Tränen der Lilie - Seelen aus Eis (Bianca Balcaen: Geisterkrieger-Serie) (German Edition)
dieser beschützend um Amys Taille geschlungen
hatte. Trotzig hob er seinen Kopf und stieß bissig hervor: » Er ist es nicht wert, das wirst du bald merken.«
»Doch das ist er.«
Wehmütig blickte Amy in sein Gesicht. »Aber das zu beurteilen,
steht dir jetzt nicht mehr zu, Steve. Du wolltest mich
ja kaufen, wie ein Stück Vieh auf dem Basar. Ich denke, damit
ist alles gesagt. Pass wenigstens ein bisschen auf meinen Vater
auf, wenn ihr wieder Zuhause seid. Damit er nicht sein ganzes
Hab und Gut verspielt.«
Bedrückt sah sie
zu ihrem Vater rüber, doch dieser wandte sich mit
unversöhnlicher Miene ab, stieg in den Wagen und ließ den Motor
aufheulen. Kaum hatte Steve auf dem Beifahrersitz Platz
genommen, fuhr der Wagen mit quietschenden Reifen davon.
Mahu hatte diesen
Verlauf in ihren Visionen vorher gesehen und umsichtig einen
Entschluss gefasst. Jetzt stand sie in Amys Zimmer und begann
eine Reisetasche zu packen. Kurz danach ging sie nach draußen.
Michael blickte erst seine Mutter und dann die Tasche verwundert
an. Überrascht blickte auch Amy auf, als Mahu sie ansprach.
»Auch das Herz
eines geliebten Vaters kann einmal auf dunkle Abwege geraten.
Doch irgendwann wirst du ihn vergeben können und ihn so lieben
wie er ist, das spüre ich in mir. Lass die Zeit die Wunden
heilen, mein Kind.«
Mitfühlend strich
sie ihr sanft über die Wange.
»Amy, du musst das
alles in Ruhe verarbeiten. Darum halte ich es für eine gute
Idee, wenn du von alldem ein wenig Abstand bekommst. Wir haben
schon seit sehr langer Zeit ein kleines Ferienhaus am Lake
Elaine. Es wird dir dort gefallen und du kannst in Ruhe über
alles nachdenken. Michael weiß, wo es liegt. Es wird dir gut
tun, ein paar Tage auszuspannen. Dann habt ihr beide auch die
nötige Zeit, um euch auszusprechen. Wir kommen hier schon
zurecht. Ich werde mich um die Mädchen kümmern, keine Angst.«
Das Haus am Lake
» M ein
Gott ist das herrlich.«
Amy stand vor dem
Fenster und bestaunte die atemberaubende, rosablühende
Landschaft vor ihren Augen, die nach vanillebestäubten Rosen und
gerösteten Rosmarin roch. Das Holzhaus lag auf einer kleinen
Anhöhe und gab mit seinen raumhohen Glasfronten einen
atemberaubenden Blick auf den Lake frei.
Der Schnee war
hier oben schon geschmolzen. Die gelben und lilafarbenen
Krokusse reckten übermütig ihre Köpfchen aus dem saftigen Gras
und schmiegten sich eng an die nebenstehenden Wacholderbäume.
Das Tal der meterhohen Pinyon Kiefern erstrahlten in einem
schimmernden Grün und spiegelte sich anmutig auf dem Wasser.
Hinter dem Seeufer erhoben sich die Bergespitzen in dem
strahlendblauen Himmel. Verträumt schloss Amy die Augen und
atmete tief die naturreine, nach Frühling duftende Luft ein.
Michael betrat das Zimmer. Leise trat er hinter sie und schlang
seine Arme liebevoll um ihre Taille.
»Gefällt es dir?«
»Es ist wundervoll
und beinahe unwirklich schön, fast wie gemalt«, flüsterte sie.
Vertrauensvoll
schmiegte sie sich enger an seinen muskulösen Oberkörper und
spürte seinen warmen Herzschlag. Amy genoss das Gefühl, das
seine Hände auf ihren Bauchnabel auslösten. Sie würde auch mit
verbundenen Augen immer wissen, dass es seine gefühlvollen
Finger waren, die sie berührten und ihre Haut zum Glühen
brachte. Für eine winzige Minute gab sie sich den Zauber des
Augenblicks hin und verdrängte den Gedanken an ihren Vater und
ihre Probleme.
»Seit wann besitzt
ihr dieses Traumhaus?«, fragte sie andächtig.
»Es ist schon seit
Jahrhunderten in unserem Familienbesitz«, murmelte er
leise und drückte ihr einen federleichten Kuss aufs Haar.
»Ich hoffe, du
erinnerst dich noch daran, dass du dich in einen Gestaltwandler
verliebt hast und wir keine normale Familie sind«,
schmunzelte er.
»Milton hat das
Tal hier entdeckt, als seine Seele zum zweiten Mal wiedergeboren
wurde. Ich glaube das war so vor ungefähr einhundertzwanzig
Jahren.«
Amy drehte den
Kopf, um ihn anzusehen und bemerkte den ruhigen und entspannten
Ausdruck in seinen Gesichtszügen. Seitdem er zu ihr
zurückgekommen war, hatte sich etwas in ihm verändert. Jetzt, da
er sich endgültig entschieden hatte, sie in seine Welt
mitzunehmen, ging er mit seinem Vorleben und seiner
Andersartigkeit viel offener um. Sie war tief ergriffen von der
Veränderung in seinem Wesen. Nie zuvor hatte sie ihn
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