"Träume aus 1001 Nacht" 6
mit nach Aboul Sari und seien Sie mein Gast.“
„Vielen Dank. Ich komme gerne.“ Ein Stein fiel ihr vom Herzen. Sie brauchte sich noch nicht mit der harten Wirklichkeit auseinanderzusetzen. Sie konnte alles ein wenig aufschieben. Und Urlaub hatte sie sowieso eingereicht.
„Dann fliegen wir zusammen, wenn Sie gepackt haben.“
„Verpassen Sie dann nicht Ihren Flug? Ich kann nachkommen …“
„Ich fliege die Maschine selbst. Daher geht sie nicht ohne mich.“
Rashid schnippte mit den Fingern, und ein Mann eilte herbei. In seiner Landessprache gab der Scheich Anweisungen. Als er geendet hatte, verbeugte sich der Mann und eilte davon.
Bridget lauschte amüsiert. Sie kannte niemanden, der einen eigenen Jet besaß oder jemanden mit einem Fingerschnippen herbeirufen konnte, der ihm dann zu Diensten war. Es machte sicher Spaß, Zeit mit einem Scheich zu verbringen. Sie musste sich alles genau einprägen, damit sie ihren Freundinnen zu Hause davon erzählen konnte.
Francesca war ein Star, und Bridget wurde oft gefragt, wie sie so ihre Zeit verbrachte. Und nun dies. Wer hätte gedacht, dass die fade Bridget Rossi Urlaub bei einem Scheich machen würde?
Francesca verabschiedete sich von der Menschentraube, die sie belagert hatte, und bahnte sich den Weg zu Rashid. Bridget wünschte, sie könnte auch so gelassen wirken, ganz gleich, was geschah. Sie wünschte, sie würde so sexy und faszinierend aussehen. Stattdessen war sie schüchtern und in fremden Situationen gehemmt. Vor allem aber konnte sie mit Francescas Schönheit nicht konkurrieren. Bridget hatte das irische Aussehen ihrer Mutter geerbt: kastanienbraunes Haar, helle Haut mit Sommersprossen auf der Nase. Ihre blauen Augen waren langweilig und nicht so exotisch wie Francescas dunkelbraune.
„Verzeiht, dass ihr warten musstet, meine Lieben“, sagte Francesca, als sie sich zu ihnen gesellte. „Familiäre Verpflichtungen, ihr wisst schon. Jetzt können wir los.“
„Ich habe deine Cousine eingeladen, uns zu begleiten“, erklärte Rashid.
„Oh!“ Francescas Blick wanderte zu Bridget, dann wieder zu Rashid. „Das ist ja eine Überraschung.“
„Sie kann ein wenig Abwechslung gebrauchen, um mit der Situation fertig zu werden. Und sie freut sich, etwas Zeit mit ihrer Lieblingscousine zu verbringen. Du hast doch nichts dagegen?“
„Natürlich nicht. Danke, Rashid. Das ist wunderbar. Wir können Nächte durchplaudern. Ich hätte mich nie getraut, sie zu dir einzuladen, aber wenn du so großzügig bist, freue ich mich.“ Sie küsste ihn auf die Wange.
„Wir fahren kurz bei deiner Mutter vorbei, dann kann Bridget packen.“
Francesca sah auf die Uhr. „Aber unser Flug …“
„Den habe ich schon verschoben.“
„Es tut mir leid, wenn es meinetwegen Terminschwierigkeiten gibt“, erklärte Bridget unsicher. „Soll ich nicht doch lieber hierbleiben?“
Rashid blickte sie ernst an. „Es wäre mir eine Ehre, Sie als meinen Gast in Aboul Sari begrüßen zu dürfen.“
Sobald sie in der Luft waren, ging alles schnell. In dem kleinen Flugzeug hatte sie einen wunderschönen Blick über die Hügel der Toskana und die italienische Küste, bevor sie sich nach Süden wandten.
Rashid und Francesca saßen im Cockpit und lachten. Bridget beneidete ihre Cousine. Warum nur war sie selbst so schüchtern? Sie betrachtete Rashid. Wie gerne sie vorn im Cockpit säße und zusehen würde, wie er den Flieger steuerte. Wann immer er wollte, konnte er jedes beliebige Ziel ansteuern, so wie andere Leute mit dem Auto unterwegs waren.
Meinte ihre Cousine es ernst mit ihm? Francesca hatte noch nie von Ehe und Familie gesprochen. Hatte sich das mit ihrem dreißigsten Geburtstag geändert? Ab einem gewissen Alter war die Karriere eines Models beendet. Immer rückten jüngere Konkurrentinnen nach. Nicht, dass eine davon hübscher wäre als Francesca, dachte Bridget loyal. Aber sie fragte sich, ob ihre Cousine sich um ihre Zukunft sorgte. Vielleicht wollte sie heiraten und ihre Karriere auf der Höhe ihres Erfolges an den Nagel hängen?
Bridget selbst sehnte sich nach einem Mann, den sie aus Liebe heiraten würde. Dennoch würde sie nicht den Erstbesten nehmen, nur weil ihr Vater nun tot war und sie sich verletzlich fühlte. Andererseits war sie schon sechsundzwanzig.
Erschöpft schloss sie die Augen. Vielleicht würde sie in Rashids Land Energie tanken und ihr Gleichgewicht wiederfinden können. Außerdem würde es interessant sein, den Freund ihrer Cousine näher
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