Traeume aus der Ferne
sie mich ein. »Sag mal, du legst es heute wohl darauf an, mich bloßzustellen und zu provozieren, oder?« fauchte sie mich an.
»Was ist denn nun schon wieder?« fragte ich mit gereizter Stimme. »Du wolltest gehen, also bin ich aufgestanden und gegangen. Wo ist dein Problem?« Heute nicht, liebe Franziska. Heute Nacht wirst du mich nicht wieder um den Finger wickeln.
»Nun sei nicht albern. Du weißt genau, dass wir uns erst noch von einigen Leuten verabschieden müssen. Reiß dich gefälligst noch ein paar Minuten zusammen, bevor du hier wieder einmal den Aufstand probst.« Franziska griff wütend nach meiner Hand, um im nächsten Moment ein Lächeln für die Gastgeberin aufzusetzen.
Ich ließ die üblichen Abschiedsfloskeln mit einem Gefühl steigender Übelkeit über mich ergehen. Das war ein wundervoller Abend, wie haben Sie das alles so reibungslos über die Bühne gebracht, Ihre Partys sind bekannt für ihr stilvolles Ambiente.
Auch diese Minuten der Qual brachte ich mit einigem Anstand hinter mich, trotzdem war ich mir sicher, dass Franziska wieder an irgendeinem Wort oder einer Geste von mir Anstoß nehmen würde.
Minutenlang hielt das Schweigen an, als wir nebeneinander im Auto saßen. An Franziskas rasantem Fahrstil konnte ich unschwer erkennen, dass sie innerlich brodelte. Ich betete, dass sie ihren Ärger hinunterschlucken würde, denn nach einer erneuten Diskussion hatte ich nun wahrlich keine Lust mehr. Ich wollte wenigstens noch ein paar Stunden von dem Abend mit Linda zehren, und dafür wäre ein Streit mit Franziska das reinste Gift.
Es blieb mir natürlich nicht erspart.
»Mir schien, du hattest einen schönen Abend.«
Wieso nur klang dieser harmlose Satz bei Franziska wie eine Anklage?
Erwartete sie ernsthaft, dass ich mich dafür rechtfertigte?
Mir lag das Ja, Schatz, den hatte ich schon auf der Zunge. Aber meine Wut siegte im letzten Moment doch noch.
»In der Tat. Nach all den vielen langweiligen, sinnlosen, verplemperten Abenden mit deinen Geschäftsfreundinnen hatte ich endlich mal bei einem dieser Geschäftsessen ein wenig Spaß. Und, nur so nebenbei erwähnt, das hatte ich ganz sicher nicht dir zu verdanken«, schleuderte ich ihr entgegen.
»Oh, wir haben heute wohl unseren aufmüpfigen Tag«, erwiderte Franziska, ohne dabei eine Miene zu verziehen.
Demonstrativ griff ich zum Autoradio und drehte die Lautstärke noch weiter auf. Ruhe und Entspannung stellten sich langsam wieder ein, als meine Gedanken zu Linda wanderten. Es war ein Jammer, dass wir ein paar Minuten später in unsere Einfahrt einbogen.
Ich hielt mich auffallend lange im Bad auf, in der Hoffnung, dass Franziska schon schlafen würde, bis ich endlich ins Bett kam. Für einen Moment spielte ich mit dem Gedanken im Gästezimmer zu übernachten, doch ich verwarf ihn sofort wieder. Das Bett dort war sehr unbequem, zu unbequem, als dass mich Franziska so einfach aus meinem Schlafzimmer vertreiben konnte. Ich würde ihr auch auf eine andere Art klarmachen können, dass ich ihre Annäherungsversuche heute Nacht absolut nicht wollte. Wenn ihr trotz unseres Streits der Sinn nach Sex stand, so würde sie heute zum ersten Mal eine Abfuhr von mir bekommen.
»Na endlich«, wurde ich im Schlafzimmer begrüßt. Wie konnte ich auch annehmen, dass diese energiegeladene Frau einmal vor mir einschlafen würde.
Franziska folgt mir mit ihren Blicken, während ich zum Bett ging und mich unter der Bettdecke vergrub. Ich starrte die Decke an, ließ den Abend vor meinen Augen nochmals Revue passieren. Aus den Augenwinkeln konnte ich sehen, dass Franziska sich zu mir drehte. Noch ehe ich etwas sagen konnte, hatte sie bereits ihre Hand auf meine Brust gelegt.
»Gute Nacht!« Energisch zog ich an der Decke und drehte ihr den Rücken zu.
»Hey, Liebes, was hast du denn?« hauchte Franziska mir ins Ohr.
»Was ich habe? Du hast den Nerv, mich das zu fragen? Darf ich dich an etwas erinnern? Du bist böse auf mich, ich bin böse auf dich. In Fachkreisen nennt man das Streit. Es gibt zwei Möglichkeiten, damit umzugehen. Entweder, du lässt mich jetzt in Ruhe schlafen, und mit Ruhe meine ich, dass du auf deiner Seite des Bettes bleibst und ich auf meiner, oder ich gehe ins Gästezimmer.«
»Aber Liebes«, säuselte sie unbeeindruckt weiter. »Ich möchte mich doch noch bei dir dafür bedanken, dass du mitgekommen bist. Es hat mir wirklich sehr viel bedeutet. Weißt du . . .«
»Gut, das hast du hiermit getan«, unterbrach ich sie.
Weitere Kostenlose Bücher