Traeum weiter, Mann
Stunden und einige Scotch später labert er einen Typen neben sich voll, doch der Mann versteht ihn nicht, weil er weder Deutsch noch Englisch spricht.
Egal. »One more Scotch.«
»Trinkst du einen mit mir?«, fragt plötzlich neben ihm eine weibliche Stimme auf Deutsch.
Steff!
»Ja, klar«, nuschelt Gerald und versucht ein Grinsen.
»Zwei Daiquiris bitte«, ruft Steff dem Barkeeper zu, dann wendet sie sich an Gerald. »Du trinkst doch Daiquri?«
Gerald sieht sie wie durch ein umgedrehtes Fernglas.
»Na, klar.«
Er muss laut rülpsen, dann kommt ihm alles hoch. Stöhnend rennt er Richtung Toiletten, schafft es jedoch nicht ganz, sondern kotzt vor die Tür der Damentoilette.
11
Über Dänemark
scheint die Sonne
Als Heiner am frühen Morgen aufwacht, braucht er einen Moment, um sich zu orientieren. Am Abend hatte sich der dicke Arzt noch einmal nach ihm erkundigt. Da die Schmerzen nicht besser geworden waren – eher schlimmer nach Steffs frustrierendem Abgang –, hatte der Arzt darauf bestanden, dass er noch mal zwei Tabletten nehmen sollte. Mit dem Ergebnis, dass er nach einer halben Stunde tief und fest einschlief.
Jetzt, fast zwölf Stunden später, sieht er schläfrig auf seine Uhr. Schon halb zehn. Zu Hause könnte er nie so lange im Bett bleiben.
Langsam versucht er, sich aufzurichten.
Heiner kann es kaum glauben: Er spürt zwar immer noch eine gewisse Verspannung im Rücken. Aber die Schmerzen sind weg!
Vorsichtig, um nicht einen Rückfall auszulösen, geht er ins Bad. Seine Kleidung stinkt, schließlich hat er die ganze Nacht in seiner Cordhose und seinem Pullover geschlafen – dieselben Sachen, mit denen er auf dieser verdammten Steilküste war.
Immer noch etwas benommen blickt er in seinem winzigen Bad in den Spiegel.
Er sieht schrecklich aus, unrasiert, seine Haare kleben ihm auf der Stirn, und unter den Augen liegen dunkle Schatten.
Heiner nimmt eine ausgiebige Dusche. Fast eine Viertelstunde lang lässt er sich warmes Wasser auf den Rücken laufen. Dabei überlegt er, was gestern eigentlich genau passiert ist.
Dieser Schöning wollte mit den zwei Gläser Wein eigentlich zu ihm, da ist er sicher. Bestimmt um sich bei ihm zu entschuldigen, weil er ihn auf diese Holztreppe getrieben hatte. Dass Steff gerade bei ihm im Zimmer war, konnte er nicht wissen. Oder hat Schöning Steff gesucht?
Steff ... Der Gedanke an sie lässt ihn sofort verklärt lächeln. Wie süß sie gestern um ihn besorgt war. Wenn dieser Makler nicht gekommen wäre, dann hätte sie ihm bestimmt ein paar Übungen gezeigt. Dann hätten sie ganz eng auf dem Teppich beieinander gesessen, und dann ...
Heiner seufzt. Dumm gelaufen. Aber er wird Steff schon an ihr Angebot erinnern. Vielleicht können sie ihren Unterricht ja schon heute nachholen.
Heiner nickt zuversichtlich und steigt aus der kleinen Dusche. Jetzt geht es ihm schon besser, viel besser. Endlich kann er sich wieder wie ein normaler Mensch bewegen. Heute wird ein guter Tag. Woher diese plötzliche Euphorie?, fragt er sich. Liegt es an der Sonne, die hell durch das geöffnete Fenster strahlt? Oder sind das immer noch die Nachwirkungen der Tabletten?
Egal wie, der bescheuerte Schöning wird sich noch umschauen. Ab heute wird zurückgeschossen. Noch mal wird er sich nicht so vorführen lassen. Und dass Steff seine Zuneigung erwidert, ist seit gestern ja wohl mehr als bewiesen.
Er lächelt, während er sich ein frisches Polohemd überstreift. Heute wird er bei Steff richtig Gas geben. Bisher hat er sich bei ihr ja noch zurückgehalten, um Schöning nicht zu sehr zu demütigen. Aber heute wird er ihn endgültig in das geistige Abseits schicken, das dunkle Loch, in das er gehört und das er niemals hätte verlassen sollen. Heute wird Steff den echten, den charmanten, witzigen und wortgewaltigen Heiner kennenlernen, neben dem dieser großkotzige Makler so schnell verbrennen wird wie ein Vampir im Sonnenlicht.
Er weiß auch schon, was er zuerst sagen wird, wenn er sie sieht:
»Können Sie mir heute vielleicht ein paar Stellungen zeigen?« Dabei wird er sie frech mit einem zweideutigen Lächeln anblicken. Steff wird für einen Moment stutzen, doch wenn er dann »Ich spreche natürlich von Yoga« hinzufügen wird, wird sie seine kokette Anspielung verstehen. Und darüber lachen.
Anschließend wird ihre Beziehung eine andere sein. Sein feinsinniger Humor wird eine Tür zu ihrem Herzen öffnen, ganz bestimmt.
Eine Viertelstunde später sitzt Heiner alleine im
Weitere Kostenlose Bücher