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Traeume Suess, Mein Maedchen

Titel: Traeume Suess, Mein Maedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
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er ihre Gedanken lesen. »Offenbar gab es hier in den 30er Jahren eine Farmerstochter, die ihre Familie während der Wirtschaftskrise unterstützt hat, indem sie Überbetten genäht und Teppiche gewoben hat. Schon bald schlossen sich ihr andere Frauen an, und bevor man ›fliegender Teppich‹ sagen konnte, hatte Dalton eine blühende Heimindustrie, die im Laufe der Zeit zu einem Milliarden-Dollar-Geschäft wurde. Ziemlich beeindruckend, was?«
    Jamie sagte nichts. Erwartete er ernsthaft von ihr, über
Teppiche zu reden? Versuchte er, sie mit seinem Charme als Fremdenführer zu gewinnen? Glaubte er wirklich, dass sie sich so leicht besänftigen ließ?
    »Ich dachte, das würde dich vielleicht interessieren, weil normalerweise du diejenige bist, die diesen Kram erzählt«, sagte er, als hätte er wieder in ihren Kopf geblickt.
    Jamie erstarrte, ängstlich bemüht, ihre Gedanken nicht zu Worten gerinnen zu lassen, weil sie fürchtete, dass er sie sich aneignen und als seine ausgeben könnte. Ohne Sprache gab es kein Denken, erinnerte sie sich, irgendwo gelesen zu haben, und versuchte, in ihrem Gehirn nur weißes Rauschen zuzulassen. Aber sie konnte den Ton von Brads letztem Satz nicht ignorieren. Darin klang die Warnung mit, dass er mit ihrem Schweigen die Geduld verlor, weil er sich langsam ungerecht behandelt fühlte, so als wäre er der Geschädigte. Schlimmer noch - er wurde wütend, was bedeutete, dass er jeden Augenblick explodieren konnte. Jamie beschloss, dass sie am besten versuchte, ihn nicht weiter gegen sich aufzubringen. Wenn sie nur bis zum nächsten Stopp durchhalten, belanglos freundliche Konversation machen und ihn davon überzeugen könnte, dass sie dabei war, ihm zu verzeihen, würde er vielleicht für einen Moment lang unachtsam werden, den sie zur Flucht nutzen konnte. »Was hast du sonst noch gelesen?«, fragte sie und zwang ihren Blick in seine Richtung. Er sah völlig unverändert aus, dachte sie verwundert. Er war immer noch attraktiv, versprühte immer noch jenen jungenhaften Charme, lächelte immer noch umwerfend. Nur ihre Reaktion darauf hatte sich verändert. Verlangen war in Verachtung umgeschlagen. Statt erotischer Anziehung empfand sie Abscheu. Angst hatte jeden Gedanken an Liebe vertrieben.
    »Nun, wusstest du zum Beispiel, dass in dieser Gegend von Georgia zahlreiche Schlachten des Bürgerkriegs gekämpft wurden? Wir fahren in umgekehrter Richtung, aber die Interstate 75 folgt tatsächlich der Route von Shermans
Atlanta-Feldzug. In ein paar Meilen kommt Rocky Face Ridge.« Er starrte sie an, als sollte ihr das etwas sagen. »Kennst du das nicht?«
    »Sollte ich?«
    »Mensch, hast du in Geschichte nie aufgepasst?«
    »Geschichte war eher nicht so meine Stärke.«
    Er schüttelte den Kopf, als hätte sie ihn enttäuscht. »Ich kann nicht glauben, dass du das nicht weißt.«
    Jamie zuckte schweigend die Achseln, weil sie Angst hatte, etwas zu sagen, was ihn weiter verärgern könnte.
    »Rocky Face Ridge war der Schauplatz einer großen Schlacht zwischen General Shermans Armee und den Konföderierten. An die hunderttausend Männer haben dort gekämpft. Das war 1864, vielleicht auch 65.«
    »Hat es viele Opfer gegeben?«, fragte Jamie, um ein wenig Begeisterung in der Stimme bemüht.
    »Ein paar Tausend, glaube ich.«
    Jamie nickte nur, weil sie nicht sicher war, dass sie das Gespräch weiterführen konnte, ohne in Tränen auszubrechen.
    »Und kurz vor der Grenze zwischen Georgia und Tennessee kommt gleich Ringgold, Schauplatz eines großartigen Lokomotivenrennens. Daran erinnerst du dich aber doch bestimmt.«
    »War das die Geschichte, wo Unionssoldaten eine Dampflokomotive entführt haben und dann von dem Zugführer verfolgt wurden; der Kerl jagte ihnen zum Teil sogar zu Fuß nach, oder?« Jamie hatte keine Ahnung, aus welcher Nische ihres Gehirns sie das hervorgekramt hatte.
    »Hey, ziemlich gut.«
    »Ich glaube, ich habe mal einen Film darüber gesehen.«
    »Den hab ich auch gesehen«, bestätigte Brad begeistert. »Sie haben ihn irgendwann mal auf dem History Channel gezeigt. Mit Fess Parker. Du weißt doch, wer Fess Parker ist, oder?«
    Oh Gott, dachte Jamie. Wer zum Teufel war Fess Parker?

    »Fess Parker war der Typ, der im Fernsehen Davy Crockett und Daniel Boone gespielt hat«, beantwortete Brad seine eigene Frage. »Also, wenn du mir jetzt sagst, dass du nicht weißt, wer die waren …«
    »Ich weiß, wer sie waren.«
    »Sag es mir.«
    War das eine Art Test? Würde er am

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