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Tränen des Mondes

Tränen des Mondes

Titel: Tränen des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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Master?«
    »Dr. Shaw. Mem jetzt Mrs. Shaw. Aber kommt heute abend zurück.«
    Tyndall hatte Schwierigkeiten, die Bedeutung der beiläufig hingeworfenen Worte zu erfassen.
    »Mem ist mit Gilbert Shaw verheiratet? Mit dem Kerl, mit dem sie dieses Mädchenheim, oder was immer das ist, gegründet hat?«
    Mollie nickte lächelnd. »Und ob, Boss. Vielleicht zwei Monate jetzt. Ich war da. Schöne Hochzeit! Großer Kuchen und alles.«
    Tyndall murmelte einen Abschiedsgruß und stolperte auf die Straße hinaus, für ihn brach eine Welt zusammen. Der Schmerz, der in seiner Brust brannte, machte ihm das Atmen schwer. Wie im Nebel ging er in Richtung Hafen, kehrte dann ins Fremantle Hotel in der High Street ein und bestellte sich einen Whisky. Er trank ihn in langsamen Schlucken aus und war schon versucht, einen zweiten zu ordern, beschloß dann aber, die qualvolle Begegnung mit Olivia nicht länger hinauszuschieben. Auf dem Weg zur Cantonment Street betete er nur, daß Shaw nicht zugegen wäre.
    Er wurde nach oben zu dem kleinen Zimmer geführt, das Olivia zu ihrem Büro gemacht hatte. Sie stand vor ihrem Schreibtisch, hob die Hände vor die Brust und biß sich auf die Lippen. Während das Mädchen leise die Tür schloß, starrten sie einander quer durch den Raum an.
    In diesen kurzen Sekunden spielte sich unendlich viel zwischen ihnen ab, Erinnerungen an die gemeinsame Vergangenheit, an Freude und Schmerz lebten auf. Mochten sie sich auch noch so sehr bemühen, mochte inzwischen auch noch so viel Zeit vergangen sein, sie konnten nicht so tun, als gäbe es das alles nicht, was sie verband. Die Funken zwischen ihnen sprühten unvermindert, und Olivia war insgeheim entsetzt, daß sie sich genauso zu Tyndall hingezogen fühlte wie eh und je. Sie unternahm eine gewaltige Anstrengung, um sich zu sammeln und ein unbefangenes Gesicht aufzusetzen.
    »Das ist aber eine Überraschung, John! Eine angenehme. Warum hast du mir nicht gesagt, daß du kommst? Was macht das Leben in Broome?« Sie lächelte zögernd.
    Ihre Höflichkeit brachte Tyndall durcheinander. Er war mehr auf Zorn und wütende Fragen eingestellt. Doch auch er bemühte sich um einen höflichen, leicht förmlichen Ton. »Einige Dinge haben, äh, eine neue Richtung genommen. Das wollte ich dir gern persönlich mitteilen.«
    Sofort sah Olivia betroffen aus. »Ist irgend etwas passiert? Ist jemandem etwas zugestoßen? Ist etwas mit dem Unternehmen?«
    »Nein, das ist es nicht«, unterbrach er sie, schwieg kurz und setzte dann ungeschickt an. »Es geht um Amy …«
    Olivia erstarrte und kniff die Lippen zusammen.
    Tyndall sprang ins kalte Wasser. »Sie ist tot.«
    Olivia starrte ihn entsetzt an, ihre Lippen öffneten sich, doch sie brachte keinen Ton heraus.
    »Das wollte ich dir gern selbst sagen.«
    »Was ist denn geschehen?« flüsterte Olivia.
    »Sie wurde ermordet. In der Malakka-Straße, es waren Piraten.«
    »Wie schrecklich, John. Was hat sie denn da gemacht?«
    »Sie war mit Karl Gunther zusammen. Ist mit ihm abgehauen. Er wurde auch umgebracht. Ich war krank. Hatte Schiffbruch erlitten, die
Shamrock
verloren, Ahmed hat mich gefunden. Amy hat meine Pflege übernommen. Ich wäre dabei beinahe draufgegangen, ein unglücklicher Zufall … glaube ich.«
    »Ich kann das alles kaum fassen. Warum hat mich niemand verständigt …?«
    »Ich bin noch nicht fertig. Sie hat den Safe aufgebrochen und den größten Teil der Perlen dieser Saison gestohlen. Wir haben noch ein paar gefunden, aber sie hat die besten mitgenommen. War eine gute Ausbeute dieses Jahr. Tut mir leid, Olivia.«
    »Mir auch, John. Alles tut mir leid. Was für ein Schock.«
    »Ein Gutes hat die Sache: Ich bin ein freier Mann. Deshalb war es mein erster Gedanke, zu dir zu kommen. Ich habe nie aufgehört, dich zu lieben, Olivia, und ich bin dir immer treu gewesen. Ich weiß, daß du verletzt warst … die ganze Geschichte mit Amy war schmerzvoll und peinlich. Ich will jetzt nicht alles noch einmal aufrühren. Aber ich hoffte, wir könnten von vorne anfangen. Und jetzt stehe ich da und muß erfahren … daß du …« Er konnte nicht weitersprechen.
    Olivia wandte sich von ihm ab, Tränen schossen ihr in die Augen, ihre Gedanken wirbelten durcheinander, ein wahnsinniger Drang zu schreien sprengte ihre Brust. Sie atmete zweimal tief durch und drehte sich wieder zu Tyndall um. Als sie in seine verletzten, anklagenden blauen Augen sah, zuckte sie zusammen. »Ja, ich war tief verletzt. Und gedemütigt. Gilbert

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