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Traeume Suess, Mein Maedchen

Titel: Traeume Suess, Mein Maedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
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Emmas imaginäre Freundin Sabrina sah zu und wartete geduldig, bis sie an der Reihe war. Sabrina war nach der von Kate Jackson gespielten Figur aus Drei Engel für Charlie benannt, was damals Emmas Lieblingsserie war. Die Folgen wurden mehrmals am Tag wiederholt, und Emma guckte sie, so oft sie nur konnte. Manche Folgen hatte sie schon so oft gesehen, dass sie ganze Dialoge Zeile für Zeile aufsagen konnte. Die frühen Episoden mit den Original-Engeln waren ihr die allerliebsten, obwohl sie Cheryl Ladd beinahe genauso gut fand wie Farrah Fawcett. Und Jaclyn Smith war auf jeden Fall hübsch, auch wenn sie nicht für fünfzig Cent schauspielern konnte, wie ihre Mutter nach nur wenigen Sekunden sarkastisch verkündet hatte. Ihre Mutter hatte es zwar nicht gern, dass sie so viel fernsah, war jedoch de facto nur selten zu Hause. In den Jahren nachdem Emmas Vater sie verlassen hatte und ihr Haus zwangsversteigert worden war, musste ihre Mutter zwei, manchmal sogar drei Jobs gleichzeitig machen, damit sie über die Runden kamen, sodass sie ohne Pause von einem Arbeitsplatz zum nächsten hetzte, frühmorgens aus dem Haus ging und oft erst heimkam, wenn Emma bereits
im Bett lag. Sie schlief zwar selten schon, wenn ihre Mutter zurückkam, tat aber häufig so, weil sie nicht mit der Frau reden wollte, die sie für alle Verluste in ihrem Leben verantwortlich machte.
    Die einzige Freundin, die sie an ihrer neuen Schule fand, war ein pummeliges Mädchen namens Judy Rico, das ebenfalls neu war, aber ihre Freundschaft kam zu einem abrupten Ende, als Judy in dem Versuch, sich bei den anderen Mädchen auf der Schule beliebter zu machen, verkündete, dass Emmas Mutter die Putzfrau ihrer Mutter war. Emma verzog das Gesicht, als sie sich selber sah, wie sie Judy Rico zu Boden stieß, auf sie sprang und ihr mit den Fäusten ins Gesicht schlug, bis Blut aus ihrer Nase auf ihre weiße Bluse tropfte. Ein Lehrer musste Judy zur Hilfe eilen. Er riss die nach wie vor um sich schlagende Emma von ihr los und schleifte sie zum Büro des Direktors. Danach gingen ihr alle aus dem Weg. Aber das war in Ordnung. Wer brauchte Freundinnen, wenn er drei Engel für Charlie hatte?
    Nach ihrem Umzug nach Detroit wurde es zumindest für eine Weile besser. Ihre Mutter nahm den Job in der Bishop Lane School für Mädchen an. Emma sah sich in ihrer gebügelten Schuluniform und erinnerte sich daran, wie stolz sie anfänglich gewesen war, wenn sie in die Ärmel der dunkelgrünen Jacke geschlüpft war. Hier gehörte sie hin, erinnerte sie sich gedacht zu haben, als sie sich zum Klassenfoto in der hinteren Reihe aufstellte und zufrieden in die Kamera lächelte.
    Und dann verschwamm alles.
    Emma schloss die Augen, drehte sich auf dem Bett um und weigerte sich, noch mehr zu sehen. Was gab es da schließlich zu sehen? Der Zwischenfall mit der libidinösen Sportlehrerin war tatsächlich passiert, aber nicht ihr, sondern Claire Eaton, und die Lehrerin wurde fristlos entlassen, nachdem sich Claires Mutter bei der Direktorin beschwert hatte, die ganz bestimmt nicht Emmas Mutter war. Und der Fotograf,
den sie bei McDonald’s getroffen hatte, war ganze siebzehn Jahre alt, ausgerüstet mit der Polaroid seines Dads, und sie bezweifelte, dass er ihre Augen überhaupt bemerkt hatte, so angestrengt wie er auf ihre seit kurzem entwickelten Brüste gestarrt hatte.
    »Warum habe ich allen erzählt, dass ich als Model für Maybelline gearbeitet habe?«, stöhnte sie zur Decke.
    Weil sie diese Lüge schon so lange erzählte, dass sie sie beinahe selber glaubte, wurde ihr klar. Begonnen hatte es ganz unschuldig. Ein Junge, der sie beeindrucken und wahrscheinlich auch bei ihr landen wollte, hatte ihr erklärt, dass sie wunderschöne Augen hätte, und sie neckisch gefragt, ob das die Augen auf den Maybelline-Mascara-Packungen wären. Von dort war es nur noch ein kleiner Sprung. Als ihr beim nächsten Mal jemand sagte, sie habe schöne Augen, ergänzte sie den Rest gleich selbst. So weit hergeholt war es schließlich nicht. Ihre Augen hatten die gleiche Form und Farbe wie die des Mädchens aus der Werbung. Wer würde den Unterschied schon bemerken? Und wie sollte irgendjemand je die Wahrheit herausfinden?
    Gott, was für Lügen hatte sie in letzter Zeit sonst noch erzählt? Dass sie eine Geschichte über ihre Zeit als Model geschrieben und an die Cosmo verkauft hatte? Dass sie ein Soldatenkind und ihr Vater in Vietnam getötet worden war?
    Das war das Problem mit Lügen. Sie vermehrten

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