Träum weiter, Liebling
wusste zwar, dass er sich für sie hätte freuen sollen, dass sie endlich jemanden gefunden hatte, aber nicht Mike Reedy, obwohl er Mike immer gemocht hatte und nichts Falsches an ihm finden konnte, außer der Tatsache, dass er nicht mit Kristy Brown schlafen sollte.
Nachdem er ein Aspirin geschluckt hatte, das er überhaupt nicht brauchte, blickte er sie an und fragte sich, wieso er so lange gebraucht hatte, um zu merken, wie hübsch sie war. Nicht auffällig hübsch, nicht mal, wenn sie sich herrichtete, aber auf eine stille, klare Art.
»Du weißt doch, dass das Autokino Freitag Abend eröffnet«, sagte er, ohne zu überlegen.
»Ich hoffe bloß, dass jemand kommt. Eine Menge Leute sind sauer auf Gabe, weil er Rachel beisteht, und sie reden über einen Boykott.« Kristy blickte besorgt drein. »Menschen können so gemein sein.«
Er sprach in einem betont beiläufigen Ton. »Wir wollen beide am Eröffnungsabend im Autokino sein, warum hole ich dich dann nicht einfach um acht von zu Hause ab?«
Kristy starrte ihn an. »Du willst, dass wir zusammen hingehen?«
»Klar. Wie sollten wir Gabe sonst zeigen, dass wir hinter ihm stehen?«
Das Telefon auf seinem Schreibtisch klingelte. Kristy blickte einen Moment lang hinüber, bevor sie schließlich abnahm. Er merkte schnell, dass sie mit Patty Wells, der Leiterin der Kindertagesstätte, sprach.
»Ja, Ethan ist da. Aber sicher. Schick Edward doch gleich rauf, Patty.«
Sie legte stirnrunzelnd den Hörer auf. »Er fragt den ganzen Vormittag schon nach dir. Patty hat versucht, ihn abzulenken, aber er wollte nicht lockerlassen. Ich hoffe, es ist nichts Schlimmes.«
Beide kannten Edward gut genug, um zu wissen, dass er nie auf etwas beharrte, und beide machten sich ihre Gedanken.
Kristy ging wieder an ihren Schreibtisch zurück und führte Edward ein paar Minuten später in Ethans Büro. Sie warf Ethan einen besorgten Blick zu, einen von Hunderten, die sie über die Jahre getauscht hatten, wann immer sie ein verzweifeltes Pfarreimitglied in sein Büro geführt hatte. Dann zog sie sich zurück.
»Du kannst die Tür zumachen, wenn du willst«, sagte Ethan.
Edward blickte zögernd zu Kristy hinaus. Ethan wusste, wie sehr er sie mochte, und war überrascht, als Edward die Tür mit beiden Händen zudrückte. Was immer ihm auch auf der Seele lag, es musste etwas Ernstes sein.
Ethan hatte das unpersönliche Gespräch über den Schreibtisch hinweg nie gemocht, also ging er zu einer kleinen Sitzecke am Fenster, wo eine Couch und zwei bequeme Sessel standen.
Edward kletterte auf das mittlere Polster des Sofas und rutschte bis zur Lehne zurück, so dass seine Beinchen ausgestreckt vorstanden. Ein roter Farbfleck prangte auf der Zehenspitze eines Schuhs. Ethan hatte bemerkt, wie peinlich sauber Rachel seine abgetragenen Sachen hielt, was ihn vermuten ließ, dass der Fleck vom heutigen Malprojekt stammen musste.
Edward griff instinktiv nach etwas, doch als seine Hände ins Leere griffen, kratzte er sich am Ellbogen. Der Plüschhase, riet Ethan.
»Was ist los, Edward?«
»Gabe is‘ ein richtiger Lügner. Er sagt, er is‘ dein Bruder.«
Ethan wollte ihn schon korrigieren, als ihn der tiefunglückliche Ausdruck auf dem Gesicht des Knaben innehalten ließ. »Wieso glaubst du, dass er lügt?«
»Weil er ein Pisskopf is‘, und ich hasse ihn.«
Ethan hörte sich schon seit Jahren die Sorgen seiner Schäfchen an und wusste, wie er sich zu verhalten hatte, also zwang er sich, sich selbst zurückzunehmen und nur die Worte des Jungen zu umschreiben. »Klingt, als würdest du Gabe nicht gerade mögen.«
Edward schüttelte energisch den Kopf. »Meine Mommy soll ihn auch nich‘ mögen.«
Welch ein wahres Wort, Kumpel. »Es macht dir also Sorgen, dass sie ihn mag.«
»Ich hab ihr gesagt, sie kann ja mich streicheln, aber sie sagt, sie muss auch einen großen Mann streicheln.«
Da könnt ich wetten. Besonders einen großen Mann mit einem fetten Bankkonto und einer lockeren Hand, wenn’s um Geld geht.
»Ich hab ihr sogar gesagt, dass sie dich streicheln darf, Pastor Ethan, aber sie sagt, du bist mein Freund und Gabe is‘ ihrer, und sie sagt, sie will ihn küssen, und ich darf ihn nich‘ mehr hauen.«
Ihn küssen? Ihn hauen ? Ethan brauchte einen Moment, um sich darüber klarzuwerden, wie seine nächste Frage zu lauten hatte. »Du hast Gabe gehauen?«
»Ich bin auf ihn draufgesprungen, als er sie geküsst hat, und ich hab ihn mit Stellaluna gehauen, bis er aufgehört
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