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Tränen des Mondes

Tränen des Mondes

Titel: Tränen des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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auch gerade erst entdeckt, daß Hamish der Vater ihres Kindes ist. Sie hatten geplant, nach dem Krieg zu heiraten. Als Hamish aufbrach, wußte Maya noch nicht, daß sie schwanger war. Sie hat sich ans
Shaw House
gewandt und mich nur als Mrs. Shaw kennengelernt. Hamish hatte natürlich den Namen Hennessy behalten.«
    Die Mettas starrten sie an, sprachlos vor Verwunderung. Olivia fuhr fort: »Sie sind sich in Albany begegnet, als Hamish dort ein Jahr lang bei der Marine diente. Dort leben Mayas Adoptiveltern.«
    »Dann ist die Kleine also auch deine Enkelin …«
    »Gilbert und ich wünschen uns natürlich, daß sie bei uns wohnen werden. Doch John muß alles erfahren, und die letzte Entscheidung liegt natürlich bei Maya.«
    »Wie traurig für sie, den Vater ihrer Tochter verloren zu haben, doch Gottes Wege sind wirklich wunderbar. Er hat euch alle zusammengeführt.«
    Mabel tätschelte Olivias Hand. Eine Weile saßen die drei schweigend da, in Gedanken waren sie alle bei Hamish.
    Toby ergriff als erster das Wort. »Die Flotte wird in ein oder zwei Tagen zurück sein. Was hast du für Pläne, Olivia? Warum bist du im Conti und nicht zu Hause? Weiß Minnie, daß du wieder da bist?«
    »Nein. Ich werde gleich zu ihr gehen. Ich habe meinen Besuch niemandem angekündigt. Sonst hätte ich allen das Wieso und Warum erklären müssen. Ich bin lieber gleich selbst gekommen und habe Maya einfach mitgebracht. Vielleicht findet ihr das ein bißchen seltsam.« Sie zuckte leicht mit den Achseln. »Außerdem habe ich überlegt, ob ich das Haus hier nicht verkaufen sollte. Es gibt keinen Grund, es zu behalten, und weil das Unternehmen solche Verluste macht und mein Umzug nach Fremantle einiges gekostet hat, könnte ich das Geld gut gebrauchen. Ich muß meine Verbindungen zur Vergangenheit abbrechen, meine Zukunft liegt jetzt unten im Süden.«
    »Die Zeiten für einen Verkauf sind ungünstig, Olivia«, warnte Toby. »Die Leute verlassen Broome, keiner zieht hierher. Auch wir haben schon daran gedacht wegzuziehen. Woanders könnte ich Arbeit finden, doch hier ist nun einmal unser Zuhause. Wir bleiben. Tyndall beharrt auf seiner Überzeugung, daß bald der Aufschwung kommen wird. Er sagt voraus, daß die Zwanziger goldene Jahre sein werden.«
    »Das hoffe ich sehr«, erwiderte Olivia nachdenklich.
     
    Die Sonne stand schon tief am Himmel, als Olivia mit Maya und Georgie zu ihrem Haus ging. Maya war sehr still gewesen und sagte, sie fühle sich von den Eindrücken einfach überwältigt. So viele Erinnerungen regten sich in ihr. Sie sah Georgie in den Muschelschuppen rennen und zwischen den Säcken mit Muschelschalen herumklettern, die im Halbdunkel der Hütte aufgestapelt waren. Durch die quadratischen Öffnungen unter dem Blechdach, die als Fenster dienten, fiel schräg das Licht herein. Und es war, als sähe Maya in ihrer Tochter ein Bild von sich selbst. In dem stillen, leeren Schuppen sah sie ihre Tochter herumlaufen, hörte wieder das Gewirr unzähliger Stimmen, roch den kräftigen Geruch der Austern und erinnerte sich an das Lachen eines hochgewachsenen Mannes.
    Olivia sah Maya an, als sie vor dem Tor stehenblieben. Sie deutete auf den Garten und die lange Veranda mit ihren schattenspendenden Weinreben. »Erinnerst du dich an diesen Ort? Dein Vater hat dich fast jeden Abend hierhergebracht.«
    Maya schüttelte den Kopf. »Nein. Aber es kommt mir alles vertraut vor. Ich habe das Gefühl, als wäre ich schon einmal hier gewesen.«
    In diesem Moment kam Alf ums Haus und blieb wie angewurzelt stehen, dann eilte er mit einem breiten Lächeln auf sie zu. »Mem! Ich werd verrückt! Minnie mir nix erzählt, daß Sie kommen.«
    »Sie weiß es auch nicht. Das ist eine Überraschung.«
    Da ertönte laut eine Stimme. »Ich Sie sehe und kann nicht glauben meinen alten Augen. Sind nicht mehr so gut. Ich denke, vielleicht nur Einbildung. Aber nein! Das ist wirklich Mem, redet mit Alf wie in alten Tagen!« Minnie kletterte steif die Veranda herunter und kam hastig zum Tor gehumpelt, als Olivia in den Garten trat. Bei ihrer Arthritis waren schnelle Bewegungen schmerzhaft, doch Minnie wollte nicht riskieren, daß diese Erscheinung wieder verschwand. Sie wollte sich davon überzeugen, daß es wirklich ihre geliebte Olivia war, die da lächelnd vor ihr stand.
    Eine Woge der Zuneigung durchströmte die alte Frau, sie begann zu zittern und brachte aufgeregt hervor: »Warum Sie und Mollie mir nix erzählen? Egal, Sie sind hier, und das ist gut.«

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