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Träum süß, kleine Schwester

Träum süß, kleine Schwester

Titel: Träum süß, kleine Schwester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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warf sie ihm in den Schoß. »Da sind sie.«
    »Ein Segen. Lies mir schnell mal die Passagierliste vor, damit ich sehe, ob ich alle Erklärungen habe. Dann können wir mit dem Dinner anfangen.«
    Jen gehorchte, obwohl sie ihn am liebsten erwürgt hätte.
    Als sie endlich fertig war, kamen die vier Frauen vom Cockpit zurück. Mittlerweile war jeder Passagier durch die Küche gegangen.
    Als Jen durch den Gang sauste, wurde sie von einer der Frauen angehalten. »Ist das nicht etwas leichtsinnig, Miß, sämtliche Türen in der Küche offenstehen zu lassen? Ich hab’ mir den Strumpf am Kühlschrankgriff zerrissen.«
    Jen starrte sie an, stürzte weiter in die Küche und knallte die Tür zur Kabine zu. Ein Chaos empfing sie. Alle Schranktüren waren offen, Lebensmittel waren in den Ausguß gefallen – und die Handtasche, die sie im Kühlschrank versteckt hatte, lag auf der Arbeitsplatte. Sie brauchte gar nicht hineinzuschauen, um sich zu überzeugen, daß die Zeitschrift mit den Listen verschwunden war.
    Sie wankte, ihr war speiübel, als sie die Tasche abtastete und nachzudenken versuchte. Jemand hatte es geschafft, die Küche in größter Hast zu durchsuchen, und die Tasche im Kühlschrank gefunden. Der Betreffende, wer immer es gewesen war, wußte, daß sie den Verlust der Papiere entdecken mußte, und würde alles daransetzen, nur ja keinen Verdacht zu erregen.
    Mechanisch begann sie, die Küche aufzuräumen, zog dann die Ergänzungsliste aus der Tasche. Es mußte einer von den drei Nachzüglern sein, Walter Hastings, Andrew Clinton oder August Carlson. Vielleicht hatte Bill, der erste Offizier, gemerkt, daß einer der drei ihm nicht gleich ins Cockpit gefolgt war.
    Der Flug wurde stürmischer. Jen hielt sich am Tisch des Navigationsoffiziers fest. Bill verließ gerade seinen Platz im Cockpit. Er lächelte ihr zu. »War kaum der Mühe wert, die Leute für die Minute herzulotsen. Der Captain kriegte
    ‘ne Durchsage, daß wir ‘ne Schlechtwetterzone anfliegen, und hat mich angewiesen, sie fix durchzuschleusen. Ich fürchte, ich hab’s übertrieben. Beim letztenmal hab’ ich die Männer hiergelassen und rasch die vier Frauen geholt.
    In der Küche sind dann beide Gruppen
    zusammengestoßen, und da haben dann wirklich nicht alle reingepaßt, das können Sie mir glauben.«
    Jen wandte sich wortlos ab. Wenn Bill die Männer allein gelassen hatte, war es sinnlos, ihn zu fragen, wer von ihnen eventuell zurückgeblieben war. Sie mußte den Dieb selber ausfindig machen, und dafür hatte sie nur wenig Zeit. Das Flugzeug geriet in Schräglage, und sie stemmte sich gegen die Tür. Sie schloß die Augen und sah Dicks Gesicht vor sich – und, noch schärfer, seinen Ausdruck, als er ihr die Zeitschrift gab: »Erinnerst du dich noch an den Flugzeugträger, der zu Ende des Koreakrieges verschwand?«
    Sie unterdrückte ein Schluchzen. Du hast dieser Papiere wegen dein Leben in Gefahr gebracht, Dick, dachte sie.
    Du hast sie mir anvertraut, und noch nicht mal eine Stunde später habe ich sie verloren. Für die Familien dieser jungen Männer würde es am nächsten Morgen keine Schlagzeilen zu studieren geben, keine Namenslisten, die ihrer Angst und Verzweiflung ein Ende machten. Dafür hatte sie jetzt gesorgt. Aber sie durfte sie nicht im Stich lassen – nicht Dick, nicht all diese Menschen, nicht all diese Jungen, für die sich nach genauer Kenntnis ihrer Situation vielleicht eine Lösung finden ließ. Sie mußte die Liste zurückbekommen, und dafür blieben ihr genau zwei Stunden.
    Ungeduldig wischte sie sich die Tränen aus den Augen.
    Hastings, Clinton, Carlson – sie versuchte, sich den Eindruck ins Gedächtnis zurückzurufen, den sie von jedem beim Servieren der Cocktails gewonnen hatte.
    Hastings auf Platz sechs – hochgewachsen, ziemlich dünn, graues Haar, Schnurrbart, Brille, ungefähr dreiundfünfzig. Er war in den Wirtschaftsteil der Times vertieft und hatte sie nicht gehört, als sie ihm den Drink offerierte. Dann hatte er gelacht und sich entschuldigt.
    »Immer wenn ich mir einen Urlaub genehmige, schaue ich keine Zeitung an, aber kaum bin ich auf der Heimreise, muß ich einfach anfangen, das Versäumte aufzuholen.«
    Jen erinnerte sich, daß er auf sie wie ein Geschäftsmann aus der Chefetage gewirkt hatte, mit Flugzeugen bestens vertraut.
    Clinton hatte einen Manhattan bestellt, sich bei ihr bedankt und ihn rasch getrunken mit dem Kommentar:
    »Den kann ich brauchen. Ich hab’ gerade die Nachricht bekommen, daß

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