Tränen der Lilie - Seelen aus Eis (Bianca Balcaen: Geisterkrieger-Serie) (German Edition)
er
sich auf den Rücken und verschränkte die Arme hinter seinem
Nacken. Gequält blickte er an die hohe Decke seines steinernen
Verlieses, sein elendes und verdammtes Gefängnis für die
Ewigkeit. Lanu verstand das alles nicht, er war doch freiwillig
zurück in die Unterwelt gekommen, um hier seine Seele zu
erneuern. Darum hatte er auch so sehr darauf spekuliert, dass
sie ihm das anrechneten und ihr Urteil dadurch positiv ausfallen
würde. Jetzt war sein Verstand verwirrt und er sah keinen
einzigen Sinn mehr darin, selber gut zu sein und die verlorenen
Seelen der Menschen zu retten. Wütend schlug Lanu mit der
geballten Hand auf den Steinboden seiner Zelle.
Nochmal
siebenundvierzig lange Jahre gefangen in dieser trübsinnigen
Dunkelheit, war zu viel für ihn.
Nachdem er
stundenlang unbeweglich auf dem Boden gelegen hatte, stieß er
einen gequälten und frustrierten Schrei der Verzweiflung aus.
Später, irgendwann in der Nacht, begann sein Frust in tiefste
Wut und schließlich in grenzenlosem Hass umzuschlagen.
Warum war sein
Blutsbruder Michael vom Leben so gesegnet und er selber war
immer und immer nur auf der Verliererseite. Warum hatte er
selber nie eine Frau kennengelernt, die ihn so bedingungslos
liebte, wie Amy seinen Freund Michael. Ihm selber war nur
Casandra zuteil geworden. Von der er damals auf der Erde dachte,
das sie in genauso lieben würde, wie er sie. Nur darum hatte er
sich ihren Willen gebeugt und versucht, sie auf die Trancereise
zu schicken. Damit sie eine von ihnen würde. Aber dadurch, dass
sie durch sein Verschulden gestorben war, hing ihm jetzt für
alle Ewigkeit der Makel des Unberechenbaren an. Damit würde er
niemals eine Chance auf das gehobene Privileg des ersten
Geisterkriegers bekommen.
Lanu schnaubte vor
unterdrückter Wut laut auf. Auch hier unten im Verlies sprachen
sich Neuigkeiten schnell herum. Und so hatte er erfahren, dass
diese besondere Ehre Michael nach dem Kampf mit Blake Tohopka
Atcitty erhalten hatte. Er war ab jetzt, neben Milton, der
uneingeschränkte Clanführer aller Gestaltwandler und
Geisterkrieger auf der Erde. Auserwählt von den Dogianern.
Mitten in seinen
Gedanken zog plötzlich ein kalter Wind durch das Gitterfenster
seiner Zelle. Die Flamme der Fackel begann unruhig hin und her
zu zucken und warf schemenhaft einen Schatten an die Wand. Etwas
streifte Lanus Körper und er setzte sich überrascht auf. Dann
fühlte er von der linken Seite einen eisigen Lufthauch auf sich
zukommen und zeitgleich verspürte er ein Brennen in seinen
Oberkörper und dachte sein Innerstes würde zerbersten.
Hastig versuchte
er sich weiter an die Wand zu pressen. Die schwefelige Luft
seiner Zelle schien jetzt wie elektrisch aufgeladen zu sein und
der Schmerz in seiner Herzgegend verstärkte sich unbarmherzig.
Verzweifelt versuchte er seine Behüter um Hilfe zu rufen, aber
seine Stimmbänder waren wie gelähmt und er brachte kein einziges
Wort heraus. Plötzlich begannen sich die schemenhaften Schatten
an der Wand zu formieren und dann sah er eine hünenhafte Gestalt
auf sich zukommen. Lanu starrte hoch.
»Wer bist du?«,
flüsterte er.
»Ich bin Raha.
Ningependa kupata moyo wako.«
»Ich verstehe kein
Wort. Was zum Teufel willst du von mir?«, röchelte Lanu, denn
das Brennen wurde jetzt immer unerträglicher.
Die Gestalt beugte
sich langsam über ihm und berührte in der Mitte seine Stirn.
Daraufhin wurde der Schmerz ein bisschen erträglicher, doch
gleichzeitig fühlte sich Lanu wie benebelt und konnte sich nicht
mehr bewegen. Die animalische Stimme sprach ihn wieder an.
»Ich habe deine
Seelenqualen gefühlt, Bruder.«
Mit seinen
achatfarbenen Augen fixzierte er Lanu.
»Wenn du bereit
bist, mir zu dienen und mir bedingungslos zu folgen, dann bin
ich dafür im Gegenzug bereit, dich aus deinem Gefängnis zu
befreien. Doch dann gehörst du zu meiner Welt, für immer. Du
wirst jetzt einschlafen und ich werde dir in deinem Traum folgen
und dir alles von meiner Welt erzählen. Wenn du wieder
aufwachst, kannst du aus freien Stücken wählen, welchem
Herrscher und welcher Welt du zu dienen bereit bist. Entweder
versauerst du hier, in den Grotten der Unterwelt und glaubst
weiter an die unrealistischen Träume der Dogianer, die
schlechten Seelen zum Guten zu bekehren. Oder du bekennst dich
für immer und ewig zu mir. Denn mein Reich wird
Weitere Kostenlose Bücher