Tränen aus Gold
tun?«
»Unsere Aussichten stünden sehr schlecht, wenn es dieser Truppe gelänge, in unseren Burghof einzudringen, aber wenn meine Pläne sich als richtig erweisen, wird Hillerts Streitmacht noch vor dem Erreichen der Burgmauer vernichtet. Aber es ist nicht mehr möglich, dich in Sicherheit zu bringen. Du mußt mit uns hinter diesen Mauern ausharren, und deshalb bitte ich dich um Vergebung.«
Verwundert starrte Elise ihn an. Langsam dämmerte ihr, daß er sich ihretwegen ängstigte und sich schämte, daß die Entwicklung der Lage ein Entkommen für sie unmöglich machte. »Das also bekümmert dich? Daß ich bleiben muß?«
»Ich habe geglaubt, daß ich deine Sicherheit gewährleisten könnte«, flüsterte Maxim, »es schmerzt mich, daß ich versagt habe.«
»Versagt? Und was ist mit den Regenfällen? Den Stürmen? Bist du der Allmächtige selbst, daß du ihnen Einhalt gebieten könntest? Nein, du hast nicht mehr tun können.« Sie schlang die Arme um ihn und drückte den Kopf an seine Brust, so daß sie seinen beruhigenden Herzschlag spürte. »Maxim, weißt du denn nicht, daß ich dich liebe? Auch in Todesgefahr möchte ich dich nicht verlassen.«
Maxim faßte unter ihr Kinn und hob ihr Gesicht. »Liebe war mir fremd, ehe du in mein Leben getreten bist«, hauchte er an ihrem Mund. »Nun aber ist mein ganzes Sein von den Freuden der Liebe erhellt, und ich sehe voller Bangen, was du aus mir gemacht hast. Ihr seid mein Leben, Madame.«
Sein Kuß war sanft und liebevoll. Wärme durchströmte ihre Körper und Herzen, und Hillert war vergessen, als das Samtgewand zu Boden glitt.
***
Die Sonne stieg purpurn über Wolkenfetzen auf. Mitten in der Stille des frühen Morgens erscholl der Warnruf, der die Bewohner der Burg auf die Beine brachte.
»Hillert kommt!«
Elise unterdrückte einen Aufschrei, als Maxim vom Esstisch aufsprang und hinausstürzte. Hastig lief sie hinauf in ihre Gemächer, wo sie ein Fenster aufstieß, um die Vorgänge von oben zu beobachten. Mitten auf der Straße, wo diese den Hügelrücken überquerte, hatte Hillert auf einem gewaltigen Ross angehalten. Beidseits hatten seine Söldner sich in Doppelreihen zum Angriff formiert.
Fitch und Spence eilten zu den Kesseln mit Fett, um darunter Feuer zu entfachen, während Maxim über den Hof rannte und die Mauer erklomm, um an eines der Geschütze zu gelangen. Sir Kenneth hatte bereits beim zweiten Geschütz Aufstellung genommen, ihm stand Sherbourne zur Seite, während Justin Maxim an die Hand ging.
Eine weiße Fahne schwenkend, kam Hillert mit zwei Begleitern bis auf Hörweite herangeritten.
»Lord Seymour!« brüllte er. »Gebt diese Torheit auf! Wir sind in der Überzahl und werden die Burg stürmen! Ich habe achtzig Mann hinter mir! Und was könnt Ihr vorweisen? Ein armseliges Häuflein, das Weibsstück mitgezählt. Ergebt Euch, und ich lasse die anderen unbehelligt abziehen.«
»Dieser Halunke würde uns in Stücke hacken, sobald sich die Tore öffnen«, höhnte Justin.
»Wir haben Euch in Lübeck Paroli geboten«, forderte Maxim ihn heraus. »Und wie viele hattet Ihr damals um Euch geschart? Ich glaube eher, es sind auch heute zu wenige.«
Auf Hillerts fleischigen Backen zeigten sich hektische rote Flecken. Im stillen gelobte er sich, Lord Seymours Antlitz zu zerschmettern. Er gab seinem Pferd die Sporen und jagte zurück zu seiner Truppe, wo er in der Mitte Aufstellung nahm und mit erhobenem Arm den Befehl zum Angriff gab. Mit festem Griff hielt er sein nervös tänzelndes Pferd, während er das Vorrücken der zwei Angriffslinien gegen Hohenstein beobachtete.
Sir Kenneth wartete, bis die anrückende Reihe in Schussweite war, dann hielt er den brennenden Docht an die Zündungsöffnung. Der Funke sprühte, löste einen lauten Knall aus, und ein prasselnder Regen von Eisenstücken wurde durch die Luft geschleudert. Erdreich und Schlamm spritzten auf, inmitten um sich schlagender Körper. Der Ritter schüttelte triumphierend die Faust, als er vier oder fünf Mann zählte, die die Ladung außer Gefecht gesetzt hatte. Nur einer der Getroffenen stand wieder auf und schleppte sich zur Anhöhe zurück, die Hand auf die Seite gedrückt, aus der ein spitzes Eisenstück ragte. Sherbourne half Kenneth beim Nachladen, während Maxim sein Geschütz abfeuerte. Er trat beiseite, als die Kanone krachte und das Geschützrohr zurückschnellte. Justin sprang vor, um nachzuladen, ehe der Rauch sich verzog, und als die Sicht wieder klar war, sah Maxim, daß
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