Tränen der Lilie - Seelen aus Eis (Bianca Balcaen: Geisterkrieger-Serie) (German Edition)
und die Sehnsucht nach ihr, konnte nichts und
Niemand stillen. Nur das Gefühl sie zu bewachen und zu
beschützen, hielt ihm in dieser schweren Zeit noch am Leben.
Liebevoll blickte er wieder in Amys Gesicht. Seit langem sah
Michael endlich wieder einen lächelnden und fast fröhlichen
Ausdruck in ihren Augen. Sie schien angeregt mit Rachel zu
plaudern.
Dabei legte sie
unvermittelt ihren Kopf schief – und blickte suchend in die
Richtung, in der stand. Blitzschnell glitt er in den Hinterhof
zwischen den Häusern und stöhnte auf.
Ihre Intuition war
bemerkenswert, das hatte Michael wie schon so oft, unterschätzt
- fast hätte sie ihn entdeckt.
In dem Moment, als
er sich zwischen den Hauswänden verbarg, übersah er die kleine
und untersetzte Gestalt, die sich aus dem Lieferanteneingang der
Pizzeria schlich. Der Oberkellner Ricardo hatte schon den ganzen
Abend die verheißungsvollen Blicke der jungen Blondinen in
seinem Rücken gespürt. Sie saß alleine, in der hinteren Ecke des
Restaurants, am sogenannten Katzentisch, den sie selber
ausgewählt hatte.
Es war das erste
Mal, dass Ricardo sie hier im Restaurant sah. Am Anfang fühlte
er sich unwohl in seiner Haut, denn egal was er machte und
welchen Tisch er bediente, ihre glutvollen Blicke waren ihm
permanent gefolgt. Als sie ihm beim Servieren des Desserts
anzüglich zuzwinkerte, war sein einsames, italienisches Herz
entfacht.
Nachdem er ihr vor
Aufregung zitternd, die Rechnung präsentierte, fand er unter den
Dollarnoten eine Notiz: “23.00 Uhr. Eingang Wheeler Park.“
Damit war sein
italienisches Feuer komplett entflammt gewesen und er tat etwas,
was er in den acht Jahren, die er hier nun schon arbeitete, noch
niemals getan hatte. Er fragte seinen Boss, früher gehen zu
dürfen. Da nicht viel Betrieb war, stimmte ihm der Chef zu.
Jetzt war er auf
dem Weg zum Parkeingang und in seiner Brust brannte das Feuer
der Begierde hell und lichterloh. Fröstelnd zog er seine
Flanelljacke fester um sich und schaute auf das glitzernde
Lichtermeer der Stadt, bis er ganz unvermittelt eine Stimme
hinter sich vernahm.
»Kuwakaribisha
Ricardo. Ich habe schon auf dich gewartet.«
»Eh… Ciao… ich
meine… Hallo«, stotterte er erschrocken und drehte sich erstaunt
um.
Ricardo hatte sie
überhaupt nicht kommen gehört und komischerweise beschlich ihn
das Gefühl, dass die Temperatur noch um ein paar Grad mehr
gesunken war, denn er fror erbärmlich. Trotzdem stand sein Herz
noch immer in lichterlohen Flammen und so ließ er es geschehen,
dass sie ihn umarmte.
Scheinbar schien
sie nicht zu der Sorte Frauen zu gehören, die erst einmal
tiefschürfende Gespräche führen wollten, bevor es zur Sache
ging. Verheißungsvoll suchte ihr Mund herausfordernd seine
Lippen und er erwiderte ihre heißen und scheinbar
leidenschaftlichen Küsse. Sie schien auf die harte Nummer zu
stehen. Ihm gefiel das - bis er erbost aufschrie, weil er einen
stechenden Schmerz verspürte.
»Bist du
wahnsinnig, du kleine Hexe«, schrie er empört und stieß sie
wutentbrannt von sich. Hastig zog er sich ein Taschentusch aus
seiner Hose und presste es entsetzt gegen seinen Mund. Es
blutete nicht so sehr wie er dachte, aber doch genug um seine
Unterlippe anschwellen zu lassen. Wenn seine Mutter das sah, mit
der er sich notgedrungen ein Appartement teilte, dann würde sie
wieder ausrasten und er musste sich erneut ihre ellenlangen
Tiraden anhören. Dass er ein elender Versager war und es im
Leben zu nichts bringen würde und das er wie so oft in eine
Prügelei hinein geraten war. Mein Gott, wie sehr er das hasste.
Wie sehr er seine Mutter hasste.
Bei dem Anblick
seines Blutes auf dem Taschentuch flackerten ihre Augen nervös
auf und leise zischend fletschte sie ihre Zähne.
»Ricardo, das war
nur mein Temperament, entspann dich wieder«, flüsterte sie ihm
mit rauchiger Stimme zu.
Lechzend
beobachtete sie, wie das Blut langsam aus seiner Lippe sickerte.
Eigentlich konnte sie kaum noch an sich halten. Sie brauchte
ihre tägliche Ration, schon jetzt brannten ihre Eingeweide von
dem Entzug.
Aber jetzt
erwachte der Spieltrieb in ihr. Wage erinnerte sie sich, dass
sie auch schon in ihren menschlichen Leben immer wieder versucht
hatte, mit den Männern zu spielen und sie heraus zu
fordern.
Ein eisiger
Windhauch streifte Ricardo und die Gestalt vor ihm war
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