Tränen der Lilie - Seelen aus Eis (Bianca Balcaen: Geisterkrieger-Serie) (German Edition)
Kühlschranktüren gehängt.
Diese waren bald so vollgeklebt mit ihren Kunstwerken,
dass man kaum noch die aluminiumbeschichtete Farbe
durchschimmern sah.
Wenn ihr Vater abends von der Arbeit nach Hause kam und
sich sein wohlverdientes Feierabendbier aus dem Kühlschrank
holte, blickte er so manches Mal verwundert auf eine neue
Zeichnung.
»Amy Schatz, warum hat dieses Pferd nur drei Beine?«
Stirnrunzelnd betrachtete sie daraufhin ihr krakeliges
Bildnis. Aber Tadita nahm ihre Tochter wie immer mit
mütterlichem Stolz in Schutz.
»Aber Thomas, das ist doch gar kein Pferd. Sieh doch
einmal genau hin, Darling. Es ist ein verwunschenes Einhorn.
Es steht auf drei Beinen und das vierte hat es gerade
in seine Hosentasche gesteckt, wie eine Hand.«
Staunend drehte sich zu ihnen um und sah sie beide vor
sich stehen, sich umarmend und glucksend kichernd. Mutter und
Tochter – wie immer eine uneingeschränkte Einheit, nichts und
niemand konnte zwischen sie kommen.
Wehmütig lächelte Amy bei den alten Erinnerungen auf
und wünschte sich ihre Mutter wäre jetzt hier.
Doch dann straffte sie die Schultern und blickte wieder
zu Rachel und Emily hinüber. Diese saßen beide am riesigen
Holztisch und diskutierten gerade hitzig wer und wann das Kochen
übernehmen sollte. Rachel war wie immer für die einfachste
Variante.
»Ich schlage vor, dass wir die Tiefkühltruhe mit Pizza
vollstopfen. Da kann man nichts falschmachen.
Sie sind lecker, machen satt und man schmeißt sie
einfach zwanzig Minuten in den Backofen.« Emily sah sie
entrüstet an.
»Und was ist mit den Vitaminen, Gemüse, all das was man
im Allgemeinen eine gesunde Ernährung nennt?« Rachel zuckte mit
den Schultern. »Sorry, aber damit kann ich leider nicht dienen.
Der Kochkurs auf dem College war mir damals viel zu langweilig.
Ich habe stattdessen lieber den Handwerkskurs der Jungen mit
belegt. Der Anblick einiger von ihnen war knackiger als jeder
Salat, das könnt ihr mir glauben.«
Alle drei prusteten los und bekamen einen Lachanfall.
Schließlich sagte Amy: »Kommt Mädels, lasst uns unseren Rundgang
beenden. Ich zeige euch noch das Wohnzimmer, es liegt gleich
hier nebenan. Dann haben wir hier unten noch einen Vorratsraum
und ein Badezimmer.«
Anschließend gingen sie die große Treppe hinauf in den
zweiten Stock. Gemeinsam durchstreiften sie die Zimmer.
Emily hatte sich sofort in den Raum mit der
rosaschimmernden Blumentapete verliebt. Ein Mädchentraum von
Laura Ashley, der ganz im englischen Cottage Stil gehalten war.
Rosa Puderfarben und ein verschnörkeltes Himmelbett aus
weißen Gusseisen, überdacht mit einem Baldachin aus rosafarbener
Seide.
»Okay – das ist dann deins«, sagte Rachel großzügig und
rollte bei dem Anblick lachend mit den Augen.
»So viel Kitsch auf einmal, erschlägt mich fast. Das
ist sicherlich nicht meins.«
Immer noch lachend, stolzierte sie in die anliegenden
Zimmer rüber und dann hatte auch sie sich entschieden.
Ihre Wahl fiel auf den modernsten Schlafraum, der ganz
in Blau und Weiß gehalten und mit modernen Glasschränken
ausgestattet war.
Amy musste sich nicht mehr entscheiden. Sie hatte sich
schon vor der Ankunft ihrer Freundinnen ihr Reich ausgesucht.
Da ihr Vater den Bungalow von Montana aus angemietet
hatte, wurde ihr schon gestern vom Vermieter der Schlüssel
übergeben. Danach schlenderte sie zum ersten Mal alleine durch
das große Haus und dabei hatte sie den Raum gesehen und sich
sofort darin verliebt.
Das Schlafzimmer war etwas kleiner als die anderen
drei. Es war in einem sanften, ockerfarbenen Naturton
gestrichen. Die deckenhohen Regale und Schränke waren alle aus
rustikalem, dunklen Pinienholz gefertigt und auf dem alten,
gebeizten Holzfußboden verbreiteten helle Flickenteppiche mit
bunten indianischen Mustern ein gemütliches Ambiente.
Das schönste im ganzen Zimmer aber war, wenn man in dem
großen handgearbeiteten Bett aus runden Baumstämmen lag. Denn
von dort konnte man beim Aufwachen den überwältigen
Sonnenaufgang sehen.
Probeweise setzte sie sich auf das Bett und die
schneeweiße Leinenbettwäsche vermittelte eine angenehme Kühle an
diesem heißen Nachmittag. Ihr Blick schweifte durch die riesigen
Terrassen Türen nach draußen. Der Anblick war einfach traumhaft.
In der Ferne erstreckten sich die felsigen Bergformationen am
sonnigen Horizont. Auf seinen Hügeln
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