"Träume aus 1001 Nacht" 6
stöhnte. „Wenn ich ein Vermögen ausgeben wollte, würde ich es tun. Allerdings müsste ich dafür ein Jahr hungern.“
„Armer Junge.“
„Nicht arm. Nur nicht in Rashids Größenordnung.“
„Das sind auch die wenigsten“, steuerte Charles bei.
Noch eine Kluft zwischen ihnen, dachte Bridget. Sie musste alle Gefühle, die sie für Rashid hegte, im Keim ersticken.
Der Palast war hell erleuchtet und die Auffahrt von Autos und Limousinen gesäumt, aus denen elegant gekleidete Menschen stiegen. Einige Pärchen standen am Eingang und unterhielten sich. Andere traten durch die von uniformierten Bediensteten aufgehaltenen Flügeltüren.
Bridget sog den Anblick in sich auf. Später wollte sie sich an jede Einzelheit erinnern können. Sie fühlte sich wie Cinderella auf dem Ball des Prinzen.
Hoch erhobenen Hauptes folgte sie den anderen in die Eingangshalle und reihte sich in die Schlange der Gäste, die Seine Exzellenz Scheich Mohammedan Al Halzid, seine Gattin, seine drei Söhne und die Abgesandten begrüßen wollten. Außer Rashid kannte Bridget keinen von ihnen. Aber es bestand eine große Ähnlichkeit zwischen den Familienmitgliedern.
Nachdem die Begrüßungszeremonie vorüber war, trat Bridget in den prunkvoll geschmückten Saal. Charles und Elizabeth stießen zu ihr. „Das ist fantastisch“, schwärmte Charles und ließ den Blick schweifen. „Ich habe Rashid schon oft besucht, aber so festlich war es noch nie.“
In diesem Moment trat ein Mann in Livree auf sie zu. „Miss, Ihre Anwesenheit wird gewünscht.“
„Meinen Sie mich?“
„Wenn Sie mich bitte begleiten mögen?“ Er bot ihr seinen Arm. Bridget nahm ihn und schritt mit dem Diener durch die Menge, bis sie schließlich zu Madame Al Besoud kamen. Diese unterhielt sich gerade angeregt mit zwei sehr elegant wirkenden Frauen.
Der Mann verneigte sich und ging.
„Danke.“ Madame Al Besoud legte den Arm um Bridget. „Meine Tochter Sadi und Rashids Cousine Yasmin. Das ist unser amerikanischer Gast, von dem ich euch erzählt habe, Bridget Rossi.“
„Freut mich, Sie kennenzulernen.“ Bridget streckte ihre Hand aus, die Sadi mit einem strahlenden Lächeln nahm.
„Ich war einmal in San Francisco“, erklärte sie. „Es war wunderschön, nur der eisige Nebel hat mir zugesetzt.“
Bridget lachte. „Ja, es kann ganz schön kalt werden. Aber wir bezeichnen den Nebel auch als die ‚Klimaanlage von Mutter Natur‘. Rashid hat mir freundlicherweise Aboul Sari gezeigt. Ich mag die Oasen, aber die Wüste ist mir zu heiß.“
„Mir auch. Hat er Sie auch mit zum Basar genommen?“, wollte Yasmin wissen.
Als Bridget den Kopf schüttelte, fuhr die junge Frau begeistert fort: „Dann lassen Sie uns zusammen hingehen. Ich zeige Ihnen die besten Stände mit den schönsten Stoffen.“ Bald saßen Yasmin und Bridget nebeneinander und waren in ein interessantes Gespräch versunken. Immer wieder kam ein Kellner und bot ihnen Getränke und Häppchen an, Bridget lehnte jedoch stets ab.
Schließlich fragte Yasmin nach dem Grund. „Ich sterbe vor Hunger, aber ich nehme erst etwas, wenn Sie auch möchten. Machen Sie eine Diät oder so etwas?“
„Nein. Ich habe nur Angst, etwas zu verschütten.“ Ohne zu zögern, erzählte sie Yasmin die Geschichte von Richard und dem verpatzten Abend. Irgendwie musste sie jetzt selbst darüber schmunzeln.
„Der nächste Tanz gehört mir“, sagte Rashid, der unerwartet neben ihnen aufgetaucht war.
Überrascht sah Bridget auf. Niemand tanzte.
„Ich wusste nicht, dass hier getanzt wird.“
„Doch. Im Ballsaal nebenan.“ Er begrüßte seine Cousine. „Wo ist Mikeil? Es wundert mich, dass ihr getrennt seid.“
„Ja, es fällt uns schwer, aber wir werden es überleben. Dein Vater hat irgendetwas mit ihm zu besprechen. Er wird mich schon finden, wenn er fertig ist.“
„Zweifellos. Darf ich dir trotzdem Bridget entführen?“
„Das ist ihre Entscheidung, aber ich wüsste nicht, warum sie mit dir gehen sollte, wenn sie sich doch so nett mit mir unterhalten kann“, sagte Yasmin kokett.
Rashid bot Bridget seine Hand, und sie legte die ihre hinein. Lächelnd erhob sie sich. „Es war wunderbar, Sie kennenzulernen. Bitte rufen Sie mich an, wenn Sie wirklich mit mir zum Basar gehen wollen.“
Yasmin stand auch auf. Sie küsste Rashid auf die Wange. „Ich mag deinen Gast. Sie sollte öfter kommen, ihr passt gut zusammen. Ich sorge dafür, dass Mikeil dich begrüßt, bevor der Abend vorbei ist.“
Rashid nickte
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