sich sicher genug, um auszusteigen. Das Bellen eines Hundes ließ ihn zusammenfahren. Der Hund bellte noch einmal, doch er schien nicht in der Nähe zu sein. Carlos entspannte sich. Er griff hinter den Sitz, holte eines der langen Schlachtmesser hervor und ließ es unter seinen Mantel gleiten. Er huschte unter die Bäume, die Kims Grundstück von dem seines Nachbarn trennten. In seinem schwarzen Ledermantel und seiner schwarzen Hose nahezu unsichtbar, schlich er leise durch das Dickicht.
    Als er die Rückseite von Kims Haus voll im Blick hatte, freute er sich noch mehr. Auch hier erhellte kein einziges Licht die Fenster. Jetzt war er absolut sicher, daß niemand im Haus war. Vornübergebeugt verließ er den Schutz der Bäume, rannte über den Hof und drückte sich flach an die hintere Hauswand. Dann wartete er wieder eine Weile, um sicherzugehen, daß ihn niemand bemerkt hatte. Es herrschte absolute Stille. Nicht einmal mehr der Hund gab einen Mucks von sich.
    Im Schatten der Hauswand schlich er vorsichtig bis zu Kims hinterer, mit Segeltuch umspannter Loggia. Das Messer blitzte nur einmal kurz in der Dunkelheit auf, als er den Stoff gerade so weit aufschlitzte, daß er mühelos hindurch schlüpfen konnte. In Häuser einzubrechen war seine wirkliche Stärke; sein Killertalent war sozusagen aus der Not geboren.
     
    Kim bog von der Hauptstraße ab und fuhr durch das Tor, das die Grenze von Balmoral markierte. Mit einem Blick in den Rückspiegel versicherte er sich, daß Tracy ihm in ihrem Wagen folgte. Er war froh, daß sie ihm beim Haarefärben assistieren wollte, wobei er weniger ihre Hilfe als ihre Gesellschaft brauchte. Außerdem freute er sich über ihr Angebot, ihnen etwas zu essen zu machen. Er konnte sich nicht mehr daran erinnern, wann er zum letzten Mal eine richtige Mahlzeit zu sich genommen hatte; wahrscheinlich war es Donnerstag abend gewesen. Er parkte vor seiner Garage und griff nach den Einkaufstüten. Es regnete in Strömen. Auf dem Weg zum Haus hatten sie Mühe, den großen dunklen Pfützen auszuweichen. Kim drückte die Tür auf. Tracy registrierte überrascht, daß er sie nicht abgeschlossen hatte. »Das ist aber nicht besonders klug«, bemerkte sie. »Wieso?« fragte Kim. »In dem Haus ist doch eh nichts zu holen. Außerdem kann der Makler so jederzeit ein- und

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