"Träume aus 1001 Nacht" 6
dass er nicht allein aus Höflichkeit darauf bestehen wird, dass du bleibst.“
Francesca zählte auf. „Erstens: Am Anreiseabend kamt ihr beide zu spät in den Salon. Zweitens: Du und er, ihr wart gestern zusammen im Garten. Ihr habt zwar gesagt, du hättest Mo vorgelesen, aber ich konnte keinen kleinen Jungen entdecken. Drittens: Gestern Abend wart ihr beide so lange bei seiner Großmutter, bis wir Rashid zum Kartenspielen gerufen haben.“
„Du siehst Gespenster. Bei jeder dieser Gelegenheiten haben wir nur sehr wenig Zeit miteinander verbracht.“ Ihre Unterhaltungen waren bedeutungslos gewesen.
Zumindest für Rashid. Bridget sah aus dem Fenster. Ihre Vorfreude auf das Einkaufen mit Francesca war verflogen. Sie würden nur so wenig Zeit miteinander haben, dass es vielleicht besser wäre, lieber in ein Café zu gehen und sich zu unterhalten. Aber Francesca schwärmte bereits wieder von den Kleidern und der Boutique.
„Ich bin nicht hier, um Zeit mit Rashid zu verbringen, sondern mit dir. Ich bin froh, dass wir beide einkaufen gehen. Zuerst hatte ich befürchtet, Marie und Elizabeth könnten sich uns anschließen. Du bist die Expertin, und ich hoffe, du kannst mir ein paar Tipps geben“, sagte Bridget.
„Überlass das nur mir. Du bekommst ein ganz besonderes Kleid für den Empfang nächste Woche.“ Francesca drückte Bridgets Hand.
„Was für ein Empfang?“
„Der Staatsempfang. Dazu hatte er uns eingeladen. Sein Vater ist der Gastgeber, und er erwartet einen Abgesandten eines Staatschefs. Ich schätze, es werden Offizielle wichtiger Länder zugegen sein und natürlich die Elite von Aboul Sari. Da ich nicht da bin, wirst du die Familie repräsentieren müssen. Es wird dir gefallen.“
Bridget starrte ihre Cousine an. Sie dachte an den letzten Empfang, an dem sie teilgenommen hatte. Mit Richard Stewart, dem Mann, mit dem sie damals ausging. Er hatte sich um die Teilhaberschaft bei der Konkurrenzfirma seines Unternehmens beworben, und sie waren zu einem sehr formellen Anlass bei dem Geschäftsführer zu Hause eingeladen gewesen.
Schon bei der Erinnerung an diesen Abend lief es Bridget kalt den Rücken hinunter. Richard war außer sich gewesen vor Zorn, als ihr dieses Missgeschick unterlaufen war. Dabei hatte sie nicht, wie er ihr unterstellt hatte, versucht, seine Chancen zu ruinieren. Jemand hatte sie angerempelt, und ihr war das Rotweinglas aus der Hand geglitten.
Vergeblich hatte sie versucht, ihm alles zu erklären, doch er wollte ihr nicht zuhören. Die Gastgeberin hatte sich noch weniger verständnisvoll gezeigt. Sie hatte Bridget das Gefühl gegeben, sehr ungeschickt und unfähig zu sein. Weißes Kleid, weißes Sofa, weißer Teppich und überall Rotweinflecken …
Seitdem mied Bridget wichtige Anlässe wie diesen. Ihre Cousine dagegen war allein von der Vorstellung ganz aus dem Häuschen.
„Ich bekomme bestimmt einen Nervenzusammenbruch.“ Mit Richards Schimpftirade im Kopf würde sie sich auf keinem Empfang mehr wohlfühlen können.
Doch Francesca winkte ab. „Es wird dir Spaß machen. Lebe doch mal. Der Alltag kehrt schon früh genug wieder ein. Wie lange wird es dauern, bis du hier mal wieder Urlaub machst? Genieße es!“
Das war es ja gerade. Dieser Urlaub war wie ein Märchen, das sie ganz und gar gefangen hielt. Zwar vergaß sie den Tod ihres Vaters darüber nicht, aber sie gewann Abstand, sodass sie weiterleben konnte.
Heute Morgen hatte sie Mo versprochen, ihm nach dem Einkaufen wieder vorzulesen. Sie würde Rashid fragen, ob der kleine Junge schwimmen konnte. Dann könnten sie an den Pool gehen und im Wasser spielen. Das würde ihr viel mehr Freude bereiten, als tatenlos in der Sonne zu liegen. Dabei käme sie nur auf traurige Gedanken.
Die Limousine hielt vor der Boutique, und der Chauffeur geleitete Francesca und Bridget hinein.
„Herzlich willkommen.“ Eine kleine Frau trat ihnen entgegen und verneigte sich zum Gruß. „Es ist mir eine Ehre, dass Sie meinen Laden besuchen.“ Sie lächelte Francesca an.
„Ich habe meine Cousine mitgebracht“, erklärte Francesca und ging zu den eleganten Zweisitzern in der Mitte des Raums. An der Wand hingen mehrere Kleider, aber ansonsten sah der Laden ganz anders aus als die Geschäfte, in denen Bridget normalerweise einkaufte.
Bridget setzte sich Francesca gegenüber. Gab es hier nur das halbe Dutzend Kleider, das an der Wand hing? Keines war für sie geeignet.
„Wir suchen etwas für meine Cousine. Sie ist unerwartet
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