"Träume aus 1001 Nacht" 6
Anruf hat länger gedauert, als ich erwartet hatte. Meine Mutter muss gleich los, da sie noch andere Verabredungen hat, und sie möchte vorher mit dir über den nächsten Fototermin sprechen.“
„Meinst du, dass ich wirklich genug Talent habe, um solche Aufnahmen zu machen? Vielleicht sollte das lieber ein Profi übernehmen.“
„Ich denke, du hast die nötige Ausrüstung. Technisch gesehen gibt es also keine Probleme. Den Unterschied macht das Auge des Fotografen. Und ich finde, du hast bewiesen, dass du sehr interessante Blickwinkel finden kannst. Also, mach weiter so.“
„Danke, Kharun, das Kompliment tut mir gut.“
„Freut mich. Dann geh rasch zu Angélique, ich muss mich an die Arbeit machen. Aber wie wäre es mit einem Ausritt heute Nachmittag? Sagen wir, gegen fünf?“
„Ich freue mich jetzt schon darauf.“
Der Tag verging rasend schnell. Sara machte sich mit Angélique auf den Weg zum Bürogebäude der Familie in der Innenstadt von Staboul City. Der hohe Komplex ganz aus Stahl und Beton war schon von Weitem zu sehen. Im obersten Stockwerk hatte Jasmine ihr Büro. Lächelnd begrüßte sie Sara und begann: „Mutter hat mir gesagt, dass Sie bei unserem Projekt mitmachen wollen, um den Tourismus hier im Land anzukurbeln.“
Sara schaute sich staunend in dem weitläufigen Büro um. Sie war fast neidisch auf Jasmine, da sie selbst bei der Zeitung nur eine winzig kleine Kammer gehabt hatte. Dort hatte sie weder den traumhaften Ausblick wie Jasmine noch die eleganten schwarzen Ledermöbel. Und auf dem Boden lag ein wunderbarer Orientteppich.
„Stimmt. Ich möchte gern daran teilnehmen, aber offen gestanden kenne ich mich nicht gut damit aus.“
Jasmine lachte auf. „Ich mich auch nicht! Aber dieses Vorhaben hat meinem Vater sehr am Herzen gelegen. Kharun und ich haben das Thema immer wieder bei unserem Onkel angesprochen, aber ihn interessiert es nicht. Schließlich hat er uns gesagt, dass wir tun und lassen können, was wir wollen. Das ist schon mal nicht schlecht, nur haben wir nicht die geringste Vorstellung, wie wir vorgehen sollen. Zurzeit arbeitet nur ein Mitarbeiter an dem Vorhaben. Deshalb brauchen wir Sie ja, Sara. Sie können uns doch genau sagen, was die Amerikaner mögen.“ Die beiden Frauen nahmen Platz. „Und noch etwas“, fuhr Jasmine fort. „Wenn wir zusammenarbeiten, sollten wir uns duzen, oder?“
„Mit Vergnügen“, erwiderte Sara. Sie mochte Jasmine. „Deine Mutter meinte auch, dass ich eine wichtige Ratgeberin sein könnte. Aber ich muss eingestehen, dass ich niemals etwas von diesem Land gehört habe, bevor mein Vater sich aus geschäftlichen Gründen dafür interessiert hat.“
Jasmine schnitt ein Gesicht. „Das geht wohl nicht nur dir so. Es wird Zeit, dass wir das ändern. Komm, ich stelle dir Tamil vor, der an dem Projekt arbeitet.“ Sara ließ sich von Jasmines Begeisterung anstecken. Das erste Mal, seitdem sie voller Vorfreude den Job bei der Zeitung angenommen hatte, war sie aufgeregt bei der Vorstellung, wieder zu arbeiten. Doch stellte sie sich immer wieder die Frage, was genau sie zu tun haben würde. Schließlich würde sie nicht lange in diesem Land bleiben. Auch Jasmine wusste, dass ihre Ehe mit der Unterzeichnung des Vertrages endete. Doch bevor sie ihre Bedenken äußern konnte, führte Kharuns Schwester sie schon zu Tamil.
Sara war erleichtert, als sie feststellte, dass der Mitarbeiter Englisch sprach. Das würde die Arbeit einfacher machen. Nach wenigen Stunden, die sie diskutierten, hatte Sara eine ganze Fülle von Ideen ausgearbeitet. Sie hatten verschiedene Strategien durchgesprochen und sich dann für eine neue Sitzung in wenigen Tagen verabredet. Anschließend hatte Angéliques Chauffeur sie zu der Villa zurückgebracht. Sie klingelte an der Tür, und eine Hausangestellte machte ihr auf.
Rasch ging Sara in ihr Zimmer hinauf. Wenn sie rechtzeitig zum Ausritt fertig sein wollte, musste sie sich beeilen. Dabei gingen ihr immer wieder die zahlreichen Vorschläge durch den Kopf, von denen sie berichten wollte. Sara musste lachen. Es war ja beinah so, als ob sie ein richtiges Ehepaar wären, bei dem sich die Partner erzählten, wie sie den Tag verbracht hatten. Nur Kharun verriet wenig von seiner Arbeit. Ob er wohl immer noch fürchtete, sie könnte eine Spionin sein? Aber das war doch unsinnig. Vielleicht sollte sie versuchen …
Was eigentlich? Sie setzte sich auf die Bettkante. Was wollte sie in Wirklichkeit? Kharun besser kennenlernen?
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