Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Traeume aus der Ferne

Traeume aus der Ferne

Titel: Traeume aus der Ferne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Liebert
Vom Netzwerk:
beobachtet. Oft trafen sich unsere Blicke, und ich spürte, wie auch sie mich heimlich zu mustern schien. Wenn sie mich anlächelte, hatte ich das Gefühl, mir würde das Herz aufgehen. Ihre Augen verdrängten die Gedanken an Franziska in mir ebenso wie die Fragen nach dem Warum und was hier gerade geschah. Ich wusste nicht, wieso mich diese Frau, die ich kaum kannte, so tief berühren konnte. Ich wusste auch nicht, wieso ich kaum einen Gedanken an Franziska, die Frau, die ich seit Jahren zu lieben meinte, verschwendete.
    In Gedanken sah ich wieder Linda vor mir, wie sie mich keine Sekunde aus den Augen ließ, als sie mir vorher in der Eisdiele einen Löffel voll ihres Eises zum Kosten anbot. Ich hatte langsam nach ihrer Hand gegriffen und sie so gelenkt, dass das Eis in meinen Mund wanderte. Es war ein Wunder, dass das Eis nicht schon auf dem Löffel geschmolzen war.
    Ich räusperte mich und zwang mich, wieder in die Realität zurückzufinden.
    Was würde wohl geschehen, wenn ich meine Hand einfach auf Lindas Rücken legte? Oder wenn ich mein Bein sanft gegen ihres pressen würde? Was war nur los mit mir? Ich war doch sonst nicht so ein Draufgänger.
    Abrupt stand ich auf, um mich vor mir selbst zu schützen.
    »Rotwein?« fragte ich Linda.
    »Gerne«, antwortete sie mit ihrem strahlenden Zahnarzt-Frau-Lächeln.
    Linda streckte sich genüsslich auf dem Sofa aus und sah dabei auf ihre Uhr.
    »Was? So spät ist es schon?« rief sie aus. »Ist das normal, dass Franziska so lange arbeitet?«
    Ich blickte nur kurz von der Weinflasche, die ich gerade entkorkte, auf. »Ach, weißt du, wenn sie das Gefühl hat, es gibt etwas zu erledigen, dann tut sie das einfach. Da spielt es keine Rolle, ob es Wochenende oder mitten in der Nacht ist. Und sie zieht das dann auch durch, bis alles erledigt ist«, erklärte ich emotionslos.
    Für mich war das Alltag, ich kannte es nicht anders, auch wenn ich natürlich wusste, dass das nicht unbedingt normal war in einer Beziehung.
    »Annette, ich . . . ich muss dir unbedingt etwas sagen. Ich wollte das den ganzen Tag schon tun, aber . . .«, begann Linda stockend.
    »Ach, du großer Mist! Nun ist dieser idiotische Korken tatsächlich abgebrochen. Ich werde das mal schnell mit einer Not-OP in der Küche wieder in Ordnung bringen«, unterbrach ich sie.
    Ich kam gerade aus der Küche zurück, als Franziska zur Haustür hereinkam.
    Sie lächelte Linda und mich an. »Na, hattet ihr einen schönen Tag?« Franziska schien nicht im geringsten überrascht zu sein, Linda hier zu sehen.
    »Hat es euch etwa die Sprache verschlagen?« hakte Franziska nach, da weder Linda noch ich antworteten.
    »Ja, wir hatten einen sehr schönen Tag. Und wie ist es bei dir gelaufen?« brachte ich schließlich heraus. Doch Franziska schien mich gar nicht zu hören. Sie kramte in ihrer Tasche nach einem Geldschein und ging damit auf Linda zu.
    Auch Linda hatte das beobachtet. Sie hielt abwehrend ihre Hände hoch.
    »Nein, wir hatten das doch . . .«, setzte sie an.
    Gebannt beobachtete ich diese seltsame Szene. Franziska brachte es fertig, in ihrem eigenen Wohnzimmer wie eine Geschäftsfrau zu wirken.
    »Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Abend«, sagte sie bestimmt zu Linda.
    »Sei nicht so unhöflich«, unterbrach ich meine Freundin. »Linda und ich wollten gerade noch ein Glas Wein zusammen trinken.«
    »Das könnt ihr gern ein anderes Mal nachholen«, wies Franziska mich zurecht. »Ich finde, dass Linda ihre Schuldigkeit für heute getan hat.«
    Dabei hielt sie Linda den Geldschein vor die Nase.
    Ich verstand die Welt nicht mehr. Woher kannten sich die beiden Frauen, die sich vor meinen Augen ein Duell lieferten?
    »Hören Sie«, entgegnete Linda scharf und stopfte dabei demonstrativ ihre Hände in die Hosentaschen. »Ich habe Ihnen doch gestern schon gesagt, dass ich . . .«
    »Bitte!« Beim schneidenden Klang von Franziskas Stimme zuckten Linda und ich erschrocken zusammen. »Bitte, ich hatte einen harten Tag. Ersparen Sie mir Ihre Moralpredigt und nehmen Sie das Geld. Geschäft ist Geschäft.«
    Ich traute meinen Ohren nicht. »Ihr zwei macht Geschäfte?« fragte ich verdattert.
    »Nein, das tun wir nicht«, antwortete Linda schnell, bevor Franziska etwas sagen konnte.
    »Nennen Sie es, wie Sie wollen«, entgegnete Franziska mit ironischem Lächeln. Dann drehte sie sich zu mir um. »Ich habe Linda gebeten, dir etwas die Zeit zu vertreiben, wenn ich anderweitig beschäftigt bin«, erklärte sie

Weitere Kostenlose Bücher