Tränen der Lilie - Hüter der Gezeiten (Bianca Balcaen: Geisterkrieger-Serie) (German Edition)
dauern.
Patricia wollte noch ein wenig im Wasser bleiben also ließ sie
ihr den Willen.
Es schien sie wirklich zu entspannen.
Dann half sie ihr beim aussteigen, trocknete sie ab und
geleitete sie
zu dem breiten Himmelbett.
Die Cervix war jetzt auf neun Zentimeter erweitert.
Das bedeutete, dass sie sich dem Endstadium der Geburt
endlich
näherten.
Amy massierte das Perineum mit dem Saft der
Birnenkaktusses ein. Eine
alte indianische Tinktur die mithalf, die Geschmeidigkeit des
Dammes zu
steigern, wenn das Köpfchen sich bei der Geburt den Weg durch
den Geburtstunnel
bahnte.
Die nächsten zwei Stunden hindurch wurde Patricias
Körper von heftigen
Wehen geschüttelt aber das Baby machte keine Anstalten, um
herauszukommen. Zehn
Zentimeter und die Presswehen setzten ein. Amy half ihr so gut
sie konnte. Aber
das Köpfchen war noch immer nicht zu sehen. Es musste sehr groß
sein.
Patricia war fast am Rande ihrer Kräfte. »Hilf mir
bitte, Amy. Mach,
damit es endlich rauskommt. Ich kann nicht mehr .« Erneut stöhnte sie laut auf.
Amy schloss die Augen und in diesem Moment überkam sie
eine Vision.
Stark und überdeutlich sah sie Tadita, ihre Mutter, in dem
Traumbildnis vor
sich.
»Liebling, erinnere dich an die Geschichten die ich dir
erzählt habe.
Wo gingen die Indianerinnen hin, wenn sie die Geburt kommen
fühlten? Was haben
sie dann getan? Erinnere dich wieder. Denk nach .«
Und dann überrannten Amy die Bilder. Sie erinnerte sich
plötzlich
wieder in allen Einzelheiten.
Plötzlich sah sie vor ihrem inneren Auge wie die Frauen
bei der
nahenden Geburt in ein einsames Waldstück gingen, um alleine zu
sein. Wenn es
nach Einsetzten der Presswehen nicht zur Geburt kam, dann
wandten die Frauen
ein einfaches Mittel an. Wie Schuppen fiel es ihr nun wieder von
den Augen.
»Patricia komm steh auf, knie dich vor mir .«
Sie zog an ihren Armen, um ihr aufzuhelfen.
Patricia war schon halb bewusstlos von den nicht
aufhörenden Wehen und
sah sie nur noch hilflos an. Sie würde jetzt alles dafür geben,
wenn es nur
endlich vorbei wäre.
»Komm, hilf mir. Knie dich hin. Geh in die Hocke und
stütze deine Knie
an mir ab .«
Sie umarmte das Mädchen und ging langsam mit ihr in die
Hocke. Jetzt
erinnerte sie sich wieder ganz genau wie ihre Mutter diese
Erleichterung bei
den Frauen beschrieben hatte. Das Pressen wurde in dieser
Haltung um so viel
mehr vereinfacht und auch das Baby fand seinen Weg dadurch
leichter durch den
Geburtskanal nach draußen.
Amy zog die dicke Federdecke vom Bett und schob sie
unter den Körper
von Patricia. Diese krallte sich mit der letzten verbleibenden
Kraft an Amys
Armen fest und presste dann ein letztes Mal. Mit einem leisen
Flutschen glitt
das Baby hinaus. Amy fing den zarten Körper auf und ließ ihn
dann sanft auf die
Decke gleiten. Ein kräftiger, durch und durch markerschütternder
Schrei
durchdrang den Raum. Patricia ließ sich rückwärts auf die Decke
fallen. Amy
beugte sich zu dem Baby herunter und befreite Mund und Nase von
den letzten
Schleimresten. Dann legte sie Patricia sanft ihre kleine Tochter
in den Arm.
Wie aus dem Nichts erschienen, stand nun Mahu hinter
ihnen.
»Das habt ihr alle drei sehr, sehr gut gemacht. Und
dein Baby scheint
auf den ersten Blick kerngesund zu sein .«
Patricia blickte wie verzaubert und berauscht ihre
kleine Tochter an.
Mahu hatte in der Zwischenzeit mit einem gekonnten
Schnitt die
Nabelschnur durchtrennt.
»Amy, übernimm bitte die Erstuntersuchung bei dem Baby.
Ich bleibe bei Patricia, bis die Nachgeburt kommt und
werde sie dann
versorgen .«
Vorsichtig ließ Patricia ihre Tochter in Amys Arme
gleiten und legte
sich dann erschöpft zurück. Amy begann mit der Vermessung und
notierte dann das
Gewicht. Alle Reflexe waren gut ausgebildet. Allem Anschein nach
hatte sich
hier ein kleines und absolut gesundes Mädchen seinen Weg in die
Welt erkämpft.
Vorsichtig begann sie das Baby zu baden. Nach alten,
indianischen Ritus salbte
sie es zeremoniell mit dem Wasser. Das war laut Tradition eine
Widmung von dem
neugeborenen Kind, an die Erde. Dann tupfte sie den Nabel mit
einer
Kräuterpaste ein und umwickelte alles mit den zarten und frisch
zerriebenen
Blättern der Weidenrinde als schützendes Wundpflaster.
Das kleine Mädchen ließ alles anstandslos mit sich
geschehen
Weitere Kostenlose Bücher