"Träume aus 1001 Nacht" 6
Bridget meiner Großmutter vorstellen, bevor wir essen. Wir sehen uns gleich.“ Dann legte er eine Hand unter Bridgets Ellbogen. „Kommen Sie.“
Die anderen Gäste winkten Rashid zu, als dieser Bridget zu einem Stuhl führte, in dem eine ältliche Dame ganz in Schwarz saß. Erhaben sah sie in den Garten hinaus.
„Großmutter, darf ich dir meinen Gast, Bridget Rossi, vorstellen? Bridget, das ist die Mutter meiner Mutter, Salina Al Besoud.“
Die alte Dame lächelte ihren Enkel an und musterte dann Bridget. „Rossi? Verwandt mit Francesca?“
„Sie ist meine Cousine.“
„Hm.“
Bridget blinzelte. Normalerweise sagten die Leute ihr immer, wie glücklich sie sich schätzen konnte, Francescas Cousine zu sein.
„Freut mich, Sie kennenzulernen“, sagte Bridget förmlich.
„Wie lange bleiben Sie?“ Die Dame erhob sich und griff dann nach Rashids Arm.
„So lange, wie sie möchte. Bridget hat eben erst ihren Vater beerdigt. Ich dachte, etwas Zeit mit ihrer Cousine wird ihr guttun.“
„Ah, und Sie sind aus Amerika. Erzählen Sie mir von Ihrem Zuhause. Stimmt es, dass in San Francisco immer die Sonne scheint?“ Bald waren sie in ein angeregtes Gespräch vertieft, und so freute sich Bridget, dass sie bei Tisch zwischen Salina Al Besoud und Francesca saß.
Rashid stellte sie den anderen Gästen vor. Jack und Marie begrüßten sie wie alte Freunde. Charles Porter nickte nur kurz. Elizabeth Wainswright, die Francesca gegenübersaß, machte einen unglücklichen Eindruck. Zu Bridgets Erleichterung sprachen alle Englisch.
„Jack, Charles und ich sind in England zusammen zur Schule gegangen. Wir treffen uns, wann immer es die Zeit erlaubt“, erklärte Rashid.
Im Laufe des Gesprächs wurde Bridget jedoch nur allzu klar, dass sie, obwohl alle dieselbe Sprache sprachen, nichts zu den Gesprächsthemen beizutragen hatte. Sie hörte zu, wie Francesca ihre amüsanten Geschichten aus der Haute Couture zum Besten gab. Elizabeth erzählte von ihren Plänen, Paris zu besuchen, wenn sie Aboul Sari verließ.
Jack sprach nur über Polo. Schließlich forderte er die Männer zu einem Poloturnier heraus, bei dem die anderen Gäste zuschauen könnten.
„Sie sind still“, bemerkte Rashids Großmutter, als sich das Essen dem Ende zuneigte.
Bridget lächelte. „Ich habe nichts beizutragen.“
Die ältere Dame musterte sie und sah sich dann in der Runde um. „Das geht allen hier so. Sie reden nur, um sich selbst reden zu hören.“
Bridget verkniff sich ein Kichern. Jacks Bemerkungen konnten tatsächlich so interpretiert werden. Charles sagte wenig und starrte nur Francesca an.
Es wurde abgemacht, dass ein Polomatch stattfinden sollte, solange die Gäste noch im Hause weilten. Bridget freute sich darauf und fragte sich, ob sie irgendwo ein Buch über Polo finden würde, damit sie wenigstens die Grundregeln begriff.
„Mögen Sie Polo?“, fragte Rashids Großmutter.
„Ich habe noch nie ein Spiel gesehen, aber es hört sich interessant an.“
„Womit verbringen Sie Ihre Zeit?“
„Ich bin Bibliothekarin.“ Bridget nippte an ihrem Glas.
„Wollen Sie mir von Ihrem Vater erzählen?“
Einen Moment schwieg Bridget, dann berichtete sie Madame Al Besoud von dem Tod ihres Vaters, wie Rashid sie nach der Beerdigung eingeladen hatte und davon, dass sie Mo versprochen hatte, ihm am nächsten Tag vorzulesen.
„Vielleicht könnten Sie mir auch vorlesen?“, bat die alte Dame. „Ich spreche zwar Englisch, aber mit dem Lesen tue ich mich schwer. Eine Freundin hat mir ein Buch geschickt, und ich würde ihr gerne endlich schreiben, wie es mir gefallen hat.“
„Es wäre mir ein Vergnügen.“
„Kommen Sie doch nach dem Essen morgen in mein Apartment. Es sei denn, sie machen gerne einen Mittagsschlaf.“
„Nein, das geht schon.“ Bei dem Gedanken, jeden Tag ein Mittagsschläfchen zu halten, musste Bridget lächeln. Mit ihrer Arbeit und der Pflege ihres Vaters war sie viel zu beschäftigt gewesen. Plötzlich fiel ihr ein, dass sie ihren Vater nie wieder pflegen würde.
Rashids Großmutter tätschelte ihr die Hand. „Der Kummer wird schwächer mit der Zeit.“
Bridget blinzelte die Tränen fort. „Ich weiß. Meine Mutter starb vor ein paar Jahren. Ich vermisse sie immer noch, es tut nur nicht mehr so weh. Allerdings hatte ich da auch noch Dad, und ich weiß, ich werde sein Lachen nie mehr hören, seine Umarmung nie mehr spüren … und das ist mehr, als ich ertragen kann.“
„Ich vermisse meinen Vater immer
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