Tränen der Lilie - Seelen aus Eis (Bianca Balcaen: Geisterkrieger-Serie) (German Edition)
Kaffeemaschine an. Die
Tür öffnete sich erneut und Amy musste sich gar nicht erst
umdrehen. Sie hatte Robert schon an seinen Schritten erkannt.
»Hi Babe. Mmmh…
das riecht lecker, teilen wir?«, fragte er erwartungsvoll und
hauchte ihr einen Kuss in den Nacken.
»Klar. Hol zwei
Teller, ich hab sowieso kaum Appetit.«
Er zog die
Schublade auf, fischte zwei Gabeln raus und reichte ihr die
Teller.
»Hat es dir den
Appetit verschlagen, weil dein Wachhund schon so lange abwesend
ist?«, fragte er hoffnungsvoll.
Amy drehte sich
stirnrunzelnd zu ihm um.
»Nein du Blödmann,
das ist es nicht. Ich mache mir Sorgen um Rachel.«
Robert lehnte sich
gegen den Kühlschrank und sah sie nachdenklich an.
»Hast du sie heute
schon gesehen?«
»Ja, gesehen und gesprochen. Ich habe ihr meine Meinung gesagt, hatte aber den
Eindruck, dass es sie nicht sonderlich stört.«
»Tja, sie hat
scheinbar ein sehr dickes Fell. Wusstest du, dass sie das
Tagesgespräch auf allen Stationen ist, seitdem sie Dean Sheppard
hinterher rennt wie eine läufige Hündin? Und der arme Trottel
fühlt sich auch noch geschmeichelt. Er scheint der einzige zu
sein, der noch nichts von ihrem Ruf mitbekommen hat.«
»Wovon redest du
Rob?« Überrascht sah Amy ihn an.
»Amy. Nur weil ihr
befreundet seid, solltest du ihr gegenüber nicht blind und taub
sein. Mindestens die halbe männliche Belegschaft, von Studenten
bis zu den Ärzten, kennt ihr gynäkologisches Innenleben.«
Die Mikrowelle
summte und Amy teilte die Lasagne auf die Teller, während sie
über Roberts Worte nachgrübelte. Sie wusste, dass Rachel nicht
den besten Ruf in der Klinik besaß, aber dass es so schlimm war,
hätte sie niemals vermutet.
»Hast du auch…«,
fragte sie unsicher.
Robert stand immer
noch mit verschränkten Armen da und sah überrascht hoch.
»Was habe ich…?«
Es dauerte ein
paar Sekunden bevor er begriff was sie meinte und dann
wurde er wütend.
»Herrgott nochmal.
Amy! Ich bin ein Tablettenjunkie und auch kein Kind von
Traurigkeit, aber Rachel würde ich nicht mal mit der Kneifzange
anfassen. Sogar ich besitze sowas wie Selbstachtung.«
Erleichtert atmete
Amy auf, dann reichte ihm das Tablett und strich ihm verlegen
über den Arm.
»Tut mir leid Rob.
Ich weiß im Augenblick überhaupt nicht mehr, was ich noch denken
soll. Die Situation überfordert mich total. Sie war meine
Freundin und wir wohnen jetzt schon so lange zusammen. Mir war
bewusst, dass sie es in einer Beziehung nie lange aushält. Aber
dass es so extrem ist, das wusste ich wirklich nicht.«
Lustlos stocherte
sie danach in ihrem Essen rum und war unfähig einen Bissen
runter zukriegen. Robert war da pragmatischer. Er schob seinen
leergegessenen Teller zu ihr rüber und schnappte sich ihren.
Genüsslich schob
er die Gabel in seinen Mund, als sein Piepser ertönte.
»Toll und schon
ist die Pause beendet«, murmelte er verdrossen.
»Notfall… wie
sehen uns später. Ach… und danke für das Essen.«
Er hauchte ihr
einen flüchtigen Kuss auf die Wange und eilte nach
draußen. Aufseufzend stand Amy auf und begann das Geschirr zu
spülen, als sie ihr Telefon im Arztkittel summen hörte. Sie
klappte das Handy auf: Anruf Rebecca stand auf dem
Display.
»Hi, stör ich?«
»Nein, überhaupt
nicht. Meine Mittagspause ist noch nicht zu Ende.«
»Eigentlich wollte
ich meine Schwester sprechen, aber sie geht nicht ans Telefon.
Hast du eine Ahnung wo sie steckt?«
» Tja, ich weiß
wo sie ist , dachte Amy, verkniff sich jedoch Rebecca
gegenüber einen gemeinen Kommentar. Stattdessen antwortete sie
betont fröhlich: »Wahrscheinlich hat Rachel im Moment viel zu
tun. Kann ich dir helfen?«
»Nun ja… ich
wollte nur fragen… ist es okay, wenn Ben mich heute Nachmittag
abholt? Er hat beschlossen, dass ich mich mit den Pferden
anfreunden soll oder anders ausgedrückt: die Pferde mit mir«,
kicherte sie.
»Ich denke das
geht in Ordnung. Wenn ich Rachel sehe, dann sag ich ihr Bescheid
wo du bist. Ruf mich an, falls ich dich heute Abend abholen
soll. Und Rebecca… versuch nicht alles an einem Tag. Wenn du
Angst hast, dann steig einfach nicht auf, versprichst du mir
das?«
»Ja, kein Problem.
Ben wird schon auf mich aufpassen. Bis dann.«
Amy steckte ihr
Handy zurück in ihren weißen Arztkittel und ein kleines Lächeln
erschien in ihren Mundwinkel.
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