Träum ich?: Roman (German Edition)
und Leo sich bestimmt prima verstehen. «
So was hinterlässt man wohl besser nicht auf einem Anrufbeantworter.
Nein, das wäre nicht so optimal.
So was muss man persönlich besprechen. Also notiere ich mir Roses Adresse und Telefonnummer, schnappe mir meine Tasche und mache mich auf zum Bahnhof an der Dreißigsten Straße, um den Zug nach New York zu nehmen.
Drei Stunden später stehe ich vor Roses Mietshaus.
»Hi«, sage ich zum Portier. »Ich wollte zu Rose Golden.«
»Und wen soll ich melden?«, fragt er.
Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht.
»Wissen Sie was?«, sage ich mit einem nervösen Lachen. »Ich glaube, ich rufe sie erst mal an.«
Gegenüber von Roses Apartmenthaus befindet sich ein Starbucks. Ich beschließe, dort einen Latte macchiato zu trinken und meine Gedanken zu ordnen.
Soll ich sie anrufen? Oder ihr schreiben? Soll ich mich am Portier vorbeischleichen und direkt zu ihr hochfahren? Ganz gleich, wofür ich mich entscheide, es wird auf jeden Fall ein Schock sein. Ich werde es ihr ganz einfach sagen müssen. Am besten telefonisch. Wenn sie mich für verrückt hält, kann sie einfach auflegen. Kurz und schmerzlos.
Aber da ist sie ja!
Ich hab ihr Gesicht so gründlich auf den Facebook-Fotos studiert, dass ich sie selbst in einer Menschenmenge erkennen würde.
Da geht sie, meine Cousine Rose, Hand in Hand mit Leo, meinem zukünftigen Schwager. Sie ist genauso groß wie ich, und irgendwie sehen wir uns sogar ähnlich, obwohl sie sich etwas ausgefallener anzieht als ich mit meinen ewigen schwar zen Kostümen. Sie trägt das Haar glatt, so wie ich, und ich frage mich, ob sie auch Probleme hat, Volumen hineinzubekommen. Rose trägt einen roten Minirock über einer schwarzen Strumpfhose, Leo einen Anzug. Rose wirkt sehr lebhaft, während sie mit Leo spricht. Sie geht nicht, sie hüpft fast. Ich seufze im Stillen, denn ich kenne diesen Blick. Genau so habe ich Gogo angesehen. Ich trinke einen großen Schluck von meinem Latte macchiato und stürze aus der Tür.
»Rose!«, rufe ich zu ihr hinüber.
Rose und Leo bleiben stehen. Sie halten sich immer noch an der Hand. Rose blickt über die Straße hinweg zu mir. Sie kneift die Augen zusammen, sieht mich neugierig an und fragt sich offensichtlich, wer ich bin. Sobald sich eine Lücke im Verkehr auftut, gehe ich zu ihnen.
»Kenne ich dich?«, fragt sie mich.
»Ich fürchte, nein«, antworte ich. »Aber ich bin eine entfernte Cousine von dir.«
»Woher weißt du, wer ich bin?«, fragt sie.
»Tja …«, sage ich, weil ich nicht gleich zur Sache kommen will. »Das ist eine lange Geschichte, aber … ich bin Lily Burns«, erkläre ich und halte ihr meine Hand hin.
»Rose«, sagt sie und ergreift sie. »Und das hier ist Leo.«
»Hi«, sagt er, leicht verwirrt.
»Hört mal«, setze ich an. »Ihr findet es bestimmt seltsam, dass ich euch einfach auf der Straße anspreche, aber ich sitze in der Klemme, und du bist die Einzige, die mir helfen kann. Könnten wir vielleicht zu Starbucks gehen und die Sache besprechen? Ich hätte eine Bitte an dich.«
»Wer bist du noch mal?«, fragt Leo beunruhigt. Nur zu verständlich!
»Ich weiß schon, es klingt verrückt, aber ich brauche wirklich eure Hilfe. Es betrifft unseren Familienstammbaum.«
»Nein«, sagt sie und weicht einen Schritt zurück. »Lieber nicht. Wir haben jetzt was vor.«
»Wartet, bitte«, sage ich flehentlich. »Seht mich doch an, ich bin völlig normal. Ich schwöre, ich will euch nicht ausrauben oder in irgendwas verwickeln. Ich schwöre, wir sind wirklich verwandt. Meine Ururgroßmutter und deine Ururgroßmutter waren Schwestern. Meine Ururgroßmutter hat deiner den Mann und ihr Rezept für Chocolate Chip Cookies weggeschnappt und …«
»Moment mal!«, ruft Rose. »Gehörst du zum Zweig der Familie, der verflucht wurde?«
» Genau! «, juble ich und hole tief Luft. »Danke. Ich wusste nicht, wie ich dir die ganze Sache erklären sollte.«
»Wovon redet ihr überhaupt?«, fragt Leo.
»Das ist eine lange Geschichte«, sagt Rose.
»Ja«, sage ich, während mich die Gefühle zu überwältigen drohen. »Meine Ururgroßmutter muss wirklich eine grässliche Egoistin gewesen sein und ich möchte mich aufrichtig für ihr Verhalten entschuldigen. Ich weiß nicht, warum sie das getan hat. Ich schäme mich dafür und versichere dir, dass die Frauen in meiner Familie nicht ihren Charakter geerbt haben.«
»Ach, komm schon!«, ruft sie und grinst breit. »Willst du etwa behaupten, es
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