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Träume jenseits des Meeres: Roman

Träume jenseits des Meeres: Roman

Titel: Träume jenseits des Meeres: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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jener schrecklichen Heimfahrt von New Holland gestorben, und jetzt war auch noch Josiah verschieden.
    Er zerknüllte den Brief und ließ ihn zu Boden fallen, als Einsamkeit und Kummer ihn erneut zu überwältigen drohten. Josiah hatte es nicht unbedingt gutgeheißen, als er sich eine Geliebte nahm, verstand aber, warum. Er war sein Vertrauter und Ratgeber geblieben, als Jonathan sich durch die ersten furchtbaren Jahre seiner Ehe kämpfte und versuchte, Edward ein guter Vater zu sein. Nun hatte er niemanden mehr, an den er sich wenden konnte. Niemanden, der die tief sitzende Sehnsucht verstand, von einer Frau befreit zu werden, die er nicht ausstehen konnte – frei, seinen Träumen zu folgen und vielleicht wahre Erfüllung zu finden.
    »O Susan«, flüsterte er. »Wie sehne ich mich jetzt nach deinem Trost. Du hast besser als jeder andere verstanden, wie viel Josiah mir bedeutet hat.«
    Eine innere Unruhe zwang ihn, aufzustehen und im Raum auf und ab zu schreiten. An den Wänden standen Regale voller Bücher, alle in kostbares Leder gebunden, in der Frühlingssonne glänzend, die durch die Fenster fiel. Sein Vater und sein Großvater hatten sie gesammelt, und bald würden sie durch Josiahs wertvolle wissenschaftliche Zeitschriften und gelehrte Wälzer ergänzt. Es war eine stattliche Anzahl.
    Dann trat er wieder ans Fenster und lehnte sich an die niedrige Fensterbank. Treleaven House war ein rechteckiges Gebäude mit eleganten Ausmaßen. Es stand auf dem Kamm eines sanften Hangs, hinter dem sich Wälder und Felder erstreckten, so weit das Auge reichte. Der cremefarbene Stein schimmerte warm in der Sonne, und die doppelte Reihe langer Fenster auf der Vorderseite ging auf die Kiesauffahrt hinaus, wo die Fontäne des Springbrunnens in allen Regenbogenfarben glitzerte. Gepflegte Rasenflächen erstreckten sich grün und glatt wie ein Billardtisch bis zum Wäldchen im Westen. Hinter dem Haus schützten Mauern den Garten vor dem Wind, der ständig vom Meer herüberwehte.
    Vom Fenster in der Bibliothek konnte Jonathan die mäandernde, von Bäumen gesäumte Auffahrt bis zu den imposanten Eisentoren verfolgen. Der Sturm der beiden vorangegangenen Tage war abgezogen, so dass Land und Meer wie frisch gewaschen funkelten.
    Er sah den Fischerbooten zu, die auf und ab fuhren, begleitet von den üblichen Möwenschwärmen, und kehrte in Gedanken wieder zu Susan zurück. Sie war wahrscheinlich die Einzige, die wirklich verstand, was er durchmachte. Die Liebe in ihren Augen während ihrer ersten, flüchtigen Unterhaltung war ihm nicht entgangen – aber wäre es gut für sie beide, wenn sie diese Gefühle wieder anfachten, wohl wissend, wohin das führen würde?
    Er wandte sich vom Fenster ab, fummelte an dem winzigen Schlüssel herum und schloss den Flaschenhalter auf, um die Karaffe mit Portwein herauszuholen. Wenn er sich nur ordentlich betrank, würde der Schmerz vielleicht nachlassen. Er nahm den Stapel Post, den er seit seiner Ankunft geflissentlich übersehen hatte, und warf sich in den Sessel.
    Die üblichen Visitenkarten der feineren Gesellschaft aus der näheren Umgebung warf er achtlos beiseite. Irgendwann würde er sie einmal einladen müssen, doch im Augenblick war er nicht in der Verfassung, zielgerichtet zu denken. Es war ihm einerlei. Ein paar Briefe bezogen sich auf seine Stellung als Richter der Gegend, und ihm wurde bewusst, dass er mindestens einen Monat lang zu Gericht sitzen musste, um seinen Pflichten nachzukommen.
    Edwards Rektor hatte einen Brief in höflichster Form verfasst, doch zwischen den Zeilen las Jonathan, dass sein dreizehnjähriger Sohn auf dem besten Wege war, sich in einen Schläger und Betrüger zu verwandeln, und kurz vor dem Schulausschluss stand. Er würde sich um den Jungen kümmern müssen. Es war keine Aufgabe, die ihm Spaß machte, denn Edward war in den Flegeljahren, und Jonathan wusste nicht mit ihm umzugehen.
    Er nahm den nächsten Brief zur Hand. Papier und Siegel waren billig, und die krakelige Handschrift war kaum zu entziffern. Das Schreiben stammte vom Leiter einer der Minen auf dem Anwesen. An den Decken der tiefsten Schächte, die unter dem Meeresboden lagen, waren Risse aufgetaucht. Jonathan nahm sich vor, am nächsten Tag hinzugehen und die Sache selbst in Augenschein zu nehmen. Der Minenleiter hätte einen Ingenieur bestellen sollen – er wurde dafür bezahlt, solche Entscheidungen zu treffen, war aber unfähig dazu, und wenn man nach den Zahlen ging, verschlang die Mine

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