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Träume in Kristall

Träume in Kristall

Titel: Träume in Kristall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasunari Kawabata
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Mädchenarm. Da erklang das Signalhorn eines Wagens. Irgend etwas bewegte sich an meiner Seite, ich beugte mich zurück. Der Mädchenarm, wie erschreckt durch die Hupe, hatte die Finger zusammengepreßt.
    »Nur keine Sorge«, sagte ich. »Der Wagen ist weit. Weil er nichts sehen kann, – deshalb hat er gehupt.« Da ich etwas Kostbares trug, hatte ich sorgfältig nach beiden Seiten geschaut, bevor ich die Straße überquerte. Ich konnte mir also nicht vorstellen, daß man meinetwegen gehupt hatte; doch als ich in die Richtung starrte, aus der der Wagen kam, war dort kein Mensch sonst auszumachen. Der Wagen selbst blieb unsichtbar, nur die Scheinwerfer sah ich. Ihr Licht, es zerfloß unbestimmt, war von einem hellen Violett. Da dies für Scheinwerfer eine seltsame Farbe war, blieb ich, wo ich die Straße überquert hatte, stehen und beobachtete, wie der Wagen vorbeifuhr. Eine junge Frau in einem scharlachroten Kleid saß am Steuer. Mir war, als wendete sie sich zu mir herüber und senkte den Kopf. Plötzlich hatte ich das Gefühl, das Mädchen wäre gekommen, seinen rechten Arm zurückzuholen, und ich müßte mich umdrehen und davonlaufen; doch daß die Einarmige, noch dazu mit der Linken, hätte chauffieren können, war wiederum nicht anzunehmen. Wenn nun aber die Frau im Wagen erkannt hatte, daß ich einen Mädchenarm bei mir trug? Frauen, da gleichen Geschlechts, haben ein sicheres Gespür dafür. Ich mußte wohl darauf achten, daß ich keiner Frau begegnete, bevor ich in meine Wohnung zurückgekehrt war. Auch die Rücklichter am Wagen jener Frau leuchteten hell violett. Ohne daß von der Karosserie des Wagens irgend etwas zu sehen war, schwammen durch den aschgrauen Nebel die violetten Lichter undeutlich flirrend davon. »Wer weiß, ob diese Frau nicht am Ende völlig planlos umherfährt, umherfahren muß, nur eben um zu fahren, und, während sie fährt, verschwindet und sich in nichts auf löst …« murmelte ich vor mich hin. »Was eigentlich hat in dem Wagen hinter der Frau auf dem Rücksitz gesessen?«
    Nichts, so schien es, hatte dort gesessen. Wenn diese Vorstellung, nichts habe dort gesessen, unbehaglich auf mich wirkte, – ob es daran lag, daß ich den Mädchenarm bei mir trug? Der feuchte Nachtnebel fuhr auch mit jenem Wagen mit. Und irgend etwas an der Frau hatte den von den Wagenlichtern getroffenen Nebel violett gefärbt. Angenommen, nicht der Körper der Frau hätte den violetten Schein von sich gegeben: was sonst wäre es gewesen? Hatte nicht auch das seine Ursache in dem Mädchenarm, den ich bei mir trug, daß die in einer solchen Nacht allein in ihrem Wagen umherfahrende junge Frau den Eindruck eines ziellos Vergänglichen auf mich machte? Hatte sie nicht aus dem Wagen heraus den Mädchenarm gegrüßt? Vielleicht gab es Engel oder Geister in einer solchen Nacht, die zum Schutz des weiblichen Geschlechts Patrouille gingen? Vielleicht war jene junge Frau gar nicht in einem Wagen, sondern in einem violetten Licht gefahren? Nein, alles andere als ziellos: sie hatte mein Geheimnis ausgespäht.
    Indessen erreichte ich den Eingang des Apartmenthauses, ohne sonst auf meinem Rückweg irgendeinem Menschen zu begegnen. Lauschend, ob sich hinter der Tür etwas regte, blieb ich stehen. Ein Leuchtkäferfunke flog über meinen Kopf und erlosch. Sowie ich mir klar wurde, daß er für den Funken eines Leuchtkäfers zu groß und zu kräfig war, wich ich erschrokken vier, fünf Schritte zurück. Wieder f logen zwei oder drei Funken wie von Leuchtkäfern vorbei. Sie erloschen, noch ehe der dichte Nebel sie einsaugen konnte. Sollten Irrlichter oder Geisterflämmchen mich überholt haben, um hier meine Rückkehr zu erwarten? Gleich darauf jedoch erkannte ich, daß es sich um einen Schwärm kleiner Nachtfalter handelte. Wurden die Falterflügel vom Licht der Eingangslampe getroffen, so glühten sie auf wie Leuchtkäferfunken. Zwar waren sie größer als diese, jedoch als Falter klein genug, um mit Leuchtkäfern verwechselt zu werden.
    Ich mied den Aufzug und stieg leise über die schmale Treppe bis in den zweiten Stock hinauf. Da ich kein Linkshänder bin, hatte ich auch keine Erfahrung darin, wie ich – die rechte Hand noch immer unter dem Regenmantel – mit der linken die Tür aufschließen sollte. Je ungeduldiger ich wurde, desto mehr zitterten meine Finger, – ja, war das nicht ganz wie das Schaudern bei einem Verbrechen? Mir war, als lebte da etwas drinnen in den Räumen. Zwar war es die Wohnung meiner nie

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