Tränen des Mondes
Schoner Sylph ermordet aufgefunden worden sind. Man nimmt jedoch an, daß sie aus Australien stammen. Auf den Mann und die Frau sind mehrere Schüsse abgegeben worden. Das geplünderte Schiff wurde gestern in den internationalen Gewässern westlich des Hafens von Malakka gefunden und von einem Patrouillenschiff der Königlichen Marine ins Schlepptau genommen. Die Gegend ist berüchtigt für Piraten, die ihre Stützpunkte auf den Inseln in der Nähe von Sumatra haben. Den Schiffspapieren wurde entnommen, daß die Sylph länger im westaustralischen Broome gelegen hatte und dann einige kleinere Häfen in der Sulu-See anlief. An Bord wurde auch die Leiche eines japanischen Matrosen gefunden. Das Schicksal der weiteren Besatzungsmitglieder ist unbekannt.
»Klingt unverkennbar nach Gunther. Hört sich nach schmutzigen Geschäften an. Tut mir leid, daß du die Sache auf diesem Weg erfährst, John.«
Tyndall war von den nüchtern berichteten Fakten wie betäubt. »Ich wollte, daß sie aus meinem Leben verschwindet. Aber nicht auf diese Weise. Schreckliche Sache.«
»Was wirst du jetzt machen? Ein Telegramm nach Singapur schicken?«
Tyndall sah nachdenklich vor sich hin und antwortete langsam. »Ja, das wird wohl das Beste sein. Damit ich mehr Einzelheiten erfahren kann. Und dann …« Er blickte entschlossen auf. »Dann fahre ich selbst rauf, um die ganze Geschichte zu überprüfen. Ich bin ihr Mann, das ist meine Pflicht.«
»Bis du dort bist, ist sie längst begraben und der Fall erledigt. Wird wohl nicht viel Sinn haben, John.«
»Ich habe schon einmal geglaubt, sie wäre tot. Diesmal will ich sichergehen.« Er sah, daß Toby leicht schockiert war. »Ich muß sichergehen, Toby. Ich kann Olivia nicht um ihre Hand bitten, bis ich den Beweis habe, daß ich ein freier Mann bin.«
Toby stand auf und faltete die Zeitung wieder zusammen. »Das kann ich verstehen. Du hast schwere Zeiten durchgemacht. Vielleicht hat das Schicksal beschlossen, dir wieder zuzulächeln. Ich wünsch dir alles Gute, John.«
Tyndall unternahm die Reise nach Singapur schließlich doch nicht. Sergeant O'Leary kam mit einer Nachricht der Behörden aus Singapur zu ihm, die die Identität von Gunther und Amy bestätigte. Weitere Dokumente einschließlich der Sterbeurkunden würden nachgeschickt.
Tyndall bekam ein Telegramm mit der Bitte um Anweisungen, und er bat darum, daß seine Frau an Ort und Stelle beigesetzt und ihre Habe an wohltätige Einrichtungen weitergeleitet würde. Es gab keinerlei Hinweise auf den Verbleib der Perlen. Tyndall hatte keine Ahnung, wo Gunthers nächste Angehörige lebten. Was die
Sylph
betraf, ordnete Tyndall an, sie solle verbrannt werden.
Tyndall buchte die Dampferfahrt nach Fremantle, ließ sich einen neuen Anzug schneidern und packte alle Perlen ein, die sie am Ende der Saison noch gefunden hatten. Er hatte vor, sie Monsieur Barat in Perth persönlich zu übergeben.
Bevor er an Bord des Dampfers ging, schüttelte ihm der breit grinsende Ahmed so fest die Hand, als wollte er ihm den Arm ausreißen. »Sie bringen Mem zurück. Wir vermissen Mem.«
»Ich auch, Ahmed. Ich muß jetzt wohl doch an das Schicksal glauben. Du hast immer gesagt, daß alles in Ordnung kommen würde, und das ist jetzt wahr geworden. Leider auf tragische Weise. Aber das Leben geht weiter.«
»Viel Glück, Tuan.«
»Danke, Ahmed. Ich werde immer noch viel Überredungskunst brauchen.« Doch auch Tyndall konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Er war überzeugt, daß Olivia einlenken würde, nachdem sich das Problem jetzt gelöst hatte, ohne daß sie ihr Gesicht oder ihre Würde verlieren mußte. Er stellte sich darauf ein, daß sie ihn vielleicht um eine schickliche Wartezeit bitten würde, aber heiraten würde sie ihn ganz bestimmt.
Er war nervös, strich sich seine störrischen Haare glatt, fuhr sich mit dem Finger unter dem hohen Kragen seines weißen Anzugs um den Hals herum, dann klopfte er an die Tür des Hauses in der Phillimore Street.
Die Haustür wurde von einer jungen Aborigine geöffnet, in der er Mollie erkannte, die Tochter von Minnie und Alf. Er stellte sich vor, während sie lächelnd und nickend in der Tür stand, richtete Grüße von ihren Eltern aus und bat, Mem Hennessy zu sehen.
Mollie schüttelte den Kopf. »Nicht hier, Boss. Sie arbeitet in Klinik. Geht jetzt alle Tage in Büro.«
»Wo ist denn das, Mollie?«
»Wo auch Master arbeitet.
Shaw House
, in der Cantonment Street.«
»Der
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