Tränen der Lilie - Seelen aus Eis (Bianca Balcaen: Geisterkrieger-Serie) (German Edition)
Seitdem Ben sich mit so
einfühlsamer Hartnäckigkeit um Rebecca bemühte, schien es ihr
von Tag zu Tag besser zu gehen. Dass er dafür sorgte, dass ihr
nichts passierte, davon war Amy felsenfest überzeugt.
Verletzte Seelen heilen
B en
hatte sie wie versprochen zum vereinbarten Zeitpunkt abgeholt
und jetzt standen sie nebeneinander am Rande der Pferdekoppel.
Rebecca starrte ehrfürchtig das einzige und riesig wirkende
Pferd auf der Weide an.
Es war von
schokoladenbrauner Farbe und als es sich umdreht, lachte Rebecca
erstaunt auf, denn seine Kruppe war mit schneeflockenartigen
weißen Tupfen gesprenkelt. Sein kurzer, schwarzer Mähnenkamm
flatterte fröhlich im leichten Nachmittagswind und das
schneeweiße, gefleckte Fellmuster zwischen seinen Augen wirkte
fast wie ein Gemälde.
Rebecca bestaunte
in gebührenden Abstand seine erhabene Schönheit. Noch niemals
war sie einem Pferd so nahe wie jetzt gekommen. Doch Ben schien
zu denken, dass es noch nicht nahe genug war. Er stieß einen
lauten Pfiff aus und mit gespitzten Ohren und wachen Augen
blickte sich das Pferd um und kam freudig auf sie zu getrabt.
Wiehernd streckte
er fordernd seinen Kopf über den Holzzaun. Mit einem leisen
Zungenschnalzen begrüßte ihn Ben, strich ihm dabei sanft über
die Schnauze und belohnte ihn mit einer kleinen Mohrrübe.
Rebecca aber sah
nur die großen, braunen Pferdeaugen und wich angespannt ein paar
Schritte zur Seite. Ben reagierte sofort und warf ihr einen
besorgten Blick zu. Langsam ging er auf sie zu und umarmte sie
freundschaftlich. »Rebecca, wenn du es jetzt doch noch nicht
probieren willst, ist das kein Drama. Heute ist erst der erste
Tag. Wir haben den ganzen Sommer Zeit oder den folgenden.«
»Lieb von dir,
danke«, flüsterte sie beschämt und sie hörte am Klang seiner
Stimme, dass er es aufrichtig meinte.
»Ich meine es
ehrlich. Wir sollten das erst versuchen, wenn du auch wirklich
dazu bereit bist. Und wenn du es nicht willst, dann ist auch in
Ordnung, okay?«
Er sah, wie sie
ihren Rücken anspannte und heftig mit sich kämpfte. Nach ein
paar Minuten stahl sich ein verzagtes Lächeln auf ihre Lippen.
»Nein, wir hören
nicht auf, sondern fangen jetzt an. Also… wie ist dein Plan«,
fragte sie ihn mit mutiger Stimme.
Ben grinste und
warf ihr einen belustigten Blick zu. Dann nahm er ihre Hand und
zog sie näher zu sich heran.
»Mein Plan ist«,
rief er ihr verschmitzt zu, »euch beide miteinander bekannt zu
machen. Darf ich vorstellen: Da hier ist der schönste
fünfjährige Appaloosa-Wallach in ganz Arizona. Seine Mutter ist
eine reinrassige American Paint-Stute und der Vater ein
Appaloosa-Hengst und zusammen haben wir schon viele Turniere
gewonnen. Sein Name ist Yuma.«
Rebecca hörte den
Stolz und die ungeteilte Liebe, die in seinen Worten mitschwang.
Gleichzeitig
beobachtete sie fasziniert, wie der Wallach beim Klang seines
Namens aufmerksam die Ohren spitzte und seinen Kopf anschließend
vertrauensvoll an Bens Schulter rieb.
Diese Liebe
beruhte augenscheinlich auf Gegenseitigkeit. Ben sprach etwas in
indianischer Sprache, was sie nicht verstand, wohl aber Yuma,
denn er wich gehorsam ein wenig vom Zaum weg, so das Ben das
Gatter öffnen konnte. Gefühlvoll zog er Rebecca mit auf die
Weide. Die heiße Arizona-Sonne schien brennend vom wolkenfreien
Himmel und Ben zog unbekümmert sein T-Shirt aus und hängte es
ans Gatter.
»Bleib ganz ruhig
stehen und atme tief durch. Yuma wird dir niemals etwas antun,
das verspreche ich dir. Beobachtet ihn einfach. Versuch nur
nicht, ihm direkt in die Augen zu sehen. Das empfinden Pferde
als aggressiv.«
Immer noch hielt
er ihre kleine Hand fest umschlossen und seine Finger
streichelten sie beruhigend. Rebecca spürte seinen Wunsch, sie
mit einzubeziehen und sie mit dem Liebsten in seinen Leben
vertraut zu machen. Langsam verringerte sich ihr ängstlicher
Pulsschlag und sie lauschte Bens leise geflüsterten Erklärungen.
»Du musst keine
Angst haben. Beobachte seine Ohren, die verraten dir immer
seinen Gemütszustand und seine momentane Laune. Schau,- jetzt
zum Beispiel hat er die Ohren gespitzt und signalisiert damit
seine äußerste Konzentration. Pferde hören Töne, die Menschen
nicht wahrnehmen können. Wenn er entspannt ist, dann hängen
seine Ohren ganz locker und faul nach unten. Nur wenn sie eng
nach hinten
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