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Tränen des Mondes

Tränen des Mondes

Titel: Tränen des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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Menschen, egal welcher Rasse, irgendwie ungehobelt und ein bißchen anrüchig. Während der ganzen Besichtigungsfahrt bekam sie nur zwei Frauen zu Gesicht: eine müde aussehende, ältere Europäerin und eine schrill aufgemachte Japanerin in grellbuntem Kimono, die hastig in einem dunklen Hauseingang verschwand.
    Später am Abend, nachdem Olivia und Conrad in Tyndalls schlicht, aber praktisch eingerichtetem Haus untergebracht waren, besprachen sie ihre Zukunftspläne.
    Conrad wäre am liebsten auf der Stelle aufgebrochen, aber er fürchtete um Olivias Gesundheit. »Du solltest eigentlich Ruhe haben und jemanden, der sich um dich und das Kind kümmert. Andererseits möchte ich nicht, daß wir zu lange hierbleiben. Die Regenzeit soll einfach furchtbar sein. Mir wäre es lieber, wenn wir uns bis dahin schon eingerichtet hätten.«
    Olivia fühlte sich von Geburt und Reise zwar noch ein wenig geschwächt, aber sie überlegte nicht lange. Der Gedanke, in dieser schmuddeligen Stadt zu bleiben, behagte ihr gar nicht. Auch wenn es harte Arbeit bedeutete, wollte sie lieber ihr neues Heim aufbauen helfen. »Dann laß uns aufbrechen, Conrad. Weißt du, seit ich gesehen habe, wie die Aboriginefrauen leben, sehe ich die Dinge in einem anderen Licht. Ich kann es nur schlecht erklären, aber ich habe das Gefühl, daß es besser ist, ein Teil dieses Landes zu werden, anstatt gegen es anzukämpfen. Es war viel besser für mich, nach der Geburt aufzubleiben und am Strand herumzulaufen, als in einem abgedunkelten Zimmer zu liegen. Also, laß uns gehen. Ich werde versuchen zu helfen, so gut ich kann.«
    Conrad küßte sie voll inniger Liebe und Stolz auf die Stirn. »Kümmere du dich vor allem um dich selbst und das Baby. Ich verspreche dir, eines Tages werden wir ein großes Heim und einen wunderschönen Garten unser eigen nennen, so wie du es dir immer gewünscht hast.«
    »Fangen wir mit einem Dach über dem Kopf an«, meinte Olivia lächelnd. »Wie wohl unser kleines Farmhaus aussieht?«
     
    Keiner von ihnen konnte ahnen, was sie in Wirklichkeit erwartete. Der Weg zu ihrem neuen Zuhause war mühsam und beschwerlich. Das Gespann kam nur langsam auf der Sandpiste voran. Ihre Karte war schlecht und teilweise falsch gezeichnet. Schließlich fanden sie den Platz, von dem sie annahmen, daß es ihr Besitz sei. Ein Teil entsprach der Beschreibung und schien sich auch für die Schafzucht zu eignen, der Rest war wildes Land. Aber wenigstens lagen Wasserloch und Bach an der bezeichneten Stelle.
    Das ›Farmhaus‹ entpuppte sich als Blockhütte aus rohen Holzplanken und Baumrinde. Verputzt war es mit dem Schlamm alter Termitenbauten. Gestampfter Lehm bildete den Fußboden, vorn und hinten gab es eine Veranda. Das Dach aus verzinktem Eisenblech war mit einer dicken Strohschicht bedeckt, die es kühl halten sollte. Als Fensterersatz in den beiden großen Räumen hingen Holzläden an Lederriemen. In einem windschiefen Anbau befand sich eine Feuerstelle mit gemauertem Kamin, vom Vorbesitzer gab es noch ein paar roh behauene Holzmöbel. Es war nicht zu übersehen, daß hier auch eine Frau gewirkt hatte: In einer Ecke dieses tristen Heims rankte eine Kletterrose. Der Anblick schnürte Olivia die Kehle zu. Sie pflückte eine der Blüten und roch daran. Während sie den feinen Duft einatmete, sann sie darüber nach, was wohl aus der Familie geworden war, die hier offenbar mit den gleichen Träumen und Hoffnungen angefangen hatte wie sie. Mit bangem Herzen schaute Olivia sich um und fragte sich, ob es ihnen wohl besser ergehen würde.
    »Ich denke, wir können froh sein, daß sich wenigstens niemand hier eingenistet hat«, versuchte Conrad den Schock zu mildern. »Die Dinge scheinen nicht ganz so zu liegen, wie man sie uns in Fremantle geschildert hat.«
    »Wir machen uns besser an die Arbeit, ehe es dunkel wird.« Olivia versuchte, einen munteren Ton anzuschlagen, um von der Enttäuschung und auch von der Angst abzulenken, die sich in ihr Herz fraßen. Mit dem Rock wischte sie notdürftig eine dicke Lage Staub und Dreck von einem Hocker, setzte sich und begann, ihr Kind zu stillen. Conrad ging nach draußen, um einen Teil ihrer Sachen abzuladen. Am Wagen blieb er stehen und lehnte die Stirn an den Kutschbock. Heiße Tränen der Enttäuschung und des Kummers brannten ihm in den Augen.
     
    Zwei Tage später schien die Lage schon etwas besser. Zwei Landarbeiter waren mit dem Rest ihrer Habseligkeiten eingetroffen. Olivia hatte es sogar fertiggebracht,

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