"Träume aus 1001 Nacht" 6
oben und sahen sich ein Bilderbuch an, das Bridget auf dem Schoß hielt.
„Was machen Sie denn da oben?“, rief er.
Mo blickte zu ihm hinunter. „Hallo, Vater. Bridget und ich erforschen den Garten, und da haben wir diesen Geheimplatz gefunden.“
Bridget lachte ihn zwischen den Blättern hindurch an. „Keine Sorge, er sitzt hier ganz sicher. Und so hoch ist es nicht.“
„Und eine einfache Parkbank hätte es nicht getan?“
„Wo bleibt Ihr Sinn fürs Abenteuer? Hätten Sie als Fünfjähriger nicht auch lieber in einem Baum gesessen als auf einer Bank?“
Rashid starrte Bridget an. Was hatte er überhaupt getan, als er fünf war? Ganz sicher war er nicht auf Bäume geklettert. Er hatte einen Hauslehrer gehabt und hatte seine Zahlen und Buchstaben gelernt.
„Vielleicht haben Sie recht. Können Sie jetzt herunterkommen? Es ist gleich Essenszeit.“
„Ein wenig Hilfe könnten wir schon gebrauchen“, gab Bridget zu und sah auf den Bücherstapel. „Kann ich Ihnen die Bücher zuwerfen?“
„Natürlich.“
Er fing die Märchenbücher auf und legte sie auf den Boden. Dann hob er seinen Sohn herunter und stellte ihn auf die Füße. „Du bringst die Bücher hinein. Schaffst du das?“
Dann streckte Rashid Bridget die Arme entgegen, um ihr vom Baum zu helfen.
Sie landete, die Hände auf seinen Armen, seine Hand an ihrer Taille. Einen Moment starrten sie einander an, unfähig, ihre Blicke voneinander zu lösen.
Rashid sehnte sich danach, die weichen Kurven ihres weiblichen Körpers an seinem zu spüren. Er wollte die Süße ihres Mundes kosten, herausfinden, ob das Verlangen, das ihn für sie erfüllte, vergänglich oder ewig wäre. Erst gestern hatte er sie kennengelernt, und doch fühlte er sich von ihr angezogen wie seit Langem von keiner Frau mehr. Seit Fatima.
Langsam zog er sie näher an sich.
„Können wir morgen weiterlesen, Bridget?“, fragte Mo in die Stille hinein. Er sah vertrauensselig zu ihr auf.
Rashid taumelte einen Schritt zurück. Wie hatte er vergessen können, dass Mo neben ihm stand?
„Vielleicht hat Bridget morgen andere Dinge zu tun“, gab er zu bedenken und vermied dabei, sie anzusehen. Hoffentlich sah sie nichts Unschickliches darin, wie er ihr vom Baum geholfen hatte.
„Wenn dein Vater keine Pläne für seine Gäste hat, dann sehe ich keinen Grund, warum wir nicht lesen sollten. Ich gebe dir Bescheid, bevor du schlafen gehst, in Ordnung?“ Bridget schenkte Mo ein warmes Lächeln, und Rashid wünschte, sie würde ihn einmal so anlächeln.
„Na gut.“
Liebevoll knuffte Rashid seinen Sohn in die Schulter. „Und was sagst du zu Bridget, weil sie dir so schön vorgelesen hat?“
„Danke!“ Mo strahlte. „Es hat mir so viel Spaß gemacht, am liebsten würde ich es jeden Tag tun.“
„So geht es mir auch.“
Rashid glaubte, einen bitteren Unterton in ihrer Stimme zu vernehmen. Frauen mochten Abenteuer und Unterhaltung und gaben sich nicht freiwillig mit kleinen Jungs ab. Was für ein Spiel spielte sie also?
„Lauf schon mal vor zu Alaya, Mo, sie hat dein Essen sicher schon fertig.“
„Okay, tschüs, Bridget.“ Der Junge umarmte Bridget überschwänglich und flitzte mit den Büchern im Arm davon.
„Okay?“ Rashid sah sie fragend an.
„Das Wort hat er von mir gelernt. Er lernt gern.“ Sie strich sich den Rock glatt. „Wenn ich das nächste Mal auf einen Baum klettere, ziehe ich mir etwas Passenderes an.“ Sie sah Rashid an. „Ich werde sowieso ein paar andere Kleider brauchen. Meinen Sie, jemand könnte mich in die Stadt begleiten, damit ich etwas einkaufen kann?“
„Ich werde Ihnen einen Wagen zur Verfügung stellen.“
„Danke schön. Ich dachte, vielleicht hat Francesca Lust mitzukommen.“
„Marie und Elizabeth hätten sicher auch Freude daran, die Boutiquen zu durchstöbern.“
Als sie zögerte, wusste er instinktiv, dass sie lieber mit ihrer Cousine allein sein wollte. „Nein, nur Francesca. Vielleicht morgen. Ich muss morgen ins Büro in der Stadt, da könnte ich Sie beide dort absetzen und später wieder einsammeln. Oder ich lasse Sie von meinem Fahrer abholen.“
Bridget strahlte ihn so glücklich an, dass er wünschte, er hätte ihr mehr anzubieten. Wie würde sie wohl lachen, wenn er ihr ein Brillantcollier schenkte?
„Danke. Das wäre wunderbar. Ich spreche mich mit Francesca ab. Außerdem freue ich mich, etwas von der Stadt kennenzulernen. Wir sind gestern so schnell hindurchgefahren, dass ich kaum etwas gesehen habe.“ Sie
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