Träume nicht dein Leben, lebe deinen Traum
und genieße meine 5 Sterne Suite in der Natur. Freue mich, die Alternativroute genommen zu haben, auch wenn diese einige Kilometer länger war. Morgen geht’s nach León, von hier aus keine 20km. Da ich die größeren Städte nicht unbedingt als angenehm empfinde, überlege ich, morgen eventuell direkt weiter zu laufen und León nur zu passieren. Meine Überlegungen werden von einem lauten Donnern unterbrochen, über mir ist der Himmel blau, aber vor mir ist eine schwarze Wand am Himmel. Dennoch kommt nichts runter, zumindest nicht bei mir und der Tag klingt langsam und gemütlich aus.
26.06.09, Freitag — Mansilla de las Mulas nach León
Mitten in der Nacht um etwa 3:20 Uhr wache ich auf, da meine Blase drückt. Ich drehe mich noch ein, zwei Mal um, merke dann aber schließlich, dass es kein Entkommen gibt und ich gezwungen bin, meinen Schlafsack und mein Zelt zu verlassen. Notgedrungen krieche ich aus meinem Bau und erblicke den klarsten Sternenhimmel auf meiner bisherigen Reise. Weitaus schöner als in Sambol. Für einen Moment überlege ich, meine Sachen zusammenzupacken und los zu laufen. Mein Zelt ist jedoch von außen noch nass und ich bin eigentlich auch todmüde und stehe eher schlafwandelnd vor meinem Zelt. Kann von Glück reden, dass ich nicht in den unmittelbar vor mir liegenden Fluss gefallen bin. Die Müdigkeit siegt und ich verkrieche mich wieder in meinen Schlafsack, um sofort wieder einzuschlafen. Um 7:30 Uhr erwache ich dann erneut. Gemütlich frühstücke ich wie jeden Morgen und packe meine Sachen zusammen, so dass ich etwa eine Stunde später starte. Habe mir beim Frühstück noch mal die Route angeschaut. Bis León sind es nur 19km, jedoch gibt es die darauffolgenden 20 km keine Herberge. Sollte ich also über León heute hinauslaufen, muss ich entweder 40 km gehen oder halt im Zelt schlafen, was bei meiner manchmal pingeligen Suche durchaus schwierig sein könnte.
Da es keinen Sinn macht, sich darüber jetzt schon Gedanken zu machen, beschließe ich, erst einmal León zu erreichen und dann spontan weiter zu entscheiden.
Die Strecke nach León ist wie bereits erwartet grauenvoll. Eigentlich aber auch nur der Autos wegen, die zu meiner Rechten auf der Schnellstraße pausenlos an mir vorbei brettern. Der Lärm ist ohrenbetäubend und geht mir nach wenigen Minuten bereits tierisch auf die Nerven. Ein wenig aufgelockert wird meine Stimmung durch die Störche, die nach und nach immer zahlreicher auftauchen und über mich hinweg fliegen. Damit meine Laune jedoch nicht wieder ins Unermessliche steigt, schiebt dem mein Körper schleunigst einen Riegel vor. Meine rechte Achillessehne meldet sich. Hatte mit der noch nie Probleme, sonst ist es immer die linke. In Puente Villarente stoppe ich, lockere meinen Schuh ein bisschen und nehme erst einmal ein zweites Frühstück zu mir. Danach geht’s endlich ein wenig von der Straße weg. Mein Lichtblick sind die Gebirge hinter Astorga am Horizont.
Vorgestern in Sahagún habe ich beobachtet, wie zwei Fahrradfahrer vor einem Hotel warteten und ein Wagen vor ihnen stoppte. Der Fahrer lud dann das Gepäck der beiden aus und die Räder ein. Jetzt grade radeln diese beiden Biker an mir vorbei mit ihren sportlichen Trikots und etwa 20min später taucht auch das Auto wieder auf. Ich weiß, ich habe eine Antipathie gegen diese Sportrennradler, die regten mich schon in Hamburg immer auf. Wieso, weiß ich nicht, denn eigentlich gehöre ich zu den Menschen, die die Meinung vertreten „Jedem das Seine“! Auch hier auf dem Camino sage ich mir immer, jeder muss den Weg so gehen, wie er es für richtig hält. Muss da gleich wieder an Hape Kerkeling denken, der sich sehr über die Herbergen ausgelassen hat und irgendwann in etwa sagte: „Das bin nicht ich, ich fühle mich hier nicht wohl und ich muss mir das nicht antun.“ Vor zwei Jahren noch habe ich mich darüber geärgert. Ein Pilger gehört zu den anderen Pilgern in die Herberge. Mittlerweile gebe ich ihm in einer Hinsicht recht. Wenn er sich da nicht wieder findet, so ist es nicht sein Weg und so wird er nicht an sein persönliches Ziel gelangen. Jeder muss den Camino so gehen, wie er es persönlich für richtig hält, daher empfehle ich auch jedem, der mich fragt, alleine zu laufen, damit man genügend Freiraum hat, um zu sich selbst zu finden. Trotzdem komme ich nicht drum herum, meinen Kopf zu schütteln, wenn ich diese beiden Fahrradfahrer sehe. Es gibt auch viele Pilger, die ihr Gepäck per Auto in die
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