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Tränen des Mondes

Tränen des Mondes

Titel: Tränen des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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denn jetzt kam Ahmed nach achtern und stellte sich neben ihn, während sie in die Bucht segelten. Er sprach wie zu sich selbst. »Mem kommt zurück. Wen bringt sie da, Tuan?«
    Tyndall zuckte mit den Achseln und gab keine Antwort. Er war wie gelähmt vom Anblick Olivias, die ihnen zusah, wie sie einliefen. Sein Herz machte einen aufgeregten kleinen Satz, der sich in einem Kribbeln auf seiner Haut fortsetzte.
    Er vertiefte sich in das Ankermanöver und sah erst wieder auf, als sie bereit waren, mit dem Dinghi an Land zu rudern.
    Mit hochgekrempelten Hosenbeinen stieg Tyndall über die Bootswand und watete durch den Schlamm zum Ufer, wo Olivia inzwischen allein wartete.
    Tyndall kam es vor, als müsse er tausend Meilen zurücklegen. Sein Blick versenkte sich in ihre Augen, wie in Trance wurde er zu ihr hingezogen. Sie hatte Zeit gehabt, um sich auf diesen Moment vorzubereiten, lächelte sanft und wirkte gelassen. Sie ließ sich nicht anmerken, mit welcher Gewalt es sie körperlich zu diesem Mann hintrieb. Er faßte sie an den Händen, umarmte sie aber nicht, weil er Angst hatte, er würde sie an seine Brust pressen und nie mehr loslassen. »Olivia … diesmal bist du diejenige, die für eine Überraschung sorgt. Was machst du hier?«
    Die Jahre fielen von ihnen ab, sie nahmen die kleinen Veränderungen aneinander gar nicht wahr.
    »Wie geht es dir, John?«
    »Gut … gut, alles in allem.«
    »Wie war die Fahrt?«
    »Besser diesmal, aber ich fürchte, wir werden noch ein Jahr brauchen und außerdem anständige Preise, um unsere Verluste wieder wettzumachen.«
    Sie gingen zu den Schuppen und den Quartieren der Mannschaften hinüber.
    »Ahmed wird auch gleich kommen. Er wird sich freuen, dich zu sehen. Wir freuen uns alle.« Er blickte sie an. »Also, warum bist du gekommen? Wer war denn da gerade bei dir?«
    »Sie ist der Grund für meinen Besuch.« Jetzt, im entscheidenden Moment, war Olivia um Worte verlegen. Wie sollte sie ihn vorbereiten? Oder sollte sie mit der Nachricht einfach herausplatzen? Man konnte nie wissen, wie Tyndall reagieren würde. »John … du wirst es vielleicht als Schock empfinden … oder zumindest als Überraschung …«
    Beunruhigt von ihrem ernsthaften Ton unterbrach er sie: »Olivia, ich habe deine Überraschungen fürchten gelernt …« Er verstummte, als sie um den Schuppen bogen und er Maya ein Stück weiter auf einem umgedrehten Boot sitzen sah. Er runzelte leicht die Stirn und kniff die Augen zusammen, um in der Sonne besser sehen zu können.
    Olivia nahm seinen Arm. »John …«
    Maya stand auf und kam auf sie zu. Olivia sagte nichts, während der Abstand zwischen den beiden immer kleiner wurde. Jeder musterte den anderen, und als Maya vor ihm stand, erstarrte Tyndall, blieb einen Moment stehen und sah dann Mayas geschnitzten Anhänger, den sie über ihrer dunkelroten Bluse trug. Ihre Haare, ihre Augen, ihre geschmeidige Gestalt, ihr leises Lächeln …
    »Niah … Maya …«, flüsterte er.
    Für Maya war dieser große, braungebrannte Mann mit der Perle im Ohr plötzlich schmerzhaft vertraut.
    Olivia nahm Mayas Hand und legte sie in die seine. »Ja, John, das ist Maya. Es war eine lange Zeit … eine lange Reise … für euch beide.«
    »Wie …«, begann er, dann zog ein Lächeln sein erstarrtes Gesicht unaufhaltsam in die Breite, und plötzlich lachten und weinten die beiden gleichzeitig, Maya schlang ihre Arme um seine Schultern und vergrub ihr Gesicht an seiner Brust. Als Olivia den weichen Ausdruck sehnsüchtiger Zärtlichkeit sah, mit dem er Maya über die Haare strich, mußte sie sich abwenden. Ihre Augen füllten sich mit Tränen, und die Freude, die sie für die beiden empfand, wurde von Neid getrübt – das war eine Empfindung, die sie lieber nicht näher ergründen wollte.
    Später beim Tee, den sie auf dem klapprigen Balkon im Obergeschoß des Schuppens einnahmen, setzten sie Stück für Stück Mayas Geschichte zusammen. Olivia fügte die Neuigkeit der Verbindung zwischen Maya und Hamish hinzu, und Tyndall blickte sie mit besitzergreifender Liebe an. »Das ergibt doch einen tieferen Sinn, oder? So sollte es sein. Olivia, du und ich, wir sind miteinander verbunden – durch unsere Kinder.«
    Maya sah sie befremdet an, ihr wurde bewußt, daß zwischen den beiden ein verborgenes Einverständnis herrschte.
    »Wir haben noch etwas gemeinsam, John: unsere Enkelin.« Ein Lächeln spielte um Olivias Mundwinkel.
    »Nein! Das ist zuviel!« Lachend hielt sich Tyndall

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