Träume jenseits des Meeres: Roman
viel Geld.
Seufzend ließ er die restliche Post liegen und trank einen tiefen Schluck Portwein. Anscheinend wollten alle etwas von ihm und seinem Vermögen, als könne er niemandem trauen, seine Arbeit anständig auszuführen, wenn er ihm nicht selbst auf die Finger schaute. Wie viel leichter wäre es, an Bord eines Schiffes zu gehen und davonzusegeln. Es war kein Wunder, dass er nur selten herkam.
Als es langsam dunkel wurde und der Alkohol seine Wirkung tat, schlief Jonathan ein. Es war finster, als er aufwachte. Überrascht sah er, dass die Lampen angezündet waren; das Abendessen stand auf dem Tisch am Fenster, und die Glasscherben waren vom Boden entfernt worden. Da die Dienerschaft aus London mit abgereist war, standen ihm nur noch die Bediensteten außer Haus zur Verfügung, nur eine Köchin und zwei Mägde kümmerten sich um das Haus. Er betrachtete den kalten Imbiss aus Schinken, Rindfleisch und Huhn und kam zu dem Schluss, dass er nichts anrühren konnte. Er zog sich aus dem Sessel und geriet ins Taumeln, ehe er das Gleichgewicht wiedererlangt hatte und zur Tür ging. Was er brauchte, war frische Luft.
Auf unsicheren Beinen suchte er den Weg zur Haustür und glitt auf der Treppe zur Auffahrt beinahe aus. Er hatte keine Ahnung, wohin er ging, dachte aber, er könne versuchen, Susan zu finden. Sie würde ihm zuhören, ohne zu urteilen. Sie würde ihn verstehen.
Millicent Parker war müde und niedergeschlagen, als sie das Seitentor öffnete und den langen Marsch durch den Park antrat, um das Wäldchen zu erreichen. Sie hatte im Monat nur einen freien Tag, den sie größtenteils mit langen Fußmärschen verbrachte oder damit, sich wütend mit ihrer Stiefmutter zu streiten. Die kleine Kate in Newly war wie immer überfüllt gewesen, und ihre Stiefmutter randvoll mit Gin und Selbstmitleid.
Millicent hatte ihr mit den Kleinen geholfen – jedes Jahr, nachdem ihr Vater vor fünf Jahren wieder geheiratet hatte, war eins zur Welt gekommen. Sie hatte das Abendessen gekocht, genäht und gewaschen und versucht, ein wenig Ordnung in das Chaos zu bringen, bevor ihr Vater nach Hause kam. Len Parker war ein guter Mann; er war ruhig und leistete schwere Arbeit im Steinbruch. Er hatte wahrlich eine bessere Frau verdient als diese elende Säuferin, die den ganzen Tag nichts anderes tat, als das Haushaltsgeld in Gin umzusetzen. Er hatte seine Tochter flüchtig umarmt, als sie sich auf der Treppe begegneten, und ihr Schweigen war beredter als alle Worte.
Sie war sich bewusst, dass er sie beobachtete, als sie über die Pflasterstraße und den steilen Berg hinauf zu dem Pfad lief, der sie zurück zu dem einige Meilen weit entfernten Treleaven House führen würde. Er machte sich noch immer Sorgen, dass sie im Dunkeln so weit zu gehen hatte, doch die Nacht flößte ihr keine Angst ein, und sie hatte die Wege in ihren sechzehn Lebensjahren gut genug kennengelernt. Es war ihr schwergefallen, ihn allein zu lassen, doch die Anstrengungen eines langen Tages forderten ihren Tribut, und als sie sich oben auf dem Hügel umdrehte und ihm zuwinkte, wollte sie nur noch in ihr schmales Bett.
Ihr Tag hatte vor dem Morgengrauen angefangen – aber sie musste am nächsten Tag wieder ihren Dienst antreten und um halb sechs wieder auf den Beinen sein. Als niedrigste Magd im Hause hatte sie die Asche aus den Kaminen zu fegen und die Gitter zu schwärzen, bevor der Hausherr nach unten kam. Dann waren die riesigen Wasserkrüge mit heißem Wasser nach oben zu tragen, die Nachttöpfe zu leeren und die Betten zu machen.
In der Regel war es still, doch wenn die Cadwalladers einmal da waren, was selten vorkam, hatten sie laufend etwas zu tun, und manchmal war sie dann so müde, dass sie sich gar nicht erst die Mühe gab, sich auszuziehen, bevor sie ins Bett ging. Die Bezahlung jedoch war großzügig, und es gab reichlich zu essen – und wenn die Hausherrin zu Besuch kam, waren immer andere Diener da, die bei der Arbeit halfen – sie konnte sich glücklich schätzen, eine so gute Stellung zu haben.
An diesem Abend war kein Mond zu sehen, Wolken waren aufgezogen und verdeckten die Sterne, und ein kalter, schneidender Wind kam vom Meer. Ein herzhaftes Gähnen unterdrückend, trottete sie durch die Dunkelheit, die Hände tief in den Manteltaschen vergraben, um die Kälte abzuwehren. Obwohl sie nach dem langen Tag so erschöpft war, dass sich ihre Beine wie Blei anfühlten, war sie von Leichtigkeit und Wärme durchflutet. Es gab ja noch die
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