Träume wie Gold: Roman (German Edition)
Augenblick noch einmal ab. »Sie drehte sich zu mir um. Ich konnte die Überraschung in ihrem Gesicht sehen – und die Entrüstung. Elaine liebte es gar nicht, wenn man ihre Routine
unterbrach. Ich glaube, sie war wütend, dass die Nachbarn sehen könnten, wie ich mit gezogenem Revolver über die Wiese rannte. Dann drehte sie den Zündschlüssel um, und der Wagen explodierte. Die Druckwelle war so stark, dass ich rückwärts in die Rosenbüsche geschleudert wurde.«
»Du hast versucht, ihr das Leben zu retten, Jed.«
»Ich habe sie aber nicht gerettet«, entgegnete er. »Damit muss ich leben, und mit dem Schuldgefühl, dass sie mir nichts bedeutet hat. Wir haben beinahe achtzehn Jahre im selben Haus gelebt und nichts miteinander zu tun gehabt.«
Dora drehte sich jetzt ganz zu ihm um und blieb still auf der Fensterbank sitzen. Überrascht stellte Jed fest, dass sein Herz einen freudigen Sprung tat. Sie sah so schön aus, so vollkommen, eingehüllt in das warme Sonnenlicht, die Augen ruhig und aufmerksam, die Lippen in stiller Ernsthaftigkeit geschlossen. Seltsam, dachte er, es hatte in diesem Haus nie etwas gegeben, das er als schön empfunden hatte. Bis jetzt.
»Ich verstehe, warum du mich hierher gebracht hast«, begann sie. »Warum du das Gefühl hattest, es tun zu müssen – obwohl dafür keine Veranlassung bestand. Ich bin froh, dass du es getan hast, doch es wäre nicht nötig gewesen.« Dora seufzte und verschränkte die Hände im Schoß. »Du wolltest mir dieses kalte, leere Haus zeigen, das jetzt nichts mehr beherbergt außer dem Elend seiner früheren Bewohner. Und du wolltest mir zu verstehen geben, dass du, genau wie dieses Haus, nichts zu geben hast.«
Er verspürte den Wunsch, den verzweifelten Wunsch, zu ihr hinzugehen und seinen Kopf in ihren Schoß zu betten. »Ich habe nichts zu geben.«
»Du willst nichts geben«, korrigierte sie ihn. »Und wenn man die Muster in deinem Leben betrachtet, ist das auch ganz logisch. Das Problem ist nur, Skimmerhorn, dass Gefühle nun mal keiner Logik gehorchen. Meine jedenfalls nicht.« Sie neigte den Kopf ein wenig, und die Sonne schien auf ihr Gesicht, wärmte es, und auch in ihrer Stimme schwang Wärme mit. »Ich sagte dir, dass ich dich liebe,
und dir wäre es wahrscheinlich lieber gewesen, ich hätte dich ins Gesicht geschlagen. Ich hatte es nicht sagen wollen – oder vielleicht doch …«
Sie strich sich das Haar aus der Stirn und wirkte dabei so verletzbar und erschöpft. »Vielleicht doch«, wiederholte sie leise. »Ich konnte mir zwar ausmalen, wie du darauf reagieren würdest, bin es aber einfach nicht gewöhnt, meine Gefühle für mich zu behalten. Doch es sind meine Gefühle, Jed. Und sie erwarten nichts von dir.«
»Wenn eine Frau einem Mann sagt, dass sie ihn liebt, dann erwartet sie alles von ihm.«
»So siehst du das, Jed?« Ein kleines Lächeln erschien auf ihrem Gesicht, aber ihre Augen blickten traurig. »Ich werde dir erklären, wie ich das sehe. Die Liebe ist ein Geschenk und kann als solches natürlich abgelehnt werden. Doch eine Ablehnung zerstört dieses Geschenk nicht, sondern stellt es quasi nur beiseite. Das zu tun, steht dir selbstverständlich frei. Ich erwarte kein Gegengeschenk. Was nicht heißt, dass ich mich nicht darüber nicht freuen würde, ich erwarte es nur nicht.«
Sie stand auf, ging auf ihn zu und nahm sein Gesicht zärtlich zwischen beide Hände. Ihre Augen blickten ihn immer noch traurig an, und das unendliche Mitgefühl, das in dieser Traurigkeit mitschwang, beschämte Jed zutiefst. »Nimm, was man dir anbietet, Jed, besonders, wenn es so großzügig und ohne Erwartungen angeboten wird. Und hab keine Sorge, ich werde es nicht wieder sagen. Das würde uns beide nur in Verlegenheit bringen.«
»Du gibst dir mir gegenüber eine ungeheure Blöße, Dora.«
»Ich weiß. Für mich ist das in Ordnung.« Sie küsste ihn, erst auf die eine Wange, dann auf die andere, dann auf den Mund. »Zerbrich dir darüber nicht weiter den Kopf, Skimmerhorn, genieße es. Ich tue das jedenfalls.«
»Ich bin nicht der Mann, den du brauchst.« Dabei drückte er sie ganz eng an sich und hielt sie fest, denn sie war die Frau die er brauchte. Hundertprozentig die Frau, die er brauchte.
»Du täuschst dich.« Sie machte die Augen zu, kämpfte gegen die aufsteigenden Tränen an. »Und du täuschst dich auch mit dem Haus. Ihr beide wartet nur auf etwas.«
Jeds Gedanken stahlen sich immer wieder davon. Er wusste zwar, dass die
Weitere Kostenlose Bücher