Traeume Suess, Mein Maedchen
Thunderbird Ausschau halten sollte? Jamie versuchte, sich das Gespräch zwischen Cynthia und ihrem Mann vorzustellen.
Das war seltsam, hörte sie Cynthia zu ihrem Mann sagen.
Und das überrascht dich, erwiderte Todd. Wir reden hier schließlich von deiner Schwester.
Sie hat mir gerade aufgetragen, dir einen dicken schmatzenden Kuss zu geben.
Wahrscheinlich hat sie getrunken, verwarf ihr Schwager die Sorgen seiner Frau.
Sie hat mir gesagt, dass sie mich liebt.
Dann hat sie auf jeden Fall getrunken.
Ja, vermutlich hast du Recht, hörte sie Cynthia zustimmen. Mein Gott, glaubst du, dass sie ihr Leben je auf die Reihe kriegt?
Jamie schloss die Augen. Ihre Schwester würde die Polizei nicht alarmieren. Stattdessen würde sie das Essen für ihren Mann und ihre Kinder zu Ende bereiten und servieren, anschließend noch ein paar Unterlagen aus der Kanzlei durchgehen, vielleicht ein paar Anrufe erledigen und eine Weile lesen, bevor sie ins Bett ging. Vielleicht würden sie und Todd miteinander
schlafen, vielleicht auch nicht. Vielleicht würde sie ein paar Minuten darüber nachgrübeln, was mit ihrer älteren Schwester los war, bevor sie einschlief, aber wahrscheinlich nicht. Über ihre Schwester zu grübeln, war zu frustrierend und erschöpfend. Es war der Stoff, aus dem Albträume sind.
Sie ist nicht dein Problem, hörte sie Todd sagen, während Brad das Telefon wieder auf den Nachttisch stellte.
»Und, was ist los, Jamie-Girl?«, fragte Brad sie. »Hast du ein bisschen Heimweh?«
Jamie starrte zu dem Mann hoch, der neben dem Bett stand, und beobachtete, wie er die Arme über seinen Kopf streckte, das Messer wirkte wie ein natürlicher Fortsatz seiner Hand, wie ein zusätzlicher Finger. »Wer bist du?«, fragte Jamie mit einem Seufzen und wappnete sich schaudernd für die nächste Ohrfeige.
Stattdessen lachte Brad. »Was für eine Frage ist denn das?«
»Du hast nie Software entwickelt, oder?«
Er lachte noch lauter. »Ich hab absolut keinen Schimmer von Software.«
»Und eine Computerfirma gibt es auch nicht …«
»Die ich für einen Riesenprofit verkauft habe? Nein, ich fürchte, nicht.«
Nickend ließ sich Jamie bestätigen, was sie schon wusste. »Heißt du überhaupt Brad Fisher?«
»Na ja, das Fisher ist echt. Das Brad hab ich mir von Mr. Pitt geliehen. Ich dachte mir, dass er nichts dagegen haben würde. Pitt«, wiederholte er. »Schrecklicher Nachname. Verstehe nicht, warum er ihn nicht geändert hat. Klingt wie etwas, das man ausspuckt.« Er ließ sein Messer zuschnappen und steckte es wieder in seine Jeanstasche.
»Wie heißt du denn nun wirklich?«
»Was spielt das für eine Rolle?«
»Keine vermutlich«, sagte Jamie. Was spielte überhaupt noch eine Rolle?
»In meiner Geburtsurkunde steht Ralph«, erklärte er ihr und betrachtete sein Bild im Spiegel über der Kommode gegenüber dem Bett. »Derselbe Name wie mein Vater.« Er strich sich durch sein kurzes braunes Haar. »Ich hab den Namen immer gehasst. Ich bin jetzt Brad Fisher. Neuer Name. Neue Frisur. Neues Mädchen.«
»Was du mir über deinen Vater erzählt hast...«, begann Jamie ermutigt von seiner unerwarteten Bereitschaft zu reden, ohne seine letzte Bemerkung zu beachten.
»Was ist damit?«
»War irgendetwas davon wahr?«
»Du meinst die Geschichte, wie ich mit Carrie-Leigh Jones im neuen Wagen meines Dads eine Spritztour gemacht habe?«
Jamie nickte und beobachtete, wie Brad die Fäuste ballte.
»Ja, die ist wahr.«
»Er hat dich geschlagen?«
Brad sagte nichts, aber seine Miene im Spiegel verfinsterte sich.
»Was ist mit deiner Mutter?«, fragte Jamie.
»Was ist mit ihr?«
»Hat sie nie versucht, ihn aufzuhalten?«
»Oh doch.« Brad lachte. »Und sie hat auch noch die Narben, die das beweisen.«
»Er hat sie auch geschlagen?«
»Es war sozusagen eine Familientradition.«
»Was ist mit deinen Schwestern?«
»Ich habe keine Schwestern«, gab Brad mit einem amüsierten Kopfschütteln zu. »Die Geschichte darüber, wie sie mir beigebracht haben zu küssen? Nun, die hab ich aus einem Interview mit Tom Cruise. Ich kann dir gar nicht sagen, wie viele Frauen ich damit schon rumgekriegt habe.« Er lachte. »Jedenfalls ist Tom derjenige mit den Schwestern. Ich hatte einen kleinen Bruder.«
»Du hattest?«
»Er ist vor acht Jahren umgekommen. Ein Drogendeal, der schief gelaufen ist«, erklärte er, bevor Jamie fragen konnte.
»Tut mir Leid«, sagte Jamie, und das stimmte. Sie taten ihr alle Leid.
»Weswegen tut es dir
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