Tränen der Lilie - Seelen aus Eis (Bianca Balcaen: Geisterkrieger-Serie) (German Edition)
irgendwann solltest du
wieder mit sprechen. Er bleibt dein Vater, auch wenn er im
Moment ziemlich verwirrt ist.«
Einfühlend zog er
sie in seine Arme und wiegte sie sanft.
»Denkst du, dass
du damit klar kommst?«
»Ich denke schon«,
wisperte sie.
»Meine Mutter hat
mir vor langer Zeit einen Vermögensfond angelegt, der ist mir
vor kurzen überwiesen worden. Ich denke, das ich damit ohne
Probleme zu Ende studieren kann.«
Michael zog scharf
den Atem ein. Ungläubig hob er ihr Kinn und sah sie mit seinen
eisblauen Augen an.
»Mein Liebling, das war nicht meine Frage. Durch mein Jahrzehntelanges Wandeln auf
der Erde habe ich mehr Reichtum angesammelt, als ich je in
hunderten von Jahren ausgeben kann. Ich werde immer für uns
sorgen können. Meine Frage war, wie du mit deinen
Gefühlen zurechtkommst, und wie ich dir dabei helfen kann.«
Ehe sie antworten
konnte, durchbrach ein ohrenbetäubender Donnerschlag den Himmel.
Der nun stark einsetzende Wind wirbelte die Blätter und
Tannenzapfen durch die Luft und neben ihnen krachte ein
abgebrochener Ast tosend zu Boden. Nur wenige Minuten später
fielen die ersten, schweren Regentropfen wasserfallartig zur
Erde. Michael drückte ihr einen Kuss auf die Stirn und versuchte
mit lauter Stimme das Rauschen des Windes zu übertönen.
»Halt dich einfach
nur gut an mir fest, okay.«
Dann hob er sie
auf, durchbrach die zeitliche Dimension und stand im nächsten
Moment in der Küche des kleinen Holzhauses. Vorsichtig ließ er
sie aus seinen Armen auf den Boden gleiten.
Amy starrte ihn
hypnotisiert an. Aber das lag nicht an ihrem Erstaunen, das er
mit ihr durch die Dimension geflogen war – nein - es war seine
Erscheinung, die sie magisch fesselte. Er stand ganz dicht vor
ihr. Atemlos und mit pochenden Herzen betrachtete sie sein
tiefschwarzes, regennasses Haar, aus dem die Wassertropfen jetzt
wie Kristalle auf sein dunkles Gesicht perlten. Sie sah seinen
Oberkörper und seine harten Muskeln, die sich unter dem nassen
Pullover scharf abzeichneten. Und eine tiefe Sehnsucht erfasste
ihre Seele.
»Komm, zieh die
nassen Sachen aus und geh unter die Dusche, bevor du anfängst zu
frieren.«
Er zog ihr den
nassen Parka aus und schob sie kommentarlos ins Bad. Zurück in
der Küche nahm Michael sich ein Bier aus dem Kühlschrank und
versuchte sich zitternd zu beruhigen. Hätte sie ihm noch eine
Minute länger so angesehen, dann wäre seine Selbstbeherrschung
zu Asche verglüht und er hätte sie gleich hier in der Küche, auf
dem Fussboden, geliebt.
Amy trocknete sich
unterdessen die Haare ab und schlüpfte danach in ihren
mitgebrachten lindgrünen Jogginganzug. Durch die warme Dusche
waren ihre Lebensgeister wieder erwacht und sie fühlte sich nach
den Streitereien der letzten Tage, zum ersten Mal wieder etwas
besser. In der Küche angekommen, sah sie, dass auch Michael
unterdessen geduscht hatte. Er trug nun eine helle Jeans und ein
weißes T-Shirt. Auch war er in der Zwischenzeit scheinbar nicht
untätig gewesen. Staunend sah sie sich um.
In der eben noch
so kalten und klammen Küche flackerte jetzt ein warmes
Kaminfeuer, im Ofen sah sie frische Baguettes vor sich hin
knuspern und stumm beobachtete sie, wie er eine Dose mit Irish
stew öffnete und in den Topf füllte. Auch der Esstisch war schon
liebevoll gedeckt. Das Kerzenlicht darauf verbreitet eine sanfte
und gemütliche Stimmung. Mahu hatte Recht gehabt. An diesen
idyllischen Ort kamen ihre Nerven tatsächlich zu Ruhe. Sie
verspürte den leisen Wunsch, für immer hier zu bleiben.
****
Nach dem Essen
stand Amy in dem kleinen Wohnzimmer und sah in den immer noch
laut prasselnden Regen hinaus. Michael trat hinter sie und
reichte ihr ein Glas Wein.
»Bist du
glücklich?«, flüsterte er an ihr Ohr.
Von dem Kaminfeuer
erhellt, sah er in der dunklen Fensterscheibe ihr engelsgleiches
Gesicht aufleuchten.
Ohne ein Wort zu
sagen, drehte sie sich um und schmiegte sich in seine Arme.
Weich streichelte sie seine Rücken und begann dann ihn scheu zu
küssen.
Sie fühlte sich
ein kleines bisschen befangen. Seit ihrer Trennung war es das
erste Mal, dass sie jetzt ganz alleine waren. Michael stöhnte
auf und öffnete mit seiner Zunge zärtlich ihren Mund. Er konnte
ihren Herzschlag an seiner Brust fühlen und musste sich
beherrschen, um sie nicht noch fester an sich zu
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