"Träume aus 1001 Nacht" 6
kennenlernte, desto mehr erlag er ihrem Charme. Lag es vielleicht an ihrem wachen Verstand? An dieser Art, von einem Thema zum anderen zu wechseln und immer fröhlich und heiter zu sein? Oder waren es diese Blicke, die sie ihm verstohlen zuwarf? Vielleicht aber reizte ihn ganz besonders ihre zurückhaltende Art, mit der sie ihm zu verstehen gab, dass sie es nicht auf seinen Reichtum abgesehen hatte.
Hatte Piers etwa recht, und Sara rief Gefühle in ihm wach, die er sich nicht eingestehen wollte? Dabei hatte sie bis jetzt doch nicht einmal den Versuch unternommen, ihn zu verführen.
Auch Sara zog sich um. Lange hatte sie darüber nachgedacht, wie sie sich für diesen besonderen Abend kleiden sollte. Schließlich hatte sie sich für ein leichtes Sommerkleid entschieden, das ihre weiblichen Formen vorteilhaft betonte.
Sicher, die Ehe war zunächst nur als kühle Abmachung geschlossen worden, doch hatte sich mit der Zeit mehr daraus entwickelt. Was würde wohl geschehen, wenn der Vertrag unterschrieben war? Ob Kharun sie dann weiterhin sehen wollte?
Auf einmal verspürte sie einen schmerzhaften Stich. Was sollte sie tun, wenn für ihn die Geschichte zu Ende wäre? Nachdenklich trug sie ein wenig Parfum auf und verließ dann das Zimmer, um nach unten zum Essen zu gehen. Es war eine sehr romantische Szene. Der Tisch war auf einer weiten Terrasse gedeckt. Aus der Ferne hörte man das Meer rauschen. Vom Garten her stiegen betörende Blütendüfte hoch. Und Aminna hatte auch die Kerzen nicht vergessen.
Kharun kam auf Sara zu und sagte sanft: „Du siehst hinreißend aus.“ Damit rückte er ihr einen Stuhl zurecht. Als Sara Platz nahm, fuhr er fort: „Jetzt sollten wir erst einmal etwas essen, dann machen wir unseren Spaziergang.“
Sara genoss jede einzelne Sekunde dieses wundervollen Abends. Das Essen war köstlich, die Stimmung heiter und gelassen. Und was würde nachher am Strand passieren? Ob Kharun sie wieder küssen würde? Er erzählte von seinen Besuchen in den Vereinigten Staaten. Und dann kamen sie auf Paris zu sprechen. Lachend stellten sie fest, dass sie die gleichen Vorlieben hatten. Reiten, Reisen, Land und Leute, das alles faszinierte sie. Trotz der lockeren Unterhaltung wurde Sara immer gespannter, da sie wieder und wieder an den bevorstehenden Spaziergang am Meer denken musste. Sie würden allein sein. Nur sie und Kharun.
Er schaute sie nachdenklich an und fragte: „Was ist mit dir?“
„Nichts.“ Es sah nicht so aus, als wäre er sehr zufrieden mit dieser Antwort. Deshalb fuhr sie rasch fort: „Ich denke viel an die Pläne, die Tamil und ich heute ausgearbeitet haben. Morgen fahre ich in die Stadt, um weiter an dem Projekt zu arbeiten. Ich kann es kaum erwarten.“
Er nickte und fragte unvermutet: „Möchtest du jetzt an den Strand gehen?“
„Ja, gute Idee.“ Dabei klang ihre Stimme belegt. Am Himmel stand der Vollmond. Sie gingen den schmalen Weg entlang und kamen wenig später zu dem hellen Strand. Sara blieb stehen. „Ich gehe lieber barfuß.“ Auf einmal umfasste Kharun ihren Arm. Sara erschauerte. Sie erkannte die Gegend kaum wieder. Alles machte jetzt einen geheimnisvollen Eindruck. Das Meer schien beinah schwarz. Auf den Wellen bildeten sich silberne Schaumkronen. Das alles war schrecklich aufregend. Und romantisch. Sara schob sich etwas dichter an Kharun.
„Ich käme jede Nacht hierher, wenn ich in deiner Villa wohnen würde“, flüsterte sie.
„Du lebst doch hier.“
„Ja, aber nur vorübergehend. Wie steht es mit den Verhandlungen?“
Er zögerte einen Augenblick, dann antwortete er: „Es geht gut voran. Wie sieht dein Vater das?“
„Ich weiß nicht. Seit unserer Hochzeit haben wir kein einziges Mal miteinander gesprochen. Heute Morgen hatte ich noch einmal meine Mutter am Telefon. Wir haben uns für morgen Abend zum Essen verabredet, wenn du damit einverstanden bist. Hoffentlich stört das bei den Verhandlungen nicht, wenn du Vater privat triffst.“
„Nein, wir sind schließlich keine Feinde. Und wir wollen beide den Vertrag.“
„Mum mag es aber nicht, wenn bei Tisch noch über Geschäfte verhandelt wird.“
„Da hat sie auch ganz recht. Ich freue mich schon darauf, sie kennenzulernen. Machst du dir Sorgen?“
„Ein bisschen schon. Was ist, wenn Mum Verdacht schöpft?“ Sara seufzte. „Sie wäre sicher schrecklich enttäuscht. Mum und Dad sind sehr froh, sie glauben, dass ich glücklich bin. Weißt du, lange Zeit haben sie geglaubt, dass ich niemals
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