Tränen der Lilie - Seelen aus Eis (Bianca Balcaen: Geisterkrieger-Serie) (German Edition)
zweitbeste und ich die achtbeste unseres Jahrgangs. Ist das
nicht absolut unglaublich«, fragte sie andächtig.
Amy nickte
perplex. Die Prüfung hatte sie in der ganzen Aufregung komplett
vergessen.
»Freust du dich
denn gar nicht?«, fragte Emily verblüfft.
»Du bist die Beste
von uns und das, obwohl du durch deinen Unfall so viel
nachzuholen hattest.«
Sie nickte
schuldbewusst.
»Doch, natürlich
freue ich mich darüber. Tut mir leid, ich war nur gerade weit
weg in meinen Gedanken. Hat Robert es auch geschafft?«, fragte
sie ängstlich.
»Ja, er hat zwar
die letztmögliche Punktzahl erreicht, aber er ist durch. Im
Gegensatz zu Rachel. Sie ist in drei Klausuren komplett
durchgerasselt und hat damit das Semester total vermasselt.«
»Das meinst du
nicht«, stammelte Amy fassungslos.
»Doch.« Emily
nickte bedrückt.
»Mein Gott, sie
hätte es geschafft, wenn sie sich nicht nur durch ihre Hormone
hätte leiten lassen. Weiß sie es schon?«
»Ich glaube nicht.
Kurz bevor die Listen ans Brett gehängt wurden, habe ich gesehen
wie sie zu einem Arzt in einem extraordinären Sportwagen
gestiegen ist. Wenn mich nicht alles täuscht, war es der Wagen
von Dr. Sheppard. Tja, sie hat mehr Hummeln im Hintern, als
Verstand. Wenn sie endlich mal ihren Verstand einsetzen würde,
dann hat sie noch eine reelle Chance, die drei Prüfungen in den
Semesterferien zu wiederholen. Aber ich glaube, dass sie
mittlerweile so schwanzgesteuert ist, dass ihr das völlig egal
ist. Es tut mir leid das zu sagen, aber sie hat sich seit
unserem Studienbeginn sehr zu ihren Nachteil verändert. Ich
persönlich finde keinerlei Beziehung mehr zu der alten Rachel,
die sie einmal war und du?«
Amy sah sie
traurig an und spürte, das Emily die von ihnen so lange
verdrängte Tatsache auf dem Punkt gebracht hatte. Bilder von
ihren Anfangstagen im Krankenhaus tauchten vor ihrem inneren
Auge auf.
Wie sie zu dritt
im Klinikpark auf der Bank saßen und sie den Vorschlag gemacht
hatte, zusammen zuziehen. Von Anfang an hatte Amy den Eindruck
gehabt, dass Rachel egozentrisch und ein bisschen eingebildet
war. Nur eben bis dahin auf eine liebenswürdige und charmante
Weise. Doch jetzt zeigte sie einen Charakter, der ihnen beiden
fremd war und nicht mehr nachvollziehbar.
»Vielleicht kriegt
sie sich ja wieder ein und besinnt sich wieder warum wir hier
ist«, erwiderte Amy hoffnungsvoll.
»Ja, und in
Australien schneit es im Sommer«, murmelte Emily zweifelnd und
schüttelte traurig den Kopf.
Desillusion
» I ch
denke, das war´s. Wie sind fertig«, murmelte Leroy. Er richtete
er sich auf und drehte seinen verspannten Nacken nach links und
rechts, bis es leise knackte.
»Sehr gut gemacht.
Sie haben mir wie immer hervorragend assistiert. Ich denke, dass
die Operation gut verlaufen ist und wir die Brust retten können.
Der Tumor hat gottseidank nicht sehr weit in den Körper
gestreut. Damit können wir optimistisch sein, dass die Frau eine
gute Überlebenschance hat«, rief Leroy ihr über dem OP-Tisch
hinweg zu.
Amy nickte ihm zu
und freute sich über sein Lob. Sie schätze die ruhige Art, wie
er die Operationen durchführte und seinen unermüdlichen Versuch,
den krebserkrankten Frauen nur so viel Gewebe zu entnehmen wie
unbedingt nötig, um ihre Brust wenn irgend möglich zu erhalten.
Die Sorgfalt die
er dabei jedes Mal verwendete, um extrem feine Nähte zu setzen
und die Narben damit so klein wie nur irgend möglich zu halten,
erzeugten bei Amy einen ehrfurchtsvollen Respekt. Er war einer
der wenigen Ärzte der Flagstaff Klinik, die sich die Mühe dieser
komplizierte Nahttechnik machten, die sehr viel mehr Zeit in
Anspruch nahm, aber den erkrankten Frauen das Höchstmaß an
Ästhetik zukommen ließ.
Amy war stolz
darauf ihm assistieren zu dürfen. Trotzdem war sie nach der
dreistündigen Operation total geschafft. Leroy nickte ihr noch
mal zu und verabschiedete sich dann. Die weitere Arbeit
übernahmen die routinierten Schwestern. Er verließ den Saal und
machte sich auf dem Weg zum Ehemann der Patientin, um die gute
Nachricht zu überbringen. Im Umziehraum zog Amy ausgelaugt den
Mundschutz runter und warf ihre Handschuhe in den Metalleimer.
Hinter ihr erschien Nick, der Anästhesist, und begann sich
ebenfalls aus seinen grünen Operationskittel zu schälen. Seine
hellbraunen Augen
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