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Träume wie Gold: Roman (German Edition)

Träume wie Gold: Roman (German Edition)

Titel: Träume wie Gold: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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gab. Ein Gebäude, das zweihundert Jahre alt war, barg die Erinnerungen an seine Bewohner. Es waren Jeds Geister, die dieses Haus bevölkerten, und er hielt eifersüchtig an ihnen fest. Was würde es nützen, wenn sie ihm erklärte, wie leicht man diese vertreiben konnte?
    Dieses Haus brauchte Menschen, die laut lachend die Treppe hinunterliefen, die vor dem Kamin saßen und gemütlich vor sich hinträumten. Kinder, die lärmend durch die Halle tobten und mit den Türen knallten.
    »Früher stand vor meinem Fenster ein Kastanienbaum. An dem bin ich nachts oft in den Garten hinuntergeklettert, dann per Anhalter in die Stadt getrampt, und dort
habe ich mich in der Market Street herumgetrieben. Eines Nachts hat mich einer der Angestellten dabei erwischt, und es sofort meinem Vater gemeldet. Am nächsten Tag hat er den Baum fällen lassen. Dann kam er zu mir in mein Zimmer, sperrte die Tür ab und schlug mich windelweich. Damals war ich vierzehn.« Jed erzählte das so emotionslos, als spräche er von einem Fremden. Dann machte er eine Pause, um sich eine Zigarette anzuzünden. »Danach habe ich angefangen, Gewichte zu stemmen.« Dora sah, wie seine Augen hinter der Rauchwolke aufblitzten. »Er sollte mich nicht noch einmal verprügeln. Und falls er es versuchte, wollte ich stark genug sein, um ihm Widerstand leisten zu können. Ein paar Jahre später gelang mir das auch. So endete ich schließlich im Internat.«
    Dora hatte plötzlich einen sauren Geschmack im Mund. Sie schluckte ihn tapfer hinunter. »Du denkst sicher, dass es mir schwer fällt, das alles zu verstehen«, sagte sie leise, »weil mein Vater niemals die Hand gegen uns erhoben hat, nicht einmal dann, wenn wir eine ordentliche Tracht Prügel verdient hätten.«
    Jed betrachtete nachdenklich die Asche seiner Zigarette, ehe er sie auf den Boden schnipste. »Mein Vater hatte große Hände. Er benutzte sie nicht oft, doch wenn er einmal zuschlug, dann ohne jede Kontrolle.«
    »Und deine Mutter?«
    »Sie zog es vor, mit Gegenständen um sich zu werfen, teuren Gegenständen, wohlgemerkt. Einmal hat sie mich mit einer Meißener Vase bewusstlos geschlagen und mir den Schaden von zweitausend Dollar vom Taschengeld abgezogen.«
    Dora nickte schweigend und starrte dabei angestrengt aus dem Fenster, während sie gegen die Übelkeit ankämpfte. »Und deine Schwester?«
    »Die behandelten sie abwechselnd wie eine Dresdner Puppe oder wie einen Zögling. Teeparty an dem einen Tag, abgeschlossene Türen am nächsten.« Er zuckte die Schultern. »Sie wollten aus ihr eine perfekte Lady machen, eine jungfräuliche Debütantin, die die Skimmerhorn-Tradition
weiterführte und reich heiratete. Und wenn sie sich den Regeln nicht fügte, steckten sie sie in Einzelhaft.«
    »Wie bitte?«
    »Sperrten sie in ihr Zimmer ein, manchmal ein paar Tage lang, manchmal eine ganze Woche. Dann erpressten sie sie so lange mit Einkaufsbummeln oder tollen Partys, bis sie tat, was sie von ihr verlangten.« Auch Jed hatte jetzt einen bitteren Geschmack im Mund. »Man sollte glauben, dass das gemeinsam erlebte Elend uns zu Freunden oder Verbündeten gemacht hätte, aber dem war nicht so. Wir scherten uns eigentlich einen Dreck um einander.«
    Langsam drehte Dora den Kopf und sah Jed über die Schulter hinweg an. »Du brauchst dich bei mir für deine Gefühle nicht zu entschuldigen.«
    »Ich entschuldige mich auch nicht«, gab er fast bissig zurück. »Ich erkläre sie nur.« Er weigerte sich hartnäckig, sich von ihrem unausgesprochenen Mitgefühl trösten zu lassen.
    »Ich erhielt einen Anruf, mich mit Elaine zu treffen – von einem ihrer Angestellten, wie ich glaubte –, aber es war einer von Specks Leuten. Sie wollten mich dabeihaben, wenn es passierte. Sie wussten, dass sie jeden Mittwoch um elf Uhr zum Frisör fuhr. Ich wusste das nicht.« Er hob seinen Blick und fixierte Dora. »Ich wusste überhaupt nichts von ihr, wollte auch gar nichts wissen. Ich war nur wenige Minuten von ihrem Haus entfernt und stinksauer, weil sie mich zu sich zitiert hatte, als mich die Meldung von der Bombendrohung über Funk erreichte. Speck hatte ein gutes Gespür für perfektes Timing.«
    Er unterbrach sich, um seine Zigarette in dem kleinen Kamin auszudrücken. »Ich war als Erster am Tatort, genau wie Speck es geplant hatte. Ich sah sie in ihrem Wagen sitzen und rannte los. Die Rosenbüsche waren in voller Blüte«, setzte er leise hinzu. Die Szene stand ihm wieder deutlich vor Augen, sie lief in genau diesem

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