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Traeume ernten

Traeume ernten

Titel: Traeume ernten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lidewij van Wilgen
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meinem eigenen Land gehe ich wie durch einen Traum: Es ist der Ort, an dem ich immer so alleine war, und jetzt habe ich einen Mann an meiner Seite, den ich liebe, der auch Wein herstellen möchte und sonst nichts. Ich schaue ihn aus den Augenwinkeln heraus an – sein leicht geöffnetes Hemd, seine gebräunte Brust, sein Haar, das im Wind flattert. Dann sieht er, dass ich ihn anschaue, er dreht seinen Kopf zu mir herum und lacht – einige erste Falten bilden sich in seinen Augenwinkeln.
    Laartje sitzt in einem Sonnenstrahl vor ihrem Puppenhaus. Ein Nachbar von Simone hat es für seine Enkel gebaut, die sich nicht dafür interessierten. Laartje ist an dem Haus festgewachsen, stundenlang stellt sie die Möbel um, räumt dann alles leer, um das Haus anschließend mit ihren Playmobil-Sachen auszustatten. Im Garten sucht sie winzige Beeren, die sie auf die Teller legt, sie macht Kleider aus Blättern. Beständig murmelnd führen die Puppen lange Diskussionen miteinander, von denen ich nur ab und zu ein Wort verstehe: »Mais non ma fille, ne me quittes pas!« – »Tant pis, t’as vendu mon cheval, là c’est trop tard!« Ich schaue Laartje unbemerkt an, sehe die Konzentration auf ihrem Gesicht, sie ist hier und auch wieder nicht. Dann muss ich sie aus ihrer Welt herausreißen, sie an den Tisch setzen, damit sie Hausaufgaben macht.
    Â»Nein Laartje, alors schreibt man mit einem s am Ende«, sage ich. Sie schaut kurz von ihrem Heft auf, zu mir. »Nein«, sagt sie, »das mache ich nicht. Das ergibt keinen Sinn. Alor, alor , hörst du ein s?«
    Laartjes Lehrerin hat zu einem Elternabend in die Schule eingeladen. Da sitzen sie nun, die Eltern aus dem Dorf, in sich zusammengesunken an den kleinen Tischen. Ich finde einen Platz neben einem dicken Mann in einer blauen Arbeitshose. Mit schreckhafter Unterwürfigkeit starrt er zu dem Mann hinüber, der da neben der Lehrerin vor der Tafel steht. Es ist nicht der Notar oder der Bürgermeister, aber immerhin, es ist der Direktor der Schule – die Obrigkeit.
    Und der Direktor ist sich seiner Wirkung bewusst. Ruhig beobachtet er sein Publikum, wirft einen korrigierenden Blick auf die Frau ganz vorne, die sich mit ihrer Nachbarin unterhält, dann beginnt er zu sprechen. »Dies ist ein wichtiger Moment im Leben Ihrer Kinder«, sagt er, »sie lernen lesen. Wir sollten ihnen dabei helfen.«
    Er wird uns wohl sagen, wie wichtig es ist, den Kindern vorzulesen und Kinderbücher anzuschaffen, und ich werde daran erinnert, dass ich Laartje tatsächlich ein wenig öfter vorlesen könnte. Doch er hat etwas anderes zu vermelden: »Wir wollen ehrlich sein, wer liest heutzutage eigentlich noch? Sie schauen natürlich vor allem Fernsehen, jeder schaut Fernsehen, wann ist der Fernseher überhaupt noch aus?« Links und rechts nicken die Eltern, natürlich, so ist es.
    Dann kommt der Direktor zum Kern seiner Ausführungen: Für die Kinder wäre es gut, wenn sie ihre Eltern ab und zu mit Lektüre in der Hand sehen würden. Es müsse ja nicht unbedingt ein Buch sein, eine Broschüre oder eine Zeitschrift würden es auch tun.
    Wir verlassen den Raum mit der Empfehlung, wenigstens einmal in der Woche die Sportzeitschrift zu kaufen. Als ich zwischen den heftig an ihren Zigaretten ziehenden Eltern nach draußen gehe, frage ich mich ernsthaft, wo ich meine Kinder aufwachsen lasse.

20
    Es war Winter, und es ist wieder Frühling, Pierre gibt es noch immer. Wenn wir zusammen sind, sind wir losgelöst von dieser Welt – weit von den anderen Menschen entfernt –; manchmal denke ich, dass unser Leben etwas Surreales hat.
    Jeden Morgen ist Pierre um sieben Uhr in seinen eigenen Weinbergen unterwegs, mittags setzt er sich zum Essen auf ein Stück Karton auf den Boden, dann arbeitet er bis acht Uhr abends, manchmal auch länger. Auch ich hocke gerade auf dem Boden und verspeise mein Brot, schaue zu dem Mann hinüber, der neben mir sitzt – die Sonne glänzt auf seinem Haar, hinter uns zirpen die ersten Grillen. Mit ruhigen Bewegungen schneidet er noch ein Stück Brot ab, streichelt mein Bein. Er sagt Dinge wie: »Je suis un homme de la terre« und »comme la mer, la terre rend humble« . Vielleicht ist das die Wahrheit, denke ich, weit weg von allem Materiellen und aller Arroganz, schließlich bin ich deshalb aus meinem früheren Leben weggelaufen.
    Als ich nach

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