Traeume von Fluessen und Meeren

Titel: Traeume von Fluessen und Meeren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Parks

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ruhigen Zimmer, wo alles still und ordentlich ist. Es ist zwecklos, etwas zu sagen. John hörte zu und erkannte sofort, wie wahr diese Worte waren. Es war eine weise Stimme. Reden ist zwecklos. Er hatte dem Mädchen gar nicht richtig zugehört, oder? Und sie ihm auch nicht. Warum also etwas sagen? Sie will dich nur ausnutzen. Sie hat dir Lügen erzählt. Elaine jedenfalls hatte gelogen. Alle Nachrichten, die Elaine ihm schickt, sind Lügen. SMS wurde zum Lügen erfunden. Das ist John schnell klar geworden. Es ist zu einfach. Dann wurde er überwältigt von dem Bild von Sharmisthas Körper, ihre goldene Nacktheit drängte sich in seine Gedanken. Sie ist dicht neben ihm. Ihre Lippen bedeckten seinen Mund. Ihr Haar liegt auf seinem Gesicht. Und er zuckte zusammen unter der Berührung von Heinrichs Hand.
    »Nein!«
    »John! Mr. John!«
    John betrachtete Jasmeets gelben Schal. Wie hatte es sein Vater geschafft, durch den Spalt zwischen dem Gelb und dem Violett zu entkommen?
    »Okay, wir gehen ins Hotel zurück«, sagte er schnell.
    »Oh, ja!«
    Er wollte sie dort absetzen. Er wollte sagen, er müsse kurz nach unten an die Rezeption, und dann wollte er zu Mums Klinik laufen. Wenn sie bemerkt, dass er weg ist, wird es zu spät sein.
    Jasmeet rutschte bereits vom Sitz herunter. Sie schob die Plane beiseite und sprang hinaus.
    Als sie aus dem begrenzten Schutz der Mauer heraustraten, sah er, dass die riesige Fläche des Connaught Circus jetzt ein Sandsee war, der von schnellen Wellen bewegt wurde, durch die sich mit hochgerecktem Kopf und geschmeidigen Bewegungen eine Schlange wand, eine lange Schlange. Eins zwanzig lang. Vielleicht Eins fünfzig. Mühelos glitt sie durch denorangefarbenen Staub, ihr Kopf schwankte rhythmisch hin und her und schickte eine gelblich-flüssige Wellenbewegung durch ihren ganzen Körper.
    John war fasziniert. Das Tier schien eins zu sein mit dem Staub und schlängelte sich doch über ihn hinweg. Jasmeet hatte die Schlange nicht bemerkt. Sie zog an seinem Arm. Er stand still. Er erinnerte sich an die Zeichnungen in dem Buch, in das Dad hineingeschrieben hatte: Schlangen als Blitze. Das war der Abend, als ich Elaine den Heiratsantrag gemacht habe. Das war, als er die drei Elefanten genommen hatte und damit in das Zimmer seiner Mutter gegangen war.
    Von Jasmeet mitgezogen, den Blick weiter auf die Stelle geheftet, wo die Schlange verschwunden war, staunte John über diese wunderbare Geschmeidigkeit, die zugleich abrupt und fließend war, dunkel und hell, und er bemerkte die furchtbare Spannung in seinem Kopf, das Gefühl von Druck und Übelkeit, aber auch von sich öffnenden Ausblicken, die kamen und gingen; es war eine Verstärkung seines Gefühls an jenem Morgen, als der Junge ihm die drei Elefanten verkauft hatte. Er musste unbedingt noch welche kaufen, sobald er wieder Geld in der Tasche hatte.
    In knapp zehn Minuten waren sie wieder im Hotel. »Es geht Ihnen nicht gut, Mr. John«, sagte sie beim Betreten des Flurs und lächelte dabei verwirrt und liebevoll. »Sie erinnern mich so sehr an Albert. Er hatte auch solche Momente.«
    John war ungeduldig. Auf der Treppe dachte er: Das Mädchen zieht seinen Fuß absichtlich nach, er ist gar nicht lahm. Es war ein Plan, den sie ausgeheckt hatte, um sein Mitleid zu erregen. Die Schwiegertochter-Geschichte hat sie sich auch ausgedacht. Es war eine Falle.
    »Zimmer siebzehn«, sagte er an der Rezeption.
    Ein junger Mann hatte Dienst. Jemand, den er noch nie gesehen hatte.
    »Ich komme gleich wieder runter, um die Rechnung für die letzte Woche zu begleichen«, sagte John laut zu dem Mann. So hatte er einen Grund wegzugehen. Dann, als sie sich dem Zimmer näherten, sah er, dass das Vorhängeschloss nicht zu und die Tür nur angelehnt war. Er stieß sie auf und wusste sofort, dass der Computer weg war, ja, und sein Telefon war ebenfalls weg. Das Paschminatuch ist weg.
    Jasmeet verstand nicht. Sie sah nur, dass ihr blonder Engländer herumbrüllte. Er rannte ans Fenster. Der Himmel war schwarz. Es ist zwecklos, etwas zu sagen, wiederholt die ruhige Stimme. Sag nichts, John. Es ist die Stimme seines Vaters. Ein Blitz zuckte. Alles ist mir genommen worden, dachte er. John werden die Dinge nur gegeben, um ihn zu foppen. Schönheit wird ihm nur geschickt, damit sie ihm wieder weggenommen werden kann. Wie Mutter sich lustig machte, wenn seine Freundinnen ihn verließen! Wie sie kicherte. »Hoffen wir, dass es diesmal besser klappt«, hatte sie an dem Abend