Tränen der Lilie - Hüter der Gezeiten (Bianca Balcaen: Geisterkrieger-Serie) (German Edition)
vollkommen unkontrolliert
zu zucken.
Dabei ist sie aus dem Bett gefallen. Ich konnte sie nicht mehr
halten«,
flüsterte sie mit nervöser Stimme. »Ich finde keinen
erreichbaren Arzt. Aber
ich weiß überhaupt nicht was ich machen muss und alleine bekomme
ich sie auch
nicht mehr hoch .«
Amy entschuldigte sich bei Mr. Roberts und stellte die
Schale mit den
schon gezogenen Wundfäden auf dem kleinen Nachtschrank ab.
Danach lief eilig ins Nebenzimmer.
Dort lag die Patientin in zusammengekrümmter und völlig
verdrehter
Lage auf dem kalten Fliesenboden.
»Sie hat einen Epileptischen Anfall«, sagte sie leise
zu der
Lernschwester, »Kathrin bringen sie mir schnell die
Lorazapamtropfen. Sie
stehen im Medikamentenschrank, im dritten Regal .«
Der ganze Körper der Frau zuckte wild und krümmte sich
dabei immer
wieder krampfhaft zusammen.
Sie war sehr dicht neben dem Krankenbett
heruntergefallen und schlug
jetzt bei jedem weiteren Zucken, mit dem Kopf gegen das eiserne
Bettgestell.
Amy kniete sich über sie, versuchte fieberhaft den Kopf
zu fixieren
und so ruhigzustellen. Kathrin kam wieder rein und reichte ihr
leicht zitternd
die Flasche mit den Tropfen.
In diesem Moment biss sich die Patientin auf die eigene
Zunge, was
sofort zu einer sehr heftigen Blutung führte.
Instinktiv riss sie ein kleines und sauberes
Baumwolltuch aus dem
nebenstehenden Schrank, rollte es zusammen und schob es als
Barriere zwischen
Ober- und Unterkiefer.
So war die Gefahr erst einmal gebannt, das sie sich die
eigene Zunge
durchbiss. Danach versuchte sie die Blutung zu stoppen.
Vorsichtig öffnete sie den Mund noch ein bisschen
weiter und gab die
Tropfen direkt in die Wangentasche. Amy hielt den Kopf weiterhin
fest
umklammert und wartete auf die krampflösende Wirkung.
Tatsächlich entspannte
sich der verkrümmte Körper kurz darauf und wurde etwas ruhiger.
Der Pulsschlag
verlangsamte sich und ganz allmählich ließen die Zuckungen nach.
Vorsichtig
hoben sie zu zweit den nun erschlafften Körper auf und legten
die Patientin
aufs Bett. Behutsam zog Amy der alten Frau das Nachthemd aus und
begann sie zu
waschen. Zart strich sie ihr dabei die verschwitzten und
zerzausten, weißen
Locken aus dem Gesicht.
Zu Kathrin gewandt, murmelte sie leise:
»In der indianischen Welt werden diese Menschen schon
immer zutiefst
verehrt. Sie gelten als Heilige. Als Auserwählte, zu denen Gott
spricht.
Während der Krampfanfälle können sie ihn sehen und er redet mit
ihnen, sagt man .«
Die Lernschwester sah sie erstaunt von der Seite an.
»Und diesen alten, vertrottelten Aberglauben schenken
sie als
Assistenzärztin Beachtung?
Ich halte diese Legenden über die magischen Geister
oder die mystischen
Welten der Indianer für absolut schwachsinnig. Wie können sie
nur in unserer
heutigen, modernen Zeit noch an solche Ammenmärchen glauben ?«
Amy blickte sie an und antwortete mit immer noch leiser
Stimme.
»Kathrin, es gibt so viele Dinge auf der Welt, wie die
Liebe zum
Beispiel, die kann man mit dem Verstand alleine nicht begreifen.
Manches kann
man nur mit dem Herzen fühlen .«
Sanft strich sie der Patientin noch einmal über das
Haar und verließ
dann leise das Krankenzimmer.
Ihre Mittagspause verbrachte sie zusammen mit Rachel
und Emily in der
nahe gelegenen Pizzeria Fratelli.
Nachdem sie unzählige Pizzarestaurants ausprobiert
hatten, befanden
sie dass es dort die beste Steinofenpizza von ganz Flagstaff
gab. Emily sah,
wie eigentlich immer in den vergangenen Tagen, ein wenig blass
aus. Sie musste
die nächsten drei Monate in der Pathologie arbeiten, hatte jetzt
die erste
Woche hinter sich gebracht und fühlte sich mit jedem weiteren
Tag dort immer
unwohler.
»Emily«, sagte Rachel wie immer kein Blatt vor den Mund
nehmend, »wovor
in Himmels Willen hast du nur solche Angst? Keiner der auf
deinem Tisch liegt
wird dir noch eine Unterhaltung aufzwingen. Sie sind alle schon
tot, weißt du .«
Amy boxte ihr in die Rippen und guckte ihre Freundin
dabei entrüstet
an.
»Hast du hinter deiner hübschen Fassade eigentlich nur
noch gähnende
Leere oder gibt es dahinter vielleicht doch noch so etwas was
sich
Feinfühligkeit nennt? Du weißt sehr wohl, dass sich Emily auf
Kinderheilkunde
spezialisieren will.
Die Ausbildung in der Pathologie gehört zwar zu unserem
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