Tränen der Lilie - Seelen aus Eis (Bianca Balcaen: Geisterkrieger-Serie) (German Edition)
hielt sie
einen Moment ein.
Zögernd blickte
sie Ben an.
»Wirst du auf mich
warten?«
»Für immer«,
erwiderte er ernst.
Zukunftsvisionen
S ie
hatten sich heimlich aus dem Haus geschlichen, um sich einen
Augenblick der Zweisamkeit zu stehlen. Die letzten drei Wochen,
seit Rebeccas Abflug nach England, waren wie im Pflug vergangen.
Neben der Trauer
um Rachel war Amy pausenlos mit Robert beschäftigt gewesen, der
tatsächlich als Spender für Zakki in Frage kam. Die Operation
war für nächsten Dienstag angesetzt.
Michal verbrachte
unzählige Stunden im Krankenhaus, auf der Psychiatrie. Die
wenigen Läufer, die sie durch den heißen Talg gerettet hatten,
waren in einer debilen Verfassung. Sie waren es schon vorher
gewesen und nur darum konnte Rahas Gift ihre Seele zum Bösen
erstarren lassen. Michael versuchte sie behutsam auf ein neues
Leben vorzubereiten und ihren Seelen neues Selbstvertrauen zu
geben.
An den Abenden zog
er sich mit Milton zwangsweise und fluchtartig in den
Gartentempel zurück. Denn im Haus hatten die Frauen das Kommando
übernommen.
Die Freundinnen
von Cedríc und Roger waren angereist. Mit ihnen stellten Mahu
und Suletu nun die Gästeliste der Gestaltwandler und
Geisterkrieger zusammen, die zu dem heiligen Ritual eingeladen
wurden.
Emsig bereiteten
sie unzählige indianische Speisen für die Zeremonie vor und
belagerten Amy ununterbrochen. Auch in den Nächten durfte er ihr
nicht mehr nahe kommen. Einsam wälzte er sich alleine in seinem
großen Bett hin und her. Seit Amy vor fünf Tagen darauf
bestanden hatte, im Gästezimmer zu schlafen.
Das macht eine
sittsame Braut vor der bevorstehenden Hochzeit immer so ,
hatte sie ihm fröhlich ins Ohr geflüstert und ihm
verheißungsvoll geküsst. Sprachlos hatte er ihr nachgeblickt,
wie sie anschließend mit ihren Kopfkissen unter dem Arm aus dem
Zimmer stolzierte.
Heute Abend war
ihm schließlich der Kragen geplatzt. Er war in die Küche
gestürmt, hatte sie von der Schürze befreit, ihr das Mehl aus
dem Gesicht gewischt und sie an der Hand nach draußen gezerrt.
Jetzt lag er
wohlig ausgestreckt im sonnenerwärmten Gras. Sein Oberkörper
lehnte an dem alten, knochigen Mesquite Baum und seine Arme
umschlangen besitzergreifend Amys Taille. Sie fühlte seinen
warmen Herzschlag in ihrem Rücken und bemerkte, wie ihr Körper
sofort auf ihn reagierte. Zufrieden kuschelte sie sich in seine
Arme und blickte in den azurblauen Himmel.
Tief atmete sie
den Duft der unzähligen Blumen und der warmen Erde ein.
Sie schloss leicht
ihre Augen und sah durch ihre langen Wimpern hindurch den
Wildvögeln zu, die sich anmutig aus dem türkisfarbenen, seichten
Wasser des Teiches erhoben und nun mit grazilen Flügelschlägen
durch den blassrosa und mauve verfärbenden Abendhimmel
schwirrten. Es herrschte eine vollkommende und friedliche
Stille. Die letzten sich herabsenkenden Sonnenstrahlen funkelten
auf ihrer Haut und streichelten ihre Seele.
Es war so
unbeschreiblich friedlich, wie das ganze Leben eigentlich sein
sollte.
Amy wünschte sich
die Zeit anhalten zu können, um diesen Augenblick für immer in
ihrem Herzen festzuhalten und gleichzeitig fieberte sie dem
5.Juli herbei - ihren Hochzeitstag.
Etwas kitzelte
ihre Wange. Träge blinzelte Amy auf und ein Lächeln stahl sich
auf ihr Gesicht, als sie in seine warmen, eisblauen Augen
blickte. Michael stützte sich auf den Ellenbogen auf und strich
mit einem Grashalm federleicht über ihr Gesicht.
»Hast du keine
Angst vor der Gezeiten-Reise«, fragte er vorsichtig.
»Nein. Ich weiß
ja, dass du bei mir bist und mich beschützt.« Die Schlichtheit
ihrer Worte ergriff sein Innerstes.
»Du weißt, dass
das nicht so einfach ist. Ich werde dir das Elixier geben und
deinen Körper danach in die Trance führen. Aber zu deinen
anschließenden Visionen und Träumen ist mir der Zutritt
verwehrt. Das ist verboten. Da bist du ganz und gar auf dich
alleine gestellte«, seufzte er und verschlang seine Finger mit
ihren.
»Es sind doch nur
36 Stunden. Ich werde das schon schaffen und bestimmt wieder
aufwachen. Mach dir nicht so viele Sorgen.«
Amy versuchte
etwas Fröhlichkeit vorzutäuschen, obwohl auch ihr mehr als
mulmig zumute war.
»Das werden die
längsten drei Tage in meinem Leben werden«, erwiderte Michael
mit sorgenvollem Gesicht.
»Hey, dann denk
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